Bad Dürkheim „Jeder Abend ein eigenes Erlebnis“

Es ist inzwischen Tradition bei den „Grünstadter Sternstunden“ des Kulturvereins, dass im September ein Stummfilm im Europa Kino live vertont wird. In diesem Jahr – am Sonntag, 18 Uhr – kommt der österreichische Stummfilmpianist Gerhard Gruber an die Weinstraße und wird den Stummfilm „Café Elektric“ von 1927 vertonen.

Es ist schon so, dass Susanne Friedl-Haarde mit einem lachenden und einem weinenden Auge in die Veranstaltung geht. Die Vorsitzende des Kulturvereins gibt zu: „Es hängen schon viele Erinnerungen an dem Kino. Das wird ja hier unsere letzte Veranstaltung in dem alten Gebäude sein, das Europa Kino zieht ja dann um.“ Um dann gleich hinzuzufügen, dass man natürlich hoffe, dass die Kooperation zwischen Kino und Kulturverein auch in dem neuen Filmtempel weitergeht. Nun steht aber erst mal „Café Elektric“ an, die letzte Produktion des bereits schwer kranken Alexander „Sascha“ Kolowrat und gleichzeitig der Startschuss für glanzvolle Karrieren. Regie führte Gustav Ucicky, der spätere Ufa-Starregisseur. Die beiden Hauptrollen besetzte Kolowrat mit Willy Forst und Marlene Dietrich. Aus der Zusammenarbeit entspann sich eine Affäre, die in der Wiener Café-Gesellschaft heißes Tagesgespräch war. Regieassistent Karl Hartl sagte dereinst über Marlenes Arbeit: „Ihre Nahaufnahmen und Soloauftritte waren entsetzlich (...) und wir mußten mehrere Liebesszenen zwischen ihr und Willi Forst wiederholen. Aber dank ihrer Affäre machte ihnen das keine Mühe, und schließlich war sie großartig.“ Heute noch besticht der Film mit seiner atmosphärisch dichten und unsentimentalen Darstellung der Wiener Halbwelt und einer im österreichischen Stummfilm eher selten gesehenen Unmittelbarkeit bei der Schilderung eines Gegenwartsmilieus. Mehr als 450 Stummfilme hat Gerhard Gruber in seiner Karriere bereits vertont. Sein Zugang zur Stummfilmbegleitung ist die Improvisation, die er als direkten und immer neuen Dialog mit dem Geschehen auf der Leinwand ansieht. So ist keine Aufführung eines Films gleich. Er liebt es, sich immer wieder aufs Neue von den Filmen verführen zu lassen und diese Verführung dann an das Publikum weiterzugeben. Gerhard Gruber sagt dazu: „Das Gefühl, mitten im Geschehen des Films dabei zu sein, war von Anfang an unbeschreiblich und ist bis heute unverändert geblieben. Das ist auch ein Garant für die Lebendigkeit der Stummfilmabende. Es ist nie der Film allein, es ist immer die Dreiheit Film, Musik, Publikum, und deshalb ist jeder Abend auch ein eigenes Erlebnis.“

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