Bad Dürkheim „Mann liebt Frau, Frau läuft weg“

Einen unterhaltsamen Samstagabend rund um Blues, Humor und Eisenbahn erlebten rund 70 Besucher in der Klinikkapelle des evangelischen Krankenhauses in Bad Dürkheim. Kabarettist Thomas C. Breuer, und die beiden Bluesmusiker Renate und Jochen Braun verschmolzen augenzwinkernd und authentisch Musik und Literatur mit der Welt des Unterwegsseins.

Hergeholt für eine zweitägige Pfalztour hatte das Trio Pfarrer Dieter Müller-Schnitzbauer, der Breuer – Ex-Wahlpfälzer und mittlerweile in Rottweil an der Schweizer Grenze lebend – noch aus Pfadfinderzeiten kannte. Gemeinsam mit dem ebenfalls in Rottweil wohnenden Duo „Acoustic Blue Mama“ spielte der Sprachkünstler zwei Benefizkonzerte – in der Kurstadt für die Sanierung der Orgel, in Neustadt zugunsten der Restaurierung von Deckengemälden. „Bahnfahn“ hat der bekennende Bahnfahrer Thomas C. Breuer das zweistündige Programm betitelt. Schon die eigenwillige Schreibweise ließ aufhorchen und verwies auf den hintergründigen Humor des literarischen Kabarettisten. „Daun“, „Haßloch“, „Ramstein-Miesenbach“ – stoisch dreinblickend schmeckt der Sprachakrobat die Ortsnamen auf seiner Zunge. Die Pfalz sei ein idealer Nährboden für den Blues. Im amerikanischen Süden waren einst die Baumwollfelder und die Eisenbahntrassen des Mittleren Westens das Szenario für die Musik der Verzweifelten, Abgehängten, Zukurzgekommenen. Dagegen sei das rheinland-pfälzische Paralleluniversum des Blues bestimmt von Spargelfeldern, stillgelegten Regionalbahntrassen und seltsamen Ritualen zwischen Bahnsteig und Großraumabteil, inklusive hörspielreifer Ansagen in kryptischem Bahnenglisch. Die Vorbereitung seines Programms scheint der bekennende Bahnfahrer Breuer – hierzulande und quer durch die USA auf Schienen absolviert –, auf leeren Bahnsteigen, in der Pampa und in vollen Zügen genossen zu haben: Kontemplation im Abteil, Wohlfühl-Verspätungen, Zermürbungsresistenz. Breuer bot keine Bahnschelte, stattdessen warf er den liebenden Blick des Satirikers auf den alltäglichen Wahnsinn des Bahn(un)wesens. Doch schlimmer geht’s immer. Deshalb Breuers ultimativer Tipp ans Publikum: Wenn man mal durch die Staaten mit der Bahn gefahren sei, lerne man die Deutsche Bahn wieder lieben. Zu Breuers literarischem „Bahnfahring“ steuerten das Musikerehepaar Renate und Jochen Braun als Duo „Acoustic Blue Mama“ den passenden Sound bei. Sängerin Renate Braun hatte den Blues in der Kehle, variierte ihr Timbre in Art einer blonden Janis Joplin variantenreich und wirkte dabei im Wechsel klagend, gebrochen, wütend, enttäuscht und immer authentisch. Daneben ließ sie noch lässig die Mundharmonika weinen, schrubbte auf dem Waschbrett den Groove mit Stahlbesen und zupfte die Ukulele. Jochen Braun hatte gleich vier Gitarren mitgebracht, beherrschte sämtliche genrespezifischen Spieltechniken aus dem Effeff und erwies sich auf den Stahlseiten aus ausgefuchster Fingerpicking-Virtuose. Im Gepäck hatte das Duo klassische Blues-Standards seit den 1930er-Jahren, unter anderem von Gene Ritchie, Muddy Waters und Eric Anderson. Das typische Blues-Setting, „Mann liebt Frau, Frau läuft weg – oder andersrum – Mann wartet auf den nächsten Güterzug“ hatte das Duo auch in eigene Songs verpackt – zu Texten von Breuer. Da gab es eine schön-schräge Coverversion der „Schwäbischen Eisenbahn“. Endstation war nach zwei jahreszeitlichen Zugaben ein spontanes „Midnight Special“, in das die Besucher gerne mit einstimmten, ehe sie am Ausgang die Spendenkörbchen fütterten. Der Erlös des Benefizkonzerts soll der mit 11.000 Euro veranschlagten Restaurierung der Orgel in der Klinikkapelle zugute kommen.

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