Bad Dürkheim Nachtwanderung mit Echsen und Ziegenmelkern

Fritz Eicher mit seiner selbst konstruierten Klanginstallation.
Fritz Eicher mit seiner selbst konstruierten Klanginstallation.

Waldstimmen mit allen Sinnen erleben: Dafür haben die Museumsgesellschaft Bad Dürkheim und die Pollichia zu einer Nachtwanderung eingeladen.

32 Teilnehmer folgten dieser Einladung und wanderten nach Sonnenuntergang von der Sonnenwende zum Kriemhildenstuhl. „Wir werden Amphibien, Insekten und Käfern begegnen“ erklärte Michael Ochse, Vorsitzender der Museumsgesellschaft. Die Region um Bad Dürkheim sei mit einer großen Artenvielfalt gesegnet. Das betreffe vor allem die nachtaktiven tierischen Waldbewohner. „Dennoch sind manche Arten gefährdet“, mahnte er. Doch dagegen könnten die Menschen etwas tun, indem sie der Natur vor allem mehr Aufmerksamkeit schenken.

Eine Blindschleiche am Wegesrand

Gleich zu Beginn der nächtlichen Tour gab es eine außerplanmäßige Begegnung: Eine Blindschleiche versuchte am Wegesrand, sich schlängelnd davon zu machen. Behutsam nahm Ochse sie in die Hand und erläuterte: „Die Blindschleiche ist gar keine Schlange, sondern eine Echse ohne Beine.“ Doch sie trage nicht immer ihre graubraune Färbung. „Die Männchen zieren sich in der Paarungszeit mit blauen Punkten.“ Als das zierliche Wesen durch seine Finger züngelte, hatte der Pollichia-Präsident auch hierzu eine Erklärung: „Mit der Zunge riecht sie.“ Es gebe indes auch richtige Schlangen im Pfälzerwald, etwa Ringelnattern.

Dann erreichte die Truppe den Tümpel am Kriemhildenstuhl. „Bitte langsam und leise nähern“, betonte Ochse. Die Vorsichtsmaßnahme wurde belohnt: Im Wasser tummelten sich in den Lichtkegeln der Taschenlampen Hunderte von Kaulquappen, die sich zu Erdkröten entwickeln. Verblüffend waren die Larven des Feuersalamanders. „Die haben schon vier Beine und ein Schwänzchen“, sagte Ochse. „Sie atmen in diesem Stadium noch über Kiemen, in der späteren Entwicklungsphase gehen sie zur Lungenatmung über und verfärben sich zu dem bekannten gelb-schwarzen Erscheinungsbild.“ Diese „Lurchis“ können bis zu 25 Zentimeter lang und zehn bis 20 Jahre alt werden.

Plötzlich ertönte der Ruf einer Gelbbauchunke. „Sie heißen so, weil sie eine gelbe Unterseite haben“, informierte der Naturwissenschaftler. Diese Amphibien seien stark gefährdet. „Hier in der Region finden wir sie nur noch in Bad Dürkheim und Eisenberg“, bedauerte er. Fliegen, Käfer und Falter bekamen die Nachtwanderer an Netzen mit speziellen Leuchten zu sehen – beispielsweise die Steinfliege mit ihrem länglichen, extrem schlanken Körperbau. Auch der Wintereulenfalter und der Kiefernschwärmer, eine Schmetterlingsart, flatterten vorbei.

Klanginstallationen im Wald

Ebenso spannend war Fritz Eichers Führung zum Thema „Hören“. Dazu hatte der Kunsthistoriker eigens eine kegelförmige Klanginstallation aus Blech hergestellt, die mittels Mikrochip, MP3-Player und integrierte Lautsprecher Tierklänge hörbar machte. So konnten die Teilnehmer an vier Stationen Stimmen von Vögeln und anderen Tieren wie Grillen lauschen. Dabei stand zunächst der Ziegenmelker im Fokus. Dieser gefiederte Waldbewohner verfügt über ein breites akustisches Repertoire. „Er kann summen wie Bienen oder brummen wie ein kleines Kraftrad“, berichtete Eicher. Aber er beherrsche je nach Bedürfnis auch andere Töne. Zudem habe der schlaue Vogel eine perfekte Tarnung: Sein Gefieder sehe aus wie Baumrinde und sei daher nur schwer zu erkennen. „Früher war der Ziegenmelker in ganz Europa vertreten, inzwischen ist er selten geworden“, erzählte er.

Eine Nachtigall trällert

Auch die Nachtigall war zu hören. Sie könne 250 bis 300 verschiedene Melodien-Sequenzen versenden, erklärte Eicher. „Die Laute der Vögel haben seit Urzeiten die Musik der Menschen beeinflusst und zum Beispiel Naturvölker wie die Inuit inspiriert, die noch heute in ihren Gesängen Laute von Eisbären oder Robben aufgenommen haben.“ Zu guter Letzt lieferte auch der Waldkauz eine Probe seines Könnens ab. Überhaupt gebe es im Pfälzerwald alle Eulenarten, selbst den Uhu, den Sperlingskauz und die Schleiereule, erfuhren die Nachtwanderer.

„Das hat sich rentiert, bei der Tour hat alles sehr gut zusammengepasst“, schwärmte Teilnehmerin Sigrid aus Neustadt nach dem Ende kurz vor Mitternacht. „Man hat auch vor Augen geführt bekommen, was alles verloren gehen kann, wenn wir Menschen nicht auf die Natur aufpassen.“ Ihre Begleiterin hatte bei der Nachtwanderung nur eins gestört: „Das war das Dröhnen eines Motorrads unten im Tal“, ärgerte sie sich über die Harley-Davidson, die ihre PS-Zahl mit veritablem Sound demonstrierte.

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