Donnersbergkreis Als die Antragsflut versandet, legt der FWG-Chef richtig los

Hitzige Wortgefechte, lautstark geführte Diskussionen, persönliche Angriffe – wer am Montagabend die Sitzung des Verbandsgemeinderats Rockenhausen verfolgt hat, konnte wahrhaftig was erleben. Streitigkeiten darüber, wer nun das Wort habe und wer nicht, und Drohungen, die nächste Begegnung finde vorm Verwaltungsgericht statt, waren nur die Spitze des Eisbergs. Gipfel der Darbietungen: FWG-Chef Helmut Hyner warf Bürgermeister Michael Cullmann vor, die Demokratie heftiger mit Füßen zu treten als alle politische Extremisten.

Dabei entbrannten die teils heftigen Auseinandersetzungen an eher banalen Themen. Starke Nerven und Sitzfleisch mussten Bürgermeister, Ratsmitglieder und Verwaltungs-Mitarbeiter beweisen, als Hyner mit einer Flut von Anträgen aufwartete. Das ist nicht neu. Die Anzahl allerdings ließ diesmal staunen. Ebenso die Art und Weise, wie Hyner mit der – auch das ist nicht neu – Ablehnung des Ansinnens umging, die Tagesordnung zu erweitern. Ein vermeintlich heißes Diskussionsthema hatte es auf FWG-Antrag sogar vorab auf die Tagesordnung geschafft: die Auszahlung von Sitzungsgeldern und Fahrtkostenerstattungen. Als nach einem geradezu filmreifen Sitzungsauftakt in diesem Moment doch heftige Debatten zu erwarten gewesen wären, hielt sich der Fraktions-Chef der Freien Wähler jedoch ruhig. Alle anderen Fraktionen waren einer Meinung, die Diskussion damit relativ rasch vom Tisch. Bis dato wird den Ratsmitgliedern das Geld einmal jährlich ausgezahlt – für Hyners Begriffe nicht okay. Er sehe nach so langer Zeit keinen Zusammenhang mehr zwischen Aufwand und dafür fälliger Entschädigung, erläuterte er – und forderte daher, dass Geld vierteljährlich auszuzahlen, um einen zeitlichen Zusammenhang zu schaffen. Die kleinen Summen – 15 Euro Sitzungspauschale und deren zehn an Fahrtkostenerstattung – ergeben keine allzu stolzen Beträge. Sie sollen ohnehin nur die für Ratsmitglieder anfallenden Kosten – etwa für die Tinte zum Ausdrucken der digital zugestellten Unterlagen – ausgleichen. In finanzielle Notlage dürfte durch die Auszahlung zum Jahresende also niemand geraten. Sven Leitsbach (CDU) findet den von Hyner gewünschten Zahlungsmodus wenig sinnvoll, da sowieso keiner davon leben könne und der Mehraufwand einfach zu groß sei. Auch Uwe Bals (SPD) sah das so. Die Jahresregelung sei auch festgeschrieben, die Verwaltung müsse nicht unnötig belastet werden. Cullmann erkannte in dem Antrag eine kuriose Logik: Denn Hyner spricht sich grundsätzlich dagegen aus, dass überhaupt eine Entschädigung fließt. Das darin zu erkennende Motto „Ich will das Geld nicht, aber dafür will ich es umso schneller“ wollte dem Bürgermeister nicht einleuchten, wie Cullmann kundtat. Prompt lief der FWG-Antrag bei 19 Gegenstimmen glatt ins Leere. Doch bevor es überhaupt losgehen konnte, mussten die Ratsmitglieder die Antrags-Welle der FWG über sich schwappen lassen. Als erstes forderte Hyner den sofortigen Stopp der Tonbandaufzeichnung. Die war in einer Sitzung zuvor erst einmalig – zur Erleichterung der Protokollführung – eingesetzt worden. Dass der FWG-Chef auf Konfrontation aus war, wurde umgehend deutlich: „Wenn ich sage, die Aufnahme wird gestoppt, dann wird sie gestoppt!“. Laut Hyners Vorwurf habe Cullmann zuvor Mitschnitte dazu missbraucht, Aussagen gegenüber der Presse zu beweisen. Der Bürgermeister stritt dies ab; er habe nur seine eigene Aussage zitiert. Nachdem das Tonband aus war, beantragte die FWG, den Punkt Resolution zur VG-Fusion abzusetzen, der es kurzfristig auf die Tagesordnung geschafft hatte. Den vorgelegten Resolutionstext – über den zu beraten und zu beschließen sich die Freien Wähler später weigern sollten – nannte Hyner eine „Blamage“. Der Antrag wurde abgelehnt, wieder gab es 19 Gegenstimmen. Antrag Nummer drei: Aussprache zur Verwendung von Audioaufnahmen für Pressearbeit. Moment mal: War da nicht eben was? Das Déjà-vu-Erlebnis der Ratsmitglieder war keine Einbildung. Die Mehrheit lehnte ab – 19 Gegenstimmen. Für Antrag Nummer vier sah der Bürgermeister keine Dringlichkeit. Fünf bis acht wurden abgeschmettert. Antrag neun zur „Anbindung an das Bundesfernstraßennetz“ war zwar – wie alle Jahre wieder – von Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald beim Neujahrsempfang als fundamental für die Zukunft der VG dargestellt, worden. Aber: Auch der ging nicht durch. Aus einem formalen Grund: Die Sperrfrist seit der letzten Beratung in dieser Sache war noch nicht verstrichen. Antrag abgelehnt. Bei Fraktionschef Hyner stieg offenbar der Frust, als der einzige weitere Antrag des Abends – von Seiten der Grünen nämlich – einen so ganz anderen Anklang der anderen Fraktionen fand: Die Grünen wollten das Thema „Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU“ mit Blick auf die Auswirkungen bis in die nordpfälzer Gemeinden hinein behandelt sehen. Umgehend wurde zugesagt, dies auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Als die Antragsflut versandet, legt Hyner erst richtig los. Mit persönlichen Angriffen auf Cullmann: „Kein Linker, kein Rechter und kein Islamist können die Demokratie mehr mit den Füßen treten, als Sie das tun, Herr Cullmann!“ Und er legte noch nach: Cullmann flüchte sich in dümmliche Ausreden, seine Angestellten hätten juristisch keine Ahnung. Erst nach dem zweiten Ordnungsruf und kurz vor dem Ausschluss von der Sitzung gelang es, den aufgebrachten Ratsherren zu beruhigen. Für den Rest der Sitzung war dann jedoch nicht mehr viel Protest aus den Reihen der FWG zu hören.

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