Donnersbergkreis Damit der Finger nicht mehr schmerzt

Diethelm Rünger mit seiner Erfindung und dem Team namens „Schreg“.
Diethelm Rünger mit seiner Erfindung und dem Team namens »Schreg«.

Die Pizza ist schön kross, das Messer aber stumpf. Damit sich beim Schneiden bald niemand mehr abmühen muss, hat Diethelm Rünger aus Ginsweiler (Kreis Kusel) ein Hilfsmittel erfunden. „Simply cut“ heißt der neue Aufsatz fürs Messer. Nach erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne sollen die Schneidehilfen bei der Fernwerktechnik-Firma Hilgert in Finkenbach-Gersweiler in Produktion gehen.

Der 70-Jährige steht in den Startlöchern: „Die Entwicklung von ,Simply cut’ ist fertig, der Hersteller bereit“, berichtet Rünger. Die Firma Hilgert solle die Schneidehilfen produzieren – den Sechserpack für acht Euro. Finanziert werde das Projekt über Crowdfunding. Die Kampagne startete gestern. Innerhalb von 30 Tagen solle in zwei Stufen die Marktfähigkeit des Produktes bewiesen und mit dem Erlös ein Spritzguss-Werkzeug bezahlt werden. Wo genau ihm die Idee mit „Simply cut“ vor knapp einem Jahr kam, das möchte Rünger nicht preisgeben. Nach kurzer Zeit vor der knusprigen Pizza und mit stumpfem Messer habe der Zeigefinger, der auf den Messerrücken drücken musste, richtig geschmerzt, berichtet er. „Mir kam daraufhin die Idee, eine Druckfläche zwischen meinen Finger und den Messerrücken zu platzieren. Diese Druckfläche sitzt auf einem Clip, der auf den Messerrücken gesteckt wird.“ Für das Hilfsmittel habe er beim Deutschen Patentamt Design-Schutz angemeldet. Seine Idee präsentierte er sogleich Markus Hilgert, dessen Firma er schon lange und gut kennt. Für das 1993 von Gerd Hilgert gegründete Feinwerktechnik-Unternehmen mit acht Mitarbeitern, zu dessen Kunden unter anderem BASF und Adient sowie Nimak und Gampper zählen, werde „Simply cut“ die erste Produktion aus dem Bereich Küche sein, wie Markus Hilgert im Gespräch berichtet. Fräs- und Schleiftechnik, Drehen, Funken-Erodieren, 3-D-Musterdruck und Kunststoff-Spritzguss zählen nach Hilgerts Worten zu den Hauptzweigen des Betriebes. Zusammen mit Rünger entwickelte Hilgert die endgültige Form des Aufsatzes. „Die Schenkel müssen federn und auf den Messerrücken passen“, weiß Rünger. In der Firma seien die ersten Prototypen bereits mit einem 3-D-Drucker ausgedruckt worden. Die Spritzgussteile sollen später mit einer umgebauten Kunststoff-Spritzmaschine hergestellt werden. Beim Crowdfunding und der Vermarktung der Idee fand der gelernte Werkzeugmacher und Landwirt Rünger Unterstützung beim Bito-Campus in Meisenheim. „Es muss ja nicht gleich die Zehn-Millionen-Euro-Idee sein“, meint Campus-Leiter Richard Haxel, der sich für diesen Niedrigpreis-Artikel gleich erwärmen konnte. Unter den aktuell rund 15 Projekten am Bito-Campus sei „Simply cut“ das erste Startup mit Crowdfunding. In puncto Vermarktung hatte Haxel eine Idee: Er machte den Tüftler aus Ginsweiler mit jungen Leuten aus der „Generation Z“ bekannt, die mit digitalen Technologien großgeworden sind. Die Jungs zwischen 15 und 18 Jahren aus Meisenheim und Umgebung nennen sich „Schreg“ und sind am Bito-Campus unter anderem als Youtuber und fürs Webradio aktiv. Ihr Auftrag: Über das Internet sollen Tim Rech, Janik Gillmann, Pascal Petras, Alexander Schäfer und Mick Leyendecker die Erfindung bekanntmachen. „Wie man die jungen Leute anspricht, wissen wir ja“, sagt Rech mit Blick auf bevorzugt genutzte Social-Media-Kanäle wie Facebook, Instagram und Twitter. Das Vorstellungsvideo zum Produkt haben die Jungs von „Schreg“ bereits abgedreht. Zusammen mit der Gruppe besuchte Rünger auch einen Crowdfunding-Workshop. Noch seien die fünf freiwillig für das Projekt im Einsatz, später wolle er den Aufwand auch finanziell belohnen, stellt der Erfinder in Aussicht. Seit einigen Monaten treffe er sich regelmäßig mit den jungen Leuten. „Ich habe in einem dreiviertel Jahr so viel dazugelernt“, verrät der 70-Jährige, und die Jungs finden die Zusammenarbeit mit Rünger einfach „cool“. Zielgruppe für die kleinen Kunststoffhelfer sind laut Rünger „alle, die nicht genug Druck beim Schneiden aufbringen können“. Dazu zählt er insbesondere ältere Menschen und Kinder. „Wenn wir in der Hauptzielgruppe ein paar Tausend erreichen, dann läuft’s“, prognostiziert Haxel den Erfolg. Gespannt erwarten die Gründer nun den Verlauf der Kampagne und die Rückmeldungen der Geber, die sich risikofrei beteiligen können. Wer sich mit sechs Euro beteiligt, erhält ein Sechserpack Schneidehilfen. Wer neun Euro gibt, bekommt, für den gibt es ihn im Geschenkkarton. Für zwölf Euro gibt es den Sechserpack sowie ein Geschenk samt Karte. Konkret sollen damit im ersten Schritt des Crowdfundings 1500 und im zweiten 5000 Euro zusammenkommen. „Mit dieser Summe können wir das Werkzeug bei Hilgert umbauen sowie Herstellung und Versand abdecken“, kalkuliert Rünger. Zunächst sei die Produktion von 1500 Einheiten geplant. Der Plan sehe vor, im Herbst mit der Produktion loszulegen. Rünger: „Wenn die Kampagne Erfolg hat, müssen wir liefern!“ Sollte die angestrebte Summe jedoch nicht erreicht werden, bekommen die Leute ihr Geld zurück und „Simply cut“ ist Geschichte. Der Messeraufsatz ist nicht die erste Erfindung Rüngers. Er hat sich bereits ein Teil fürs Bungee-Jumping patentieren lassen und wurde mit „Kunst im Grünen“ in der Region bekannt. Dazu erfand er extra den Dimadolit, der während der Kunstaktion Bilder auf die Wiese bei Reipoltskirchen projizierte. Mit „Simply cut“ will Rünger keinesfalls „das große Geld machen“. Er gehe auch ohne Startkapital in die Vermarktung, stellt er klar. Spannend ist für ihn, dass unterschiedliche Generationen beteiligt sind. Vor allem möchte der Erfinder sich sozial zeigen: „Den Sechserpack werden wir an Vereine anstatt der üblichen acht für nur drei Euro verkaufen“, kündigt er an. Die könnten die Schneidehilfen dann als Einnahmequelle für acht Euro weiterverkaufen. „Die Gewinnspanne, die normalerweise der Handel einsteckt, wollen wir komplett an die Vereine weitergeben“, betont er. Info Die Crowdfunding-Kampagne läuft seit gestern unter www.startnext.com

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