Donnersbergkreis Eine Ausbildung zum Kranken

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Beste Unterhaltung hat die Seniorenprunksitzung in der Oberndorfer Gemeindehalle geboten. Organisiert vom Oberndorfer Carneval-Club (OCC), dem Alsenzer Carneval-Verein (ACV) und dem Obermoscheler Karneval-Verein (OKV), haben die Aktiven die vielen Besucher über vier Stunden mit geschliffenen Büttenreden, schwungvollen Tänzen und stimmungsvollen Liedern begeistert. Gekonnt durch den Nachmittag führten die Sitzungspräsidenten Gerd Bernhard (OCC) und Matthias Roßbach (ACV).

Zur Einleitung ging Bernhard auf die Personalwechsel in der Region ein. Zunächst sei schon vor Weihnachten der Seniorenbeirat der VG Alsenz-Obermoschel zurückgetreten, die Amtszeit von Bürgermeister Arno Mohr ist beendet, und ein weiteres Loch werde sich im Herbst mit dem Ende der Dienstzeit von Landrat Winfried Werner auftun. Daher sei es ihm eine Pflicht, die Stellen unverzüglich wieder zu besetzen, damit die einzelnen Organe handlungsfähig blieben. Als erstes schickte er deshalb Renate Schmidt in die Bütt. Diese betonte humorvoll, dass es auch nach der Auflösung des Seniorenbeirates in der VG weitergehen müsse – man werde nicht verzagen, sondern erst recht dem geselligen Miteinander frönen. Wenn auch andere Mandatsträger aufhören: Der singende Ortsbürgermeister Karl-Ludwig Bernhard werde noch lange im Amt bleiben. Sein selbst getexteter Jahresrückblick auf bekannte Melodien beschäftigte sich dieses Jahr mit den Olympischen Spielen, dem „Brexit“ und dem Wahlausgang in Amerika. Mitunter enthielten seine Reime auch kritische Untertöne. Gelungene Premiere als Büttenredner feierte der neue VG-Beauftragte Horst Fiscus. Wie es sich für einen Politiker gehöre, habe er sich zunächst einmal Zeit gelassen mit dem Verfassen seiner Rede. Doch der Zeitpunkt kam immer näher, und der Druck wuchs. „Seitenweise habe ich geschrieben und sie dann alle wieder vernichtet“, verriet Fiscus. Letztlich blieb ihm nur eine Nacht – und seine launigen Verse bezogen sich dann hauptsächlich auf das Verfassen seines Beitrags. Der Fasnacht werde er auch treu bleiben, wenn er in Ruhestand sei, versprach der scheidende Landrat Winfried Werner. Unterhaltsam glossierte er Anekdoten aus dem politischen Alltag und dem Sitzungssaal. Viele Begebenheiten müsse man – wie Fasnachter – mit Humor tragen. Landratskandidat Rainer Guth (CDU/FWG) zog einen Vergleich zwischen der Politik und dem Forstbereich, aus dem er komme: Er sei in der Lage, sowohl mit weichem Holz als auch mit knorrigen Stämmen und Ästen umzugehen. Politik und Fasnacht hätten viele Gemeinsamkeiten – daher brauche der Donnersbergkreis einen Landrat, der sich auch mit der fünften Jahreszeit gut auskenne. Seniorin Helga May aus Becherbach quasselte sich quer durchs Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Bei vielen Episoden sprach sie dem Publikum aus der Seele – hauptsächlich, als es um den eigenen Herd oder ihren Anvertrauten ging. Ein ungleiches Paar bildeten die „Geschwister Frieda und Gerda“ (Hildegard Wollschied und Dora Pieroth): Während die eine die hochdeutsche Sprache exzellent beherrschte, platzte die andere stets mit deftigen pfälzischen Ausdrücken dazwischen. Natürlich kam es dabei auch zu Verwechslungen und Interpretationsproblemen. Von seinem mühevollen Werdegang zum „ausgebildeten Kranken“ berichtete in gekonnter Manier Stefan Rahm vom OKV: Viele mehrwöchige Seminare und intensive Kurse hat er besucht, bis er gelernt hat, seine – in Wahrheit gar nicht vorhandene – Krankheit zu demonstrieren. Über das Leben und die Arbeit auf dem Bauernhof stöhnte „Bauersfrau Lena“ (Gunter Hilgert) vom ACV. Den Landrat habe sie mal zu einem mehrtägigen Aufenthalt auf den Bauernhof eingeladen. Beim Melken durfte er sich nützlich machen – doch bis heute warte sie auf den ersten Tropfen Milch. Amüsant auch die Schilderung der Bäuerin von der Fahrt mit dem Bus in die Stadt – dabei gehe es deutlich schneller zu als auf dem Traktor. „Lieber ledig als gar keine Frau“, resümierte als „schwarzer Mann“ der Ehrenpräsident des OKV, Horst Wiesen. Als Schornsteinfeger berichtete er, wie er seine Anvertraute im Sperrmüll entdeckt habe. Als er mit ihr zusammen vor den Standesbeamten trat, sei ihm bewusst geworden, wie man sein Leben positiv verändern könnte: einfach nein sagen. „Vater und Sohn“ (Rainer und Pascal Glinka) aus Unkenbach verrieten, was die Gattin und Mutter über ihre Familienangehörigen denkt. Sie verglich ihren Gatten mit einem alten Auto oder eine Waschmaschine. Der Konter folgte prompt: Man sehe ihr das Alter von 40 Jahren nicht an – sie werde locker auf 60 Lenze geschätzt. Die „Unkenbacher Halblange“ sorgten mit ihren Liedern mächtig für Stimmung und brachten die Besucher zum Schunkeln. Das schaffte auch Musiker Hans-Ludwig Burkhard, während Funkenmariechen Leonie Westenburger vom OCC (Trainerin Angelina Benz) mit gekonnten Tanzschritten über die Bühne wirbelte. Ein Leckerbissen war der Auftritt des OCC-Männerballetts unter der Leitung von Christina Westenburger. Sieben Akteure stellten nicht nur sprachlich, sondern auch mit Gesten ihre Tätigkeiten dar. Auf engstem Raum mussten die Bewegungen so koordiniert sein, dass der Boxer ebenso wenig seinen Nebenmann traf wie der Schreiner oder Polizist. |llw

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