Eisenberg Erdbeben in der Türkei: Wie eine IGS-Schülerin eine Spendenaktion ins Leben rief

 Schüler, Leherer und Eltern hatte alle Hände voll zu tun.
Schüler, Leherer und Eltern hatte alle Hände voll zu tun.

Die Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion haben Tausende von Toten gefordert. Zehntausende sind verletzt. Diese Katastrophe hat auch die Menschen hier bewegt. Dank einer Schülerin der IGS Eisenberg wurde jetzt eine Hilfsaktion gestartet.

Wie kann den Erdbebenopfern helfen? Was könnte man tun? Vielleicht eine Spendenaktion? Es war eine spontane Idee, die Dilara Sönmez aus Kerzenheim im Ethik-Unterricht an der IGS Eisenberg zur Sprache gebracht hatte. Eine Idee, die bei den Schülern der elften Klasse großen Zuspruch fand. Wobei das Ganze natürlich gar nicht so einfach sei, wie Dilara der RHEINPFALZ erzählt. Sehr schnell hatten sich die Schüler entschieden, beispielsweise warme Kleidung, Decken, Hygieneartikel und Kinderkleidung zu sammeln. Die Schüler-Vertretung der IGS war auch sofort mit von der Partie. Zusammen konnte auch die Schulleitung von der Aktion überzeugt werden. Aber: Wie sollten die Spenden ins Erdbebengebiet bekommen? Dilara nutzte ihre Kontakte bei Facebook und Instagram und bekam Kontakt zu dem in Kirchheimbolanden lebenden Mutlu Ciftci. Dieser hatte geplant, am Sonntag zwei Sattelzüge von Bischheim aus in das Katastrophengebiet von Kahramanmaraş im Südosten der Türkei zu schicken.

Innerhalb von zwei Tagen wurde nun also eine Kleiderspendenaktion an der IGS auf die Beine gestellt. Zwei Tage, die von Dilara Sönmez höchsten Einsatz abverlangten. Im Gebäude 1 der IGS in der Martin-Luther-Straße klapperte sie nach und nach 16 Schulklassen ab und warb dafür, bei Verwandten und Bekannten Kleiderspenden zu organisieren. Im Gebäude 2 (ehemalige Realschule) nutzte sie die Lautsprecheranlage der Schule, um über ihr Projekt zu informieren.

3400 Kilometer Strecke

Die Sammelstelle wurde dann am Freitagmorgen eingerichtet. Dafür wurden an beiden Standorten Räume leergeräumt und Tischgruppen in Position gebracht. Leere Pappkartons, die von Eisenberger Gewerbetreibenden gespendet wurden, wurden beschriftet, auf Deutsch und Türkisch. Auf die Lkw sollten nur Kisten, die „sortenrein“ gepackt sind, aus zollrechtlichen Gründen. Ein Thema, denn auf der rund 3400 Kilometer langen Reise müssen einige Grenzen überwunden werden. Dass die türkischen Grenzstationen die Abwicklung von Hilfstransporten unbürokratisch umsetzen, davon ist der Eisenberger Kommunalpolitiker Ender Önder aber überzeugt. Er ist unter anderem Vorsitzender des deutsch-türkischen Unternehmerverbandes Ludwigshafen und pflegt seit Jahren Kontakte zum türkischen Konsulat nach Mainz. Er berichtet auf Nachfrage, dass er in den vergangenen Tagen intensiven Kontakt dorthin hatte.

Ab 7.30 Uhr kamen dann am Freitagmorgen die ersten Spenden an. Eltern, die ihre Kinder in die Schule brachten, hatten diesmal Pappkartons oder große Plastiksäcke dabei. Flauschige und noch eingepackte Decken, Kinderkleidung, Unterwäsche, Pullover, Hosen oder Jacken. Aber auch Hygieneartikel für Frauen, Männer und Babys. Die zahlreichen Helfer an dem Vormittag mussten jede einzelne Spende auspacken und neu sortieren. Hin und wieder waren auch Kleidungstücke dabei, die erheblich beschädigt waren. Offenbar hatten einige der Spender den Aufruf falsch verstanden. „Macht nichts, ab in die Lumpenkiste“, rief einer der Helfer, und das Sortieren ging weiter. Hausmeister Andreas Schneidt verriet derweil, dass bei der Aktion auch Kleidungsstücke und Schuhe weitergegeben wurden, die von Schüler liegen gelassen wurden. Schon immer wurden vergessene Kleidungsstücke, nach denen auch nach langer Zeit niemand gefragt hat, einem sozialen Zweck zugeführt. „Früher haben wir diese Sachen etwa an die Kleiderkammer des DRK Eisenberg weitergegeben“, sagte er.

Ein Foto für die Oma

Dilara war unterdessen voll in Aktion. Irgendwann hielt sie inne und machte ein Foto von dem Geschehen „Ich bin so stolz, dass alles funktioniert“, meinte sie und schickte das Bild per WhatsApp an ihre Großmutter väterlicherseits. Sie lebt in der türkischen Stadt Kayersi, rund 250 Kilometer vom Epizentrum entfernt. Dort habe man das Beben gespürt, aber es seien keine Schäden entstanden, sagte sie. Mehrmals täglich hält Dilara Kontakt in den Südosten der Türkei.

Am frühen Nachmittag waren alle Helfer geschafft, aber dennoch zufrieden. Die Anzahl der Pakete wurde zwar nicht gezählt, aber es waren so viele, dass das Mehrzweckfahrzeug der Eisenberger Feuerwehr nicht alle verstauen konnte. Zusammen mit zusätzlichen Pkw transportierte die Feuerwehr die Ware zu einem Zwischenlager nach Marnheim. Von dort aus geht es weiter nach Bischheim zur Sporthalle.

Am Nachmittag wurde auch klar, dass zwei Lkw nicht ausreichen, es werden wohl nun derer drei sein, die am Sonntagmorgen ab 10 Uhr beladen werden. Der Initiator dieser Lkw-Tour, Mutlu Ciftci betreibt in Kirchheimbolanden ein Architekturbüro und fühlt sich moralisch verpflichtet, diese Aktion zu unterstützen, wie er sagte. Einige gute Freunde von ihm hätten in den betroffenen Gebieten Verwandte, die von der Katastrophe heimgesucht wurden und Menschen verloren haben. Er habe mit einem Aufruf in den sozialen Netzwerken einen gewaltigen Zuspruch erfahren. In Eisenberg, Kirchheimbolanden, Wörrstadt, Wallstadt und Wiesbaden fanden Sammelaktionen statt, deren Ware allesamt zur Turnhalle nach Bischheim gebracht werden. Wenn alles klappt, soll der kleine Konvoi in der darauffolgenden Nacht in Richtung Türkei aufbrechen.

Die Eisenberger Feuerwehr transportierte die Kartons in ein Lager.
Die Eisenberger Feuerwehr transportierte die Kartons in ein Lager.
Sie hatte die Idee zur Spendenaktion: Dilara Sönmez.
Sie hatte die Idee zur Spendenaktion: Dilara Sönmez.
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