Donnersbergkreis Es blüht im Einheits-Grün

Ausgebrachte Saatgutmischungen sollen helfen, den Tieren nahrhaften Lebensraum zu bieten. Botaniker Gunter Mattern erklärte den
Ausgebrachte Saatgutmischungen sollen helfen, den Tieren nahrhaften Lebensraum zu bieten. Botaniker Gunter Mattern erklärte den 30 Teilnehmern auf einem Ackerplateau bei Einselthum an drei Blühstreifen die beeindruckende Pflanzenvielfalt.

Praktische Lösungen aufzeigen und so Impulse setzen für mehr Naturschutz in der ackerbaulich genutzten Landschaft – das waren die Ziele einer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Westpfalz und der Ortsgemeinde Einselthum organisierten Info-Veranstaltung. Der Einladung waren insbesondere Landwirte und Jäger gefolgt, aber auch mehrere mit Flurbereinigung und Naturschutz befasste Behördenmitarbeiter.

Als Referenten gaben Martin Brüggehofe vom DLR, Vertragsnaturschutzberater Gunter Mattern, Sarah Wirtz und Christian Lintow vom Landesjagdverband (LJV) sowie Dieter Feldner von der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz Einblicke in die vielfältigen Maßnahmen- und Fördermöglichkeiten bei der Anlage von Lebensräumen zur Erhaltung der Artenvielfalt. Eine Exkursion führte die 30 Teilnehmer zunächst auf das Ackerplateau von Einselthum. Hier klärte der Botaniker Gunter Mattern an drei „Blühstreifen“ über die beeindruckende Pflanzenvielfalt der im Vorjahr ausgebrachten Saatgutmischungen auf. Diese bis zwölf Meter breiten Areale fallen mit ihrer üppigen Blütenpracht zwischen den monotonen Getreide- und Zuckerrübenschlägen besonders ins Auge. Durch die Blühstreifen würden Lebensräume für Insekten und gefährdete Vogelarten geschaffen, sie böten aber auch dem Niederwild ganzjährig Äsung und Deckung. Besondere Zielarten des EU-Vogelschutzgebietes Ackerplateau zwischen Ilbesheim und Flomborn seien Feldlerche, Schafstelze, Grauammer, Rohr- und Wiesenweihe, Rebhuhn und Wachtel, verdeutlichte Martin Brüggehofe. In einem mehrjährigen Monitoring solle erfasst werden, wie sich die verschiedenen Kräutermischungen bei unterschiedlichen Bearbeitungsmethoden und Bodenbeschaffenheiten auf den jeweiligen Standorten entwickeln. Nach den bisherigen Ergebnissen habe die Saatgutmischung mit der Bezeichnung „Lebensraum Regio UG9“ Vorteile, so Mattern. Nach Brüggehofe wurden diese Blühstreifen als Ausgleichsflächen mit insgesamt 5,9 Hektar im Rahmen der Flurbereinigung angelegt. Sie werden nach drei Jahren Anlaufzeit pflegerisch in die Obhut der Ortsgemeinde Einselthum übergehen. Trotz der Gesamtlänge von fünf Kilometern in der offenen Feldflur und 1,4 Kilometern parallel zu Erdwegen könnten die Blühstreifen den flurbereinigungsbedingten „Grenzlinienverlust“ nicht vollständig ausgleichen. Das rechnerische Defizit betrage 44 Prozent gegenüber der ursprünglichen Situation. Zurück im Einselthumer „Haus der Vereine“, wo Bürgermeisterin Marion Baumrucker erfrischende Getränke bereithielt, stellten die Referenten ihre jeweiligen Konzepte für mehr Naturschutz in der Agrarlandschaft vor. Dabei sollten Antworten auf die Fragen gefunden werden, welche Maßnahmen sinnvoll und praktisch umsetzbar seien und welche Möglichkeiten es zu deren Finanzierung und Förderung gebe. Sarah Wirtz, frühere rheinland-pfälzische Jagdkönigin und derzeit Projektleiterin beim LJV, erläuterte das „Wildschutzprogramm Feld & Wiese“ (WFW) zum Erhalt und zur Förderung der Biodiversität angesichts der seit Jahren rückläufigen Bestandszahlen beim Niederwild. Hierbei sei entschlossenes Handeln gerade im Hinblick auf das Rebhuhn als Leitwildart des Lebensraums Feldflur dringend erforderlich. Gunter Mattern gab einen Überblick über die unter der Bezeichnung EULLa (Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft) zusammengefassten Acker- und Grünlandprogramme zur Förderung extensiver Erzeugungspraktiken in der Landwirtschaft. Dieter Feldner referierte über Arten- und Biotopschutz durch agrarische Kompensationsmaßnahmen für errichtete Windkraftanlagen. Alle Referenten waren sich einig, dass hier ohne die Mitwirkung der Landwirte nicht viel gehe. Dabei sei zu beachten, dass Naturschutzmaßnahmen die eingespielten Betriebsabläufe der auf Rationalität und Effizienz eingestellten Landwirtschaft nicht stören, sondern in diese integrierbar sein sollten. Auch der Ökonomie müsse dabei Rechnung getragen werden. Mattern räumte allerdings ein, dass bezüglich der Förderquoten keine Gewinne vorgesehen seien, Aufwand und Prämien sollten Null zu Null aufgehen. Dass unter diesem Aspekt die Neigung der Landwirte für ein verstärktes Umweltengagement gerade in Hochertragsgebieten eher mäßig ausfalle, sei zwar bedauerlich, aber nachvollziehbar. Einzig Dieter Feldner konnte bestätigen, dass die Nachfrage nach Teilnahme an seinem Projekt im Vogelschutzgebiet zwischen Ilbesheim und Flomborn das Angebot deutlich übersteige, was bei Prämien von 1200 Euro je 100 Hektar und Jahr nicht verwunderlich sei. Zur allgemeinen Überraschung der Anwesenden enthüllte ein Gast gegen Ende der Veranstaltung, dass auf Kreisebene ins Auge gefasst worden sei, 100 Hektar Land für Naturschutzmaßnahmen bereitzustellen. Wie Landrat Rainer Guth auf im Nachgang der Veranstaltung auf RHEINPFALZ-Anfrage bestätigte, gebe es dazu tatsächlich einen gemeinsamen Plan des Kreises mit dem Bauernverband und der Kulturlandstiftung. Details zu diesem Vorhaben könnten aber frühestens im September vorgestellt werden.

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