Donnersbergkreis Festlich und mit reizvollen Zwischentönen

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KIRCHHEIMBOLANDEN. In Kirchheimbolanden alte Tradition und dementsprechend gut besucht: der kirchenmusikalische Jahresausklang am späten Silvesterabend in der Protestantischen Peterskirche. Diesmal konzertierten der Hausorganist (Bezirkskantor) Martin Reitzig und der Trompeter Heinz-Günter Nuck, Dozent an der Binger Musikschule.

Der Kirchenraum im Halbdunkel, die demnächst 100-jährige, spätromantische Steinmeyer-Orgel dezent angeleuchtet – die fast intime Atmosphäre blieb wirkungsvolle Kulisse und schuf Distanz zu der Knallerei draußen auf den Gassen. Ideale besinnliche Einstimmung waren zwei Sätze aus der Orgelsonate f-Moll op. 65, 1 von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847). Dem Kopfsatz („Allegro moderato e serioso“) liegt der Choral „Was mein Gott will, gescheh allzeit“ zugrunde – er war als Motto zum Jahreswechsel gedacht. Reitzig brachte die dunkel getönten, warmen Polyphonien, aus denen wiederholt das bekannte Choralmotiv dringt, plastisch und geschickt registriert zum Leuchten. Wunderschön sprach das liedhafte „Adagio“ mit seiner unaufgesetzten Innerlichkeit an, seinem sanften, melodiösen Fluss. Tänzerisch beschwingte Musikalität, einnehmend mit ihrer beinahe kindlich elementaren Weihnachtsfreude (fast schon mit Neigung zum Gassenhauer): Der „Offertoire 3“ aus den „Noels für Orgel“ op. 60 von Alexandre Guilmant (1837-1911), französischer Orgelklassiker der Romantik. Das Programm setzte auf stilistische wie emotionale und klangliche Kontraste. Hochgestimmt festlich, ein barockaler Ohrwurm: Jeremiah Clarkes (1674-1707) „Prince of Denmark March“ (Trumpet Voluntary). Nuck blies ihn auf langem Atem und in ganz großem, weit ausstrahlenden Tonfall, dessen Verkündigungsansatz an einen Turmbläser denken ließ; orches-tral wurde er dabei von der Orgel unterstützt. Das fanfarenhaft schmetternde Trompeten-Präludium aus Marc-Antoine Charpentiers (1643-1704) „Tedeum“ alias „Eurovisionshymne“ war feudales Festgepränge in Reinkultur, heute bitter notwendiges musikalisches Plädoyer für Europa. Unterstrichen wurde es von den Paukenschlägen Jutta Westrichs. (Sie unterrichtet ebenfalls an der VHS Bingen.) Zeitgenössische Zäsuren und interessante Zwischentöne brachten zwei Stücke von Stefan M.R. Ulrich (geboren 1966) ins Spiel: den wohl nicht allzu ernst gemeinten „Sonntagmorgenfrühaufstehblues“ für eine leicht angeschrägte Orgel und das Trompeten-Präludium Nr. 5; es schlägt eher zeitlos prophetische Töne an, um schließlich leise und verhalten auszuklingen. Mit Johannes M. Michel (geboren 1963) durfte gejazzt werden: Seine „Childrens Organ-Play-Time“ ließ die sakrale „Königin der Instrumente“ in unvermutet frivoler Ragtime-Manier hüpfen. „On the Mountains“ schlug den Bogen zum Gospelsong mit Gelegenheit zu improvisierten Intermezzi. Finaler Höhepunkt der bunt gemischten Konzertstunde waren Sätze aus Georg Friedrich Händels (1685-1759) „Feuerwerksmusik“ - ein buchstäblicher Dauerbrenner zum Jahreswechsel auf vielen Kanälen, seinerzeit zu King Georges II. Verherrlichung komponiert. Insbesondere die klangprächtige Ouvertüre nimmt den barockal pompösen Huldigungscharakter mit Pauke und Trompete auf, ähnlich „La Réjouissance“ (Freude). „La Paix“ (der Frieden), von der Orgel als Holzbläserensemble aufgenommen, besticht dagegen mit der anmutigen Schlichtheit einer Pastorale, bevor das würdevoll glänzende Menuett II wieder an die vorgelegte königliche Hofmusik anknüpft. Warmer Beifall wurde von den Musikern mit einer Zugabe bedankt- der noch lange nachklingenden Ouvertüre.

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