Donnersbergkreis Junge Ärzte braucht das Land

Die Patienten werden älter – die Ärzte aber auch. Doch um junge Mediziner auf das Land zu lotsen, braucht es Ideen. Ein paar lie
Die Patienten werden älter – die Ärzte aber auch. Doch um junge Mediziner auf das Land zu lotsen, braucht es Ideen. Ein paar lieferten die fünf Bürgermeisterkandidaten der VG Nordpfälzer Land.

Eine Gemeindeschwester plus – für Uwe Krebs (parteilos), Kandidat der Freien Liste Nordpfalz, wäre das ein sinnvoller Weg, um die Versorgung älterer Menschen in der Verbandsgemeinde zu verbessern – auch mit Blick auf den demografischen Wandel. Generell könnten aus seiner Sicht Ärztezentren dabei helfen, den ländlichen Raum für Ärzte attraktiver zu machen. So müsse sich ein fertig ausgebildeter Arzt mit Mitte, Ende 30 nicht gleich mit einer hohen Summe belasten, um sich in eine Praxis einzukaufen. „Sprich: Ärztehäuser, die zum Teil erst einmal eine Übergangszeit bieten, um sich als Arzt zu orientieren. Das ist für mich ein Ansatzpunkt, den wir gehen sollten, um Ärzte aufs Land zu locken“, sagt Krebs. Seiner Ansicht nach müssten auch die Vorgaben der Ärztekammer hinterfragt werden, etwa, dass ein Arztsitz übernommen werden müsse. „Ist das zeitgemäß?“, so Krebs. Eine Lockerung wäre angebracht, wenn sich ein Arzt dafür interessiere, sich in der Region anzusiedeln. Zum in Rockenhausen geplanten Gesundheitszentrum wollte sich Krebs nicht konkret äußern. „Erst wenn ich für mich als Person mehr und nähere Informationen habe.“ Kurze Wege – das findet Einzelbewerberin Ilonka Schäfer (parteilos) beim Thema medizinische Versorgung wichtig. Ihr Vorschlag: Heilhäuser. Die gebe es schon jetzt in verschiedenen Städten und Gemeinden, unter anderem in der Schweiz. Dahinter stecke ein Angebot von Jung bis Alt, das von der Geburtsvorbereitung über die Geburt selbst bis zur Betreuung junger Familien reiche. „Die sind auch zuständig für die Förderung von Jugendlichen oder jungen Familien, fangen Leute in Krisensituationen auf und begleiten auch Kranke und Sterbende beim Sterbeprozess“, erklärt Schäfer. Alles unter einem Dach. Beispiele kenne sie aus Kassel, Freiburg oder Lüneburg. „Das wird sogar vom Bundesministerium bezuschusst“, sagt Schäfer. Das Heilhaus in Kassel werde zudem vom hessischen Sozialministerium gefördert. „Ich denke, es wäre sinnvoll, so etwas nicht nur in Rockenhausen, sondern auch in einem anderen Tal wie dem Appel- oder dem Moscheltal ins Auge zu fassen.“ In der Diskussion um ein Gesundheitszentrum weist Schäfer darauf hin, dass hier eine interdisziplinäre Zusammenarbeit wichtig wäre. „Es gibt Menschen, die eine Krebsdiagnose kriegen und erst einmal in ein Loch fallen. Also wäre es sinnvoll, dass man zum Beispiel einen Onkologen und gleich einen Psychologen zusammen hätte. Oder ein anderes Beispiel: Einen Orthopäden und einen Physiotherapeuten.“ Auch der Ausbau des Hospizbereichs liege ihr am Herzen. Ein Ärztehaus stellt sich auch FDP-Kandidat Frank Haage für die VG Nordpfälzer Land vor. Aus eigener Erfahrung wisse er um die Vorteile. Haage nannte ein Beispiel aus Regensburg: „Unten im Erdgeschoss war eine Apotheke, ein Sanitätshaus, ein Café und in den Stockwerken obendrüber war alles, aber auch wirklich alles untergebracht. Man konnte alles haben – nicht nur für Privatpatienten.“ Ein solches Haus könne dabei helfen, Ärzte aufs Land zu bringen. Dies sei einfacher, als wenn sich ein Arzt erst in eine Praxis einkaufen müsse. „Hätten wir ein Ärztehaus, könnten wir etwas stellen, könnten es vermieten.“ Anfänglich müsse man sich über die Gestaltung Gedanken machen, darüber, wie man das Haus für einen Arzt attraktiv machen könne. „Wenn ich sehe, dass wir in Rockenhausen ein großes Schulzentrum habe und wie viele Schüler da sind, wir aber keinen Kieferorthopäden vor Ort haben, weil das an irgendwelchen Sachen hängt, muss man daran arbeiten. Dann muss man in Verhandlungen gehen, dass man diese Lücken schließt“, fordert Haage. Eine Bündelung mehrerer medizinischer Angebote an einem Ort komme auch den Menschen in der VG zugute. „Dann können die Leute dort auch bequem hinkommen, haben alles vor Ort.“ Derzeit müsse man noch drei, vier Wege zurücklegen, um etwas zu erledigen. Dies sei gerade für ältere Leute schwierig. Immer ältere Hausärzte, drohende Praxisschließungen – daran will auch Tanja Gaß (parteilos, unterstützt von CDU und FWG) etwas ändern. „Der Ansatz muss sein, junge Ärzte, junge Familien, wieder hier in die Region zu holen“, glaubt sie. Das alleine sei schon eine Herausforderung. Zwar gebe es junge Mediziner, die mit dem Gedanken spielen, eine Praxis zu eröffnen. „Aber die Aussicht auf eine 60-Stunden-Woche, was unsere Hausärzte hier vielfach leisten müssen, lässt junge Ärzte zurückschrecken.“ Hinzu komme die anfangs hohe finanzielle Belastung. „Ich glaube, dass sich junge Ärzte eher daran orientieren: Wo gibt’s die Möglichkeit zu praktizieren und das trotzdem in einem abgegrenzten Rahmen zu tun, finanziell abgesichert zu sein und eine Arbeitszeit zu haben, die vielleicht Teilzeitarbeit oder eine 40-Stunden-Woche zulässt?“, sagt Gaß. Als Lösung komme nur der Zusammenschluss von Ärzten in medizinischen Versorgungszentren in Frage, „oder – wie jetzt in Bitburg – eine Ärztegenossenschaft, die sich da gebildet hat, um zusammenzuarbeiten und quasi rund um die Uhr ein ganzheitliches Angebot für den Patienten leisten zu können.“ Ein weiterer Ansatz komme von der Kassenärztlichen Vereinigung. Diese werbe dafür, dass Gemeinden angehenden Ärzten für sechs bis acht Wochen möblierten, kostenlosen Wohnraum zur Verfügung stellen. So sollten die Mediziner Erfahrung sammeln – und vielleicht Gefallen an der Region finden. „Man verspricht sich davon, vielleicht aus einem sechs- oder acht-Wochen-Exkurs für eine längere Zeit einen jungen Arzt oder eine junge Ärztin für die Region zu gewinnen. Ich halte das für einen guten Ansatz.“ Noch müsse man sehen, ob die Gemeinden mitziehen und man Wohnraum zur Verfügung stellen könne. Ein wichtiger Pluspunkt in Sachen medizinische Versorgung ist für SPD-Kandidat Michael Cullmann das Krankenhaus in Rockenhausen. „Das hat dazu geführt, dass Ärzte, die sich für Innere Medizin interessiert haben, hierher gekommen sind, hier gearbeitet haben und stellenweise sich tatsächlich auch selbstständig gemacht haben.“ Ihm sei es wichtig gewesen, „dass wir diesen Weg weitergehen können und möglichst viel medizinische Versorgung hier an diesem Krankenhaus halten können“. Mit der beschlossenen Verlagerung der Inneren Abteilung nach Kirchheimbolanden, gelte es nun, die medizinische Versorgung so aufrecht zu erhalten, „dass – egal ob das der schlimmste Notfall ist oder die leichte Grippe – ein Krankenhausbett zur Verfügung steht und die Leute versorgt werden, ohne dass sie Angst haben müssen, sie werden schlechter behandelt als in Mainz Innenstadt oder in Kaiserslautern“. Gefordert sei die Kassenärztliche Vereinigung, den Beruf für Landärzte attraktiver zu machen. Denn, so Cullmann, wohne ein Arzt einmal hier und wisse die Region zu schätzen, bleibe er vielleicht auch hier. Es gebe aber auch andere Ansätze. Etwa rollende Praxen, die in Orte ohne Arzt fahren. Als „etwas schleppend“ bezeichnet er die Entwicklung des Gesundheitszentrums, das man vor zwei Jahren mit dem Westpfalz-Klinikum initiiert habe. Sollte es nicht gelingen, das Zentrum in privater Trägerschaft zu verwirklichen, könne sich auch die neue VG einbringen, ein Gesundheitszentrum betreiben „und den Ärzten attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung stellen“. Auch persönlicher Kontakt könne bei der Suche nach Ärzten helfen, ist sich Cullmann sicher. So habe sich etwa ein Herzspezialist in Rockenhausen angesiedelt, „weil wir ihm gesagt haben: Das ist ein attraktives Umfeld, komm hierher, bleib bei uns“.

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