Donnersbergkreis Kantor will er werden

„Musik, das ist einfach mein Ding“: Thorsten Grasmück.
»Musik, das ist einfach mein Ding«: Thorsten Grasmück.

«KIRCHHEIMBOLANDEN». Der 15-jährige Gymnasiast Thorsten Grasmück hatte im Mai in Lübeck erneut die „Jugend-musiziert“-Jury verblüfft – und sie bedachte ihn mit einem Ersten Bundespreis bei höchster Punktzahl in der Sparte Orgel. Am Sonntag, 9. September, 17 Uhr, stellt sich das Ausnahmetalent aus dem südpfälzischen Walsheim im Rahmen des „Orgelsommers 2018“ dem Kirchheimbolandener Publikum in der Paulskirche vor.

Dass er die Hürden Regional- und Landeswettbewerb bei „Jugend musiziert“ ohne Anstrengung überfliegen würde, daran zweifelte eigentlich keiner; am wenigsten sein Orgellehrer, Professor Stefan Viegelahn, der den Jungstudenten der Frankfurter Musikhochschule Thorsten Grasmück – im „Tagesgeschäft“ Schüler, und zwar kein schlechter, am Eduard-Spranger-Gymnasium in Landau – seit geraumer Zeit höchst erfolgreich unterrichtet. Mit einem überragenden Ersten Platz in seiner Altersgruppe – 25 Punkte, mehr geht nicht – beim Bundeswettbewerb am 22. Mai in Lübeck hatte zumindest der 15-jährige Tastenkünstler nicht wirklich gerechnet. Denn er reiste nach dem Vorspiel zunächst einmal zurück nach Walsheim. Von da beorderte ihn die gute Nachricht prompt zwei Tage später wieder gen Norden. Zum Auftritt im Preisträgerkonzert. Nein, aufgeregt sei er nicht gewesen, angespannt eben, alles sei prima gelaufen, „aber Platz eins ohne Abstrich – das hatte ich nicht zu träumen gewagt“. Als Einsteiger bei „Jugend musiziert“ hatte Thorsten Grasmück im Frühjahr 2017 in der Sparte Klavier auf Regional- wie auf Landesebene erste Plätze belegt; der Bundeswettbewerb trug ihm einen 2. Preis (22 Punkte) ein. „Unfassbar! – Mit keinem der Siege hatte ich im Vorfeld gerechnet, fand es nur einfach toll, dabei zu sein!“ Dies sein Kommentar vor einem Jahr. 2018 nun war sein Lieblingsinstrument, die Orgel, gefragt. Mit fünf Jahren, erinnert sich der hochgewachsene junge Mann mit dem naturgegebenen Rastalockenschopf, habe er zum ersten Mal mit Bewusstsein ein Orgelkonzert erlebt. „Ich war rundweg fasziniert von den prachtvollen Klangfarben, den unendlichen Ausdrucksmöglichkeiten des Instruments, das hat mich nicht mehr losgelassen.“ Hatte er vor einem Jahr bereits die Jury der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt überzeugt, ihn als einen der jüngsten Vorstudenten in ihre Orgelklasse aufzunehmen, so verneigten sich offensichtlich auch die Lübecker Wettbewerbs-Juroren vor der musikalischen Persönlichkeit des jungen Pfälzers. Unter anderem gehörte dem Gremium mit Professor Arvid Gast ein ausgewiesener Reger-Experte an. Und Thorsten Grasmück zelebrierte gar eins der schwierigen Großwerke des österreichischen Spätromantikers, die Fuge zu „Wachet auf, ruf uns die Stimme“, dazu Sätze einer Trio-Sonate von Johann Sebastian Bach und mit Maurice Duruflé auch ein Stück zeitgenössischer Musik. Ein echtes „Hammer“-Programm. Mit der großen Marcussen-Orgel im Lübecker Dom – einer „Schwalbennest-Orgel“ – sei er sehr gut zurechtgekommen, auch mit der Zeit zum Einregistrieren und „Warmwerden“. Als sehr angenehm empfand Thorsten das Nachgespräch zu seinem Vortrag, wobei er seine Sicht auf die Werke, seinen Interpretationsansatz auch verbal – und offenbar sehr überzeugend – darlegen durfte. Dass so ein Wettbewerbserfolg nicht ganz folgenlos bleiben würde, liegt auf der Hand. Auch wenn Thorsten Grasmück, der in seiner Gymnasial-Klasse als „cooler Typ“ durchgeht, obwohl er weder twittert noch überhaupt mit Smartphone ausgerüstet ist, so herzerfrischend auf dem Teppich bleibt. Die große Solo-Karriere? „Na ja, erst mal hat sich an meinem Berufsziel nix geändert. Kirchenmusik will ich studieren und Kantor werden“, bekennt er ohne Umschweife. Auch das Chorleiten, durch die Ausbildung am Kirchenmusikalischen Seminar erprobt, mache ihm Spaß. Und wie bisher, wird er auch weiterhin zweimal pro Monat seiner Heimatgemeinde Walsheim den Sonntagsgottesdienst musikalisch gestalten. Dennoch freut sich Thorsten diebisch auf die Konzertangebote, die sich im Schlepptau des Bundespreises bislang anbahnten: So ist er für Ende September zum „Wespe“-Wettbewerb in Lübeck eingeladen, ein dem Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ nachgeordneter Contest, der allein den Spitzenpreisträgern offensteht. Für Anfang Dezember ist Thorsten Grasmück im Dom zu Essen für eine Orgel-Meditation angefragt. Dass die Fans in der Pfalz nicht zu kurz kommen, dafür hat Bezirkskantor Martin Reitzig nun Sorge getragen. Und der junge Virtuose blickt mit freudiger Erwartung in Richtung der sagenhaften Stumm-Orgel, die er mit Werken unter anderem von Bach, Fletcher und Saint-Saëns bespielen wird. Die Familie, in der es ungemein locker und ungezwungen zugeht, unterstützt ihn nach Kräften. Dennoch – drei bis vier Stunden am Tag üben, das will bewältigt sein, fordert vor allem Disziplin. Und die Schule? „Läuft gut“, versichert Thorsten, und: „Musik, das ist einfach mein Ding, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.“ In seinem Zimmer ist die Orgel raumgreifend – ein elektronisches Instrument, dreimanualig, zum Üben ideal. Aber natürlich lässt vor allem die Rieger-Orgel in der Stiftskirche sein Herz höher schlagen. Auch das bleibe nicht unerwähnt: Die Jürgen-Ponto-Stiftung, die in nachhaltiger Weise künstlerische Jungtalente finanziell und öffentlichkeitswirksam fördert, ist auf den bemerkenswerten Nachwuchsorganisten zugekommen. Und wird Thorsten ab September mit einem zwölfmonatigen Stipendium fördern.

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