Donnersbergkreis Klangvoller Stressabbau

Boten überwiegend Kompositionen und Arrangements aus der eigenen Feder: Thomas Girard (Saxofon) und Stefan Ulrich (Orgel).
Boten überwiegend Kompositionen und Arrangements aus der eigenen Feder: Thomas Girard (Saxofon) und Stefan Ulrich (Orgel).

«KIRCHHEIMBOLANDEN.» Keine schwere Kost, aber vorzüglich serviert, gab es am Sonntag zur Eröffnung des Orgelsommers in der Kirchheimbolander Paulskirche. Stefan Ulrich, der aus Berlin stammende Bezirkskantor im saarpfälzischen Homburg, ging der Frage nach, wieweit eine Pfeifenorgel die musikalische Rolle einer Bigband übernehmen könne. Als überaus fähigen Saxophon-Solisten hatte er zu „Jazz & more“ aus Zweibrücken Thomas Girard mitgebracht.

Zu hören waren mehrheitlich jazzige Stücke aus der Feder beider Interpreten, welche, so das Programm, außer schriftlich fixierten Passagen auch Raum für Improvisationen boten. Los ging’s mit Ulrichs „Jazz am Sonntag“, einem netten, synkopisch swingenden Orgelstück. Das „Scherzo latino“ ist eine schöne Spielmusik, tänzerisch bewegt, das Saxophon fügt sich schön in die von der Orgel gesetzte harmonische Grundierung in warmen, milden Flötenregistern. Im „Sonntagmorgenfrühaufstehblues“, auch von Ulrich, will man noch nicht so recht aus den Federn, singt aber schon ganz schön. Es folgen einige Kirchenchoräle, darunter Neanders „Lobe den Herren“, jazzig bearbeitet. „Winter in Paris“ von Thomas Girard gleitet meditativ längere Zeit dahin, ist mild und anheimelnd gespielt und hat am Ende zwischen zwei Akkorden sogar eine kleine Kadenz. „The Wedding“ von Abdullah Ibrahim beginnt mit satten Klängen. Es ist ein ebenfalls elegischer Popsong hymnischen Charakters, in der Orgel langsam fortschreitend, vom Saxophon umspielt, voller Reinknie-Knutschakkorde, sehr getragen vorgetragen. Es gibt dann noch „Panama“ von Girard, „Tears in Heaven“ von Eric Clapton und „Pipes of Steel“ von Ulrich. Gespielt ist das alles tadellos, Orgel und Saxophon gehen klanglich gut zusammen, klaffen nie auseinander, obwohl die akustische Situation eigenartig genug ist: Die Mozartorgel ganz oben unter der Decke wird diesmal vom elektrischen Spieltisch aus gespielt, der im Parterre hinter den Zuhörern steht, weswegen auch der Saxophonist hier Aufstellung nimmt, so dass beide Instrumente aus entgegengesetzten Richtungen das Ohr des Zuhörers erreichen. Thomas Girard spielt wunderbar wendig, leicht und flexibel, dabei den Klang seiner verschiedenen Saxophone immer ungemein angenehm rundend – das hat alles Eleganz und Präzision. Stefan Ulrich ist ein versierter, griffsicherer Organist: Er ist, was angesichts des Konzertthemas nicht verwundert, nicht an den speziellen Klangschattierungen der 1745 gebauten Stummorgel interessiert, er braucht sie vielmehr als Standardinstrument, und auch diese Dienste leistet sie zuverlässig, meist in milden, wenig scharfen Farben. Die Musik hat eine beruhigende, stressabbauende Wirkung, entgeht aber nicht einer gewissen Einförmigkeit, weil die Zahl der musikalischen Formeln, die sie sich leistet, recht gering ist und Ulrich auch nur sehr eingeschränkt von den mannigfaltigen Klangfarben, die ihm das Instrument böte, Gebrauch macht. Für den, der sich halbbewusst-träumend dem musikalischen Fluss anheimgeben will, ist das Konzert ideal. Derjenige, der hellwach zuhört, um musikalische Komplexität zu erleben, bekommt vielleicht etwas wenig geboten. Der Applaus ist nach den Stücken bereitwillig, aber wenig begeistert; nach dem effektvollen Schlussstück steigert er sich zur herzlichen Anerkennung der beiden Interpreten.

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