Donnersbergkreis Opfer entpuppt sich als Cannabis-Pflanzer

Gleich mehrere Mieter eines Mehrfamilienhauses im östlichen Donnersbergkreis nutzen anscheinend ihre botanischen Kenntnisse, um ganz offen auf ihren Balkonen Cannabis anzubauen. Das war eine der Erkenntnisse, die nun bei einem Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Rockenhausen ans Tageslicht gekommen ist. Obwohl dieser Sachverhalt im Verfahren nur eine untergeordnete Rolle spielte. Dass sich die betreffende Auseinandersetzung im Drogenmilieu ereignete, ist dabei erst nach und nach herausgekommen.

Angeklagt war ein 26-Jähriger, dem die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hat, zusammen mit einem bislang unbekannten Dritten einen 40-Jährigen in dessen Mietwohnung überfallen zu haben. Bei der Auseinandersetzung in der Wohnung sollen zudem zwei Mobiltelefone entwendet worden sein. Auch der Vorwurf der räuberischen Erpressung stand zunächst im Raum, da der Angeklagte angeblich 200 Euro gefordert habe. Der 26-Jährige machte außer zu seiner Person und seinen Lebensverhältnissen keine Angaben. Nach einer gescheiterten Beziehung habe er mit dem Konsum von Heroin und Cannabis begonnen. Zudem gab er an, herzkrank zu sein und von Hartz IV zu leben. Mittlerweile habe er eine Methadontherapie fasst vollständig erfolgreich abgeschlossen. Im März 2018 soll er zusammen mit dem unbekannten Dritten in die Wohnung des Geschädigten eingedrungen sein und dort unvermittelt auf den Mann eingeprügelt haben. Dieser verstrickte sich während seiner Zeugenaussage aber rasch in Widersprüche: Zunächst betonte er, nicht zu wissen, warum der Angeklagte ihn angegriffen habe – doch bald wurde deutlich, dass es sich bei dem Streit und der Prügelei um eine vermeintliche Lieferung von Cannabis drehte. Der Zeuge räumte plötzlich ein, dass er den Angeklagten bereits vor dem Streit gekannt hatte. Er habe für 200 Euro „Material“ bei ihm bestellt – gemeint war eben eine Lieferung Cannabis. Vorher hatte der 40-Jährige behauptet, dass die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten, mit der dieser drei gemeinsame Kinder hat, ihn gebeten habe, eine offene Anwaltsrechnung an den Angeklagten weiterzuleiten. Das Schreiben, das ausgerechnet vom Anwalt des 26-Jährigen stammen soll, habe die Frau als Nachricht auf sein Mobiltelefon geschickt. Sie bat den Mann, die Rechnung über den im gleichen Haus wie der Geschädigte wohnenden Vater des Angeklagten an diesen weiterzugeben. Der Verteidiger legte dem Gericht dann Bilder vor, die belegten, dass der 40-Jährige auf seinem Balkon in der Vergangenheit Cannabis angebaut hat, was dieser auch unumwunden einräumte. Auch den regelmäßige Cannabis-Konsum gab der 40-Jährige zu, begründete dies aber als eine Art Schmerztherapie, da er andere Schmerzmedikamente nicht vertrage. Dann allerdings begann er, den Angeklagten zu bedrohen. Er wisse, dass dessen Vater auch Cannabis anbaue, er könne dies beweisen. Er stieß dabei auch wüste Beschimpfungen in Richtung Anklagebank aus, was Richterin Ines Sontowski zu einem Ordnungsruf veranlasste. Es folgte die nächste Überraschung im Prozessverlauf: Der Angeklagte ließ seinen Verteidiger vorlesen, dass er die Körperverletzung einräume. Die Anklage wegen des Handyraubs wurde fallengelassen, weil nicht geklärt werden konnte, ob nicht der dubiose Dritte, der bei dem Angriff dabei gewesen sein soll, dafür verantwortlich ist. In Bezug auf die gefährliche Körperverletzung forderte die Staatsanwaltschaft, auch weil der Angeklagte bereits mehrfach straffällig geworden ist, allerdings immer nur zu Geldstrafen verurteilt wurde, neun Monate Haft, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollten. Der Verteidiger hob in seinem Plädoyer auf die mangelhafte Glaubwürdigkeit des Geschädigten ab und hielt eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu zehn Euro für gerechtfertigt. Dabei sei seinem Mandanten zugute zu halten, dass dieser die einfache Körperverletzung eingeräumt hatte. Dem folgte das Schöffengericht nicht, hielt am Tatvorwurf der gefährlichen Körperverletzung fest und verhängte eine Strafe von sieben Monaten, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Dabei ging das Gericht auch davon aus, dass ein weiterer Mann bei der Auseinandersetzung in der Wohnung dabei gewesen ist. Außerdem muss sich der 26-Jährige bei der Caritas in Kirchheimbolanden 18 Monate lang einer Gesprächstherapie unterziehen.

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