Donnersbergkreis Schneegestöberwelten

Weit über 200 dieser sammelsurischen Kaleidoskope hat Rosemarie Hahn zusammengetragen.
Weit über 200 dieser sammelsurischen Kaleidoskope hat Rosemarie Hahn zusammengetragen.

«JAKOBSWEILER.» Schneekugeln zeigt die diesjährige Wechselausstellung im liebevoll gehegten „Puppenstubenmuseum der 30er und 50er Jahre“ in Jakobsweiler. Eröffnung ist am Sonntag, 7. April, um 14 Uhr, bei einem Glas Sekt und Häppchen. Guten Besuch und angeregte Gespräche wünschen sich die Veranstalter.

„Kitsch oder Kunst ?“, fragt der Untertitel. Aber wer mag das schon entscheiden? Die Übergänge sind bekanntlich fließend – und mancher Kitsch tut der Seele ja so wohl. Unhörbar leise rieselt der geschüttelte Polystyrol-Schnee über Reise-Erinnerungen und Kindheitsträume. Früher schneite es noch Getreidekörner oder gar Blattgold. Laut Wikipedia „stand in einer der ersten historisch bezeugten Schneekugeln, die 1878 auf der Pariser Weltausstellung zu sehen waren, ein Mann mit aufgespanntem Regenschirm.“ Und ein Vorgänger der Schüttelbilder wird bereits 1572 erwähnt: Damals ließ der Alchimist Leonard Thurneysser eine mit Wasser gefüllte Glaskugel, in der Vögel schwammen, in der Glashütte von Grimniz blasen. In den 1950-er Jahren wurde das Glas gegen Kunststoff eingetauscht, und längst werden die in sich abgeschlossenen Miniaturen von Schneegestöberwelten in Massenproduktionen hergestellt. Selbst der Philosoph Theodor W. Adorno fand die Schneekugel bemerkenswert, als er 1950 über deren wohl berühmtesten Sammler Walter Benjamin schrieb: „Ihn sprachen die versteinerten, erfrorenen oder obsoleten Bestandstücke der Kultur, alles an ihr, was der anheimelnden Lebendigkeit sich entäußerte, so an, wie den Sammler das Petrefakt (Fossil) oder die Pflanze im Herbarium. Kleine Glaskugeln, die eine Landschaft enthalten, auf die es schneit, wenn man sie schüttelt, zählten zu seinen Lieblingsutensilien.“ Weit über 200 dieser sammelsurischen Kaleidoskope hat die Jakobsweiler Museumsfrau Rosemarie Hahn „so ab den 2000er Jahren“ auf ihrem privaten Dachbodenfundus zusammengetragen – bei manchen war inzwischen ein Teil der Flüssigkeit verdunstet, dann füllte ihr Mann mit einer Spritze destilliertes Wasser nach. Unterschiedlichste Exponate vom Eiffelturm bis hin zu Weihnachtskrippen und Nikoläusen – einer von ihnen wurde aus Legos gebaut, und „Stille Nacht“ dudelt die Spieluhr unter seinen Stiefeln. Gekrönter Star ist Sissi Initialzündung, Liebe auf den ersten Blick, war das goldene Engelchen im Glimmergoldregen, dem alle weiteren Objekte in den hell ausgeleuchteten Vitrinen folgen sollten. (5,49 DM hat Hahn seinerzeit dafür bezahlt, das Preisschild klebt noch am Boden.) Einiges fand sie auf Flohmärkten oder auf Reisen, vieles bekam sie zu Geburtstagen oder an Weihnachten geschenkt wie die Wintermotive von den „Joxwillerer“ Turnerfrauen. Die Schneekugel aus Sao Paulo brachte ein Freund ihres Mannes mit, und weit gereist waren auch die Souvenirs aus Dubai oder Indonesien. „Max und Moritz“ sind mit zwei Streichen dabei, dazu Osterhasen- und -hühner und blaue Aquarien mit Fischen. Eine Fülle bayerischer Touristenziele wie Neuschwanstein, Weltstädte, Schlösser und Kirchen- mit ein Lieblingsstück der Sammlerin ist die Kaiserslauterer Stiftskirche, denn in Lautern ist sie aufgewachsen. Grimms Märchen dürfen nicht fehlen, so wenig wie die Mickey- Mouse oder gar Halloween. Gekrönter Star in Übergröße ist Sissi, die herzige junge Kaiserin Österreichs, hier im Geleit von drei DVDs. Und ins Auge springt auch die Berglandschaft mit dem aufziehbaren Eisenbähnchen – eine Spieluhr untermalt die Idylle mit dem „Sonderzug nach Pankow“. Weitere Raritäten kreierte die oberfränkische Porzellanfabrik Goebel – etwa die berühmten Katzen von Rosina Wachtmeister. Oder, ein Klassiker, die Schildkrötpuppe Hans – „Hänschen klein“ dudelt die Spieluhr dazu. „Nina und Marco“ folgen bekannten Hummel-Figuren nach. Gleich daneben sind Goethes Weimarer Gartenhäuschen und der fröhliche Werbe-Seehund „Onkel Otto“ vom Hessischen Rundfunk zu sehen. Echte Hingucker bleiben die geheimnisvollen Märchenfiguren aus Tausendundeiner Nacht. Mitmach-Aktion geplant Bis zum 23. November ist die Ausstellung jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung geöffnet. An einigen Sonntagen – die Termine werden in der RHEINPFALZ bekannt gegeben – ist zudem eine Mitmach-Aktion geplant: Das Museumsteam bastelt mit Kindern Schneekugeln aus Marmeladengläsern, die Teilnehmer-Gebühr beträgt einen Euro. Das Material wird gestellt, die schönste Kugel prämiert, und für alle weiteren gibt es kleine Trostpreise.

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