Frankenthal Auch im Boden liegt Wahrheit

91-88624702.jpg

Eine Gruppe von elf engagierten Winzern aus Neustadt erforscht mit Grabungen die Terroirs der Weinlagen in Mußbach, Königsbach, Gimmeldingen und Haardt, um die Charakteristika ihrer Weine besser zu verstehen. Sie unternehmen eine kleine Reise in die Erdgeschichte an der Weinstraße bei Neustadt.

„Die Entstehung der hiesigen Bodenformationen ist bis auf das Pleistozän vor über 2,5 Millionen Jahren zurückzuführen“, erklärt Bastian Klohr, Geschäftsführer der Mußbacher Winzergenossenschaft Weinbiet. Klohr ist einer der elf Initiatoren des Projekts. Die Böden seien einerseits geprägt von Stürmen, die kalkhaltigen Löss anwehten, zum anderen hätten angeschwemmter Kies und Lehm sowie Verwitterungen des Buntsandsteins im Haardtgebirge ihre Spuren hinterlassen, erklärt Klohr. Um die Bodenzusammensetzung der jeweiligen Weinlagen zu untersuchen, gräbt der Bagger bis zwei Meter tief in die Erde und nimmt Proben. Gleichzeitig wird der Bodenquerschnitt fotografiert. Bis zur Weinpräsentation „Mußbacher Spitzen“ 2017 sollen auch Lackprofile der Böden fertig sein, die zu den jeweiligen Weinen präsentiert werden. „Klar wollen wir selbst die Lagen besser verstehen lernen, aber die Weinfreunde sollen auch wissen, wie die unterschiedlichen Charakteristika und Geschmacksunterschiede zustande kommen“, erklärt Klohr. Untersucht werden die Proben dann von dem Geologen Timo Assmann. Die Idee zu dem Projekt sei auf einer Vorabprobe der „Mußbacher Spitzen“ entstanden: „Wenn man vier Rieslinge von vier Erzeugern aus derselben Lage gegeneinander verkostet, schmeckt man zwar immer die jeweilige Handschrift des Kellermeisters, aber auch den Charakter des Terroirs, auf dem er gewachsen ist“, meint Klohr. Ziel des Projekts sei es, besser nachvollziehen zu können, welche Rebsorte mit welchem Boden wie harmoniert, um daraus möglicherweise Rückschlüsse auf die Arbeit im Weinberg ziehen zu können. 14 von 15 geplanten Grabungen seien abgeschlossen, verteilt über das gesamte Gebiet, in dem die elf beteiligten Betriebe Weinberge bewirtschaften. „Nährstoffzusammensetzung, Wärmespeicher- und Wasserhaltekapazität sind teilweise ungeheuer unterschiedlich“, betont er. Ab 40 Zentimeter werde es spannend, denn die obere Bodenschicht sei wegen der ständigen Bewirtschaftung nicht aussagekräftig. Und auch weiter unten finde man oft Überraschendes: „Bei terrassierten Wingerten wurden die Böden ganz unterschiedlich wieder aufgeschüttet, da muss man bisweilen an einer anderen Stelle graben, um die Beschaffenheit zu erfahren“, berichtet Klohr. Die Kosten des Projekts seien noch nicht bezifferbar. Weil aber mehrere Akteure beteiligt sind, sei die Belastung für den einzelnen Betrieb „sicher überschaubar“. Im Optimalfall könnten die Erkenntnisse aus dem Grabungsprojekt dazu dienen, zielgerichteter auf Umwelteinflüsse zu reagieren, hofft Klohr. Auch wären weitere Rückschlüsse darüber möglich, welche Standorte für welche Rebsorte besser oder weniger gut geeignet seien. Letzten Endes zähle aber nur eines: Das Ergebnis muss schmecken.

x