Frankenthal Auftakt in Moll

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Die musikalische Erfolgsgeschichte des Rennquintetts erlebte am vorletzten Tag des alten Jahres eine grandiose Fortsetzung: Bei dem seit Wochen ausverkauften Konzert in der Zwölf-Apostel-Kirche begeisterte das renommierte Blechbläserensemble am Mittwochabend mit einem Zwei-Stunden-Programm voller klanglicher Vielfalt, das bei aller Heiterkeit auch Raum für besinnliche Momente ließ.

Weil das weltpolitische Geschehen anno 2015 nur selten von freudigen Anlässen geprägt war, gab es zum Auftakt zwei Stücke in Moll: Johann Sebastian Bachs berühmte Toccata in einem für das Rennquintett maßgeschneiderten Arrangement und eine Sarabande, bei der die Harfenistin Maria Stange ihr ebenso faszinierendes wie technisch anspruchsvolles Zupfinstrument erstmals zum Klingen brachte. In einen imposanten Dialog mit der von Bezirkskantor Eckhart Mayer gespielten Orgel traten die beiden Trompeter Peter Leiner und Uwe Zaiser, der Hornist Uwe Tessmann, der Posaunist Jochen Scheerer und der Tubist Ralf Rudolph beim Concerto grosso von Georg Friedrich Händel. Das auch als Alexanderfest bezeichnete Werk ist ein eindrucksvolles Spiegelbild der Macht der Musik, ausgerichtet an der Figur Alexanders des Großen. Einfühlsam gelang der langsame zweite Satz, auch die Fuge zeichnete sich durch homogenes Musizieren aus. Nach Kompositionen, die für Harfe und Blechbläser geschrieben wurden, muss man lange suchen. Das Rennquintett wurde fündig und studierte die Vysehrad-Variationen des 2006 verstorbenen Niederländers Jan Koetsier ein. Dieser nahm dabei Anleihen bei Friedrich Smetanas Zyklus „Mein Vaterland“, in dessen erstem Teil die Geschichte der Prager Burg Vysehrad beschrieben wird. Gedämpfte Bläsereinsätze und triumphale Fanfarenstöße machen den Reiz dieses Stückes ebenso aus wie energische Harfenarpeggien und sakral anmutende Sequenzen. Aufgrund der farbigen Instrumentierung gelang es, die Zuhörer mehr als 20 Minuten zu fesseln. Zur Beliebtheit der Konzerte des seit 1987 bestehenden Rennquintetts trägt maßgeblich die charmante Moderation von Peter Leiner bei, der das von ihm geleitete Ensemble als eine „in die Jahre gekommene Boygroup“ vorstellte. Doch er schlug auch nachdenkliche Töne an, wenn er beispielsweise den von Rundfunkbeiträgen bekannten Pfälzer Theologen Ludwig Burgdörfer („In jedem flüchtenden Menschen schaut uns das Jesuskind an“) zitierte. So ganz nach dem Geschmack des noch weihnachtlich gestimmten Publikums waren die eingängigen Melodien aus Peter Tschaikowskys „Nussknacker“ – für die Profi-Blechbläser einmal mehr Gelegenheit, mit rasanten Tempi, exakten Einsätzen und exzellentem Zusammenspiel zu brillieren. Als Sinnbild für ein besseres Europa wollten sie den beschwingten Blumenwalzer – melodisch verziert mit Rosen aus Tirol, Tulpen aus Amsterdam und dem kleinen grünen Kaktus – verstanden wissen. Raffiniert in der Bearbeitung und teilweise in swingendem Sound intonierte das Rennquintett bekannte Weihnachtslieder aus Deutschland und Amerika, in die auch Organist Eckhart Mayer mit der Choralfantasie „Tochter Zion“ einstimmte. Und noch einmal rückte die Harfe mit sanft perlenden Tongirlanden und rauschenden Klangwellen in den Mittelpunkt. Maria Stange – aus Neustadt stammend, heute in Bayern lebend und als Professorin an den Musikhochschulen in Stuttgart und Karlsruhe unterrichtend – spielte „A Ceremony of Carols“ von Benjamin Britten, ein Stück von außergewöhnlichen akustischen Reizen, um beim „Chanson dans la nuit“ von Carlos Salzedo den Korpus des Instrumentes für Percussionseffekte zu nutzen und mit Glissandi in technischer Perfektion zu enden. Für eine komödiantische Einlage musste Uwe Zaiser bei der Zugabe herhalten. Mit der Glockenkette um den Hals lebte der Trompeter bei „Jingle Bells“ seinen tänzerischen Part genüsslich aus. Am Ende des Konzerts stand eine ergreifende Friedensbotschaft: In einem dreistimmigen Kanon sang das Publikum Mozarts „Dona nobis pacem“.

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