Frankenthal „Da kriegt man dann schon Schiss“

Frau Schranz, Herr Wüstenberg, am Freitag stellen Sie ihre mittlerweile siebte Reisedokumentation „Portugal – der Wanderfilm“ im Lux-Kino vor. Was erwartet die Zuschauer? Wüstenberg:

Sie werden eine wunderbare Wanderung an der Küste Portugals erleben. Wir starten im Südwesten Portugals in Sagres an der Algarve. Eigentlich wollten wir nur 100 Kilometer laufen. Aber weil es uns so viel Spaß gemacht hat, sind wir einfach weitergelaufen – am Ende waren es dann ganze 1000 Kilometer bis nach Porto. Entlang des Weges gab es tolle Landschaften, das tosende Meer, steile Klippen. Einfach eine abwechslungsreiche Küstenlandschaft. Schranz: Außerdem haben wir natürlich auch die Herausforderungen dokumentiert, die uns auf dem Weg begegnet sind. Wir hatten im Vorfeld keine Unterkünfte gebucht und jeden Abend ab 17 Uhr angefangen, einen Schlafplatz zu suchen. Das war spannend. Mit fünf Kilogramm Last auf dem Rücken hatten wir auch wenig dabei, haben uns am Abend vorher die Route der nächsten Etappe angeschaut. Da gab es manchmal dann doch keinen Wanderweg mehr, und wir mussten plötzlich klettern, um weiterzukommen. Abgesehen von den Blasen an den Füßen war Ihre Wanderung nicht immer einfach. Auch von herabgestürzten Klippen habe ich im Vorfeld gelesen. Gab es gefährliche Situationen? Wüstenberg: Wir hatten mehrere gefährliche Situationen erlebt, aber sie auch bewusst in Kauf genommen – als Herausforderung und weil es uns Spaß macht, wenn es nicht so glatt läuft. So hat man später etwas zu erzählen (lacht). Wenn man alles vorausplant, fehlt einfach das Abenteuer. Ein Beispiel: Auf dem Weg lag einmal eine Schlange und wir kamen nicht dran vorbei. Das zeigen wir auch im Film. Schranz: Du sagst mir, dass ich sie verjagen soll ... Wüstenberg: Ja, das war todesmutig von dir. Die größten Probleme waren aber Ebbe und Flut: Wir hatten ausgedruckte Satellitenkarten dabei, aber diese Fotos waren bei Ebbe gemacht. An einer Stelle – zwischen Meer und steilen Klippen – war ein schmaler Strand, auf dem wir wandern wollten. Doch als wir dort ankamen, war gerade Flut und wir wurden immer weiter in Richtung der Klippen gedrängt. Wenn die Flut dann immer höher steigt, kriegt man schon Schiss, wenn man plötzlich die Klippen hochklettern muss. Haben Sie so spontan immer einen Schlafplatz gefunden? Wüstenberg: Das war nie ein Problem. Wir sind in der Regel morgens um 9 Uhr losgelaufen und haben dann 20 bis 25 Kilometer am Tag gemacht. Gegen 16 Uhr kamen wir dann in den Ortschaften an, haben uns anschließend bei den Einheimischen durchgefragt. Zu 90 Prozent hat das auch immer gut geklappt. Eine nette ältere Dame haben wir zum Beispiel in einem Geschäft angefragt, sie kannte dann wen, der jemanden kennt. In solchen Dörfern kennt ja meist jeder jeden. Schranz: Und die Begegnung mit den Menschen war jedes Mal etwas Besonderes. Das ist das, was so eine Reise letztlich auch ausmacht. Es ist toll, wie nett und hilfsbereit alle waren, die wir getroffen haben. Wie lange waren Sie wandern und wie lange hat die Arbeit am Film letztlich gedauert? Wüstenberg: Die Wanderung bestand aus 36 Etappen plus zwei Abstecher nach Lissabon und Porto, wo wir jeweils ein paar Tage damit verbracht haben, uns die Städte anzusehen. Insgesamt waren wir dann zwei Monate unterwegs. Schranz: An dem Film selbst haben wir dann etwa ein Jahr gearbeitet – immer zusammen. Unser selbstgewähltes Schicksal ist es nämlich, alles zu zweit zu machen. Von der Idee bis zum fertigen Film haben wir alles selbst gemacht. Zusammen arbeiten, reisen und leben: Belastet das die Partnerschaft manchmal auch? Wüstenberg: Viele unserer Freunde fragen oft: „Mensch, wie macht ihr das?“ Deren Beziehungen funktionieren nur, weil sie sich morgens verabschieden und nach Feierabend wiedersehen. Sie sagen, wenn sie sich 24 Stunden am Tag sehen würden, würden sie sich in die Haare kriegen. Man sagt ja, beim Reisen lernt man sich kennen. Und wir haben das Glück, dass wir gut funktionieren, wenn wir zusammen arbeiten und reisen. Schranz: Das tolle ist auch, dass wir das Filmemachen aus zwei Perspektiven sehen: Ich bin die Reporterin, die vor allem die Geschichte erzählen will. Christian ist der Cutter mit dem tollen Blick für Bilder. So funktioniert die Zusammenarbeit am Film einfach sehr gut. Unterscheidet sich ein normaler Urlaub vom Reisen mit der Kamera? Wüstenberg: Es ist schon etwas anderes, wenn man ständig einen Kinofilm im Kopf hat. Viele meiner Gedanken haben sich beim Wandern darum gedreht, wie ich die Bilder für den Film später schneiden will. Schranz: Viele Zuschauer haben die romantische Vorstellung, dass man beim Urlaub so nebenbei einen Film drehen kann. Aber je leichter es im Kino aussieht, desto mehr Arbeit steckt dahinter. Wir filmen von morgens bis abends und legen dabei viele Kilometer zurück. Wir schneiden, vertonen, texten, recherchieren und wir investieren auch viel Geld in die Kameratechnik. Unsere Arbeit macht Spaß, keine Frage, aber ein erholsamer Urlaub sieht anders aus! „Portugal“ ist nicht Ihr erster Reisefilm und nicht der einzige, der aktuell in den Kinos läuft. Sind Reisedokumentationen nach Musikfilmen gerade der große Trend? Wüstenberg: Dafür sind zwei Dinge entscheidend, denke ich: Vor etwa zehn Jahren, als wir mit den Reisefilmen angefangen haben, wurde das Kino gerade digitalisiert. Zuvor drehte man noch auf Zelluloid, das war irre teuer und die Kameras waren schwer und groß. Mittlerweile ist die Technik viel kleiner, man schickt Festplatten statt 1000-Euro-Filmrollen ins Kino. Diese Entwicklung hat es unabhängigen Filmemachern wie uns erst möglich gemacht, Reisefilme zu produzieren. Der andere Grund ist die Authentizität, die solche Filme mit sich bringen und die dadurch begeistern, glaube ich. Eben weil kein großes Team dahinter steht und es Geschichten von ganz normalen Menschen sind, die mit offenen Augen, Neugier und Respekt reisen und das im Kino später mit anderen teilen. Die Zuschauer wiederum sind sehr daran interessiert, wie andere reisen und holen sich Anregungen für ihre Urlaube. Schranz: Vielleicht träumen sie auch davon, selbst einmal dorthin zu reisen. Das haben wir zum Beispiel bei unserem Australien-Film gemerkt. Das war ein Sehnsuchtsland für viele Zuschauer. Und weil sie selbst nicht hinfliegen konnten, wollten sie es zumindest im Kino sehen. Dass die Filme aber so gut laufen haben wir auch engagierten Kinobetreibern wie zum Beispiel Herrn Kaltenegger im Lux-Kino in Frankenthal zu verdanken, die die Filme ins Programm aufnehmen. Wir sind nicht James Bond oder Harry Potter, aber was wir haben, ist ein persönlicher Film, den wir gerne im Kino präsentieren. Was ist Ihr nächstes Reise- beziehungsweise Filmziel? Wüstenberg: Wir haben mehrere Projekte, die wir angehen wollen. Aber welches konkret es sein wird, wollen wir noch nicht verraten. Schranz: Genau. Nur so viel: Es wird etwas ganz Neues. Termin Die Filmemacher Silke Schranz und Christian Wüstenberg zeigen ihre Reisedokumentation „Portugal – Der Wanderfilm“ am Freitag, 8. März, um 19 Uhr im Lux-Kino Frankenthal, August-Bebel-Straße 7-9. Karten gibt es für zwölf Euro im Netz unter www.lux-kinos.de sowie an der Abendkasse im Kino. | Interview: Anne LenhardtDOPPELTERZEILENUMBRUCH

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