Frankenthal Das Quad knattert, doch eine echte Zündung bleibt aus

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So recht zünden will der Neustart der Wormser Nibelungen-Festspiele unter der Intendanz von Nico Hofmann im August nicht. Zur Premiere mit ihrem Schaulaufen prominenter Zeitgenossen – auch der Pfälzer Neubürger Harald Glööckler ist darunter – ist die Welt noch in Ordnung. Doch in den Kritiken erntet Thomas Schadt für seine Inszenierung von Albert Ostermaiers Stück „GemEtzel“ wenig Lob.

Dabei ist der Aufbruch der Festspiele in eine neue Zeit durchaus als opulentes Freilichtspektakel konzipiert: Riesige Kampftürme mit Elefantenstoßzähnen, dornenbekröntem Riesenschädel und Widderramme stehen sich vor dem Dom gegenüber. Brünhild tritt als islamische Selbstmordattentäterin mit Sprengstoffgürtel auf. Hagen knattert mit martialisch dekoriertem Quad über die Bretter. Und die apokalyptischen Skelettarmeen auf dem Gemälde „Der Triumph des Todes“ von Pieter Bruegel dem Älteren bilden den Hintergrund. Gerade dies mögen manche in Worms Regisseur Schadt nicht verzeihen: Dass das Bild, zu einem gigantischen Wandteppich vergrößert, in der zweiten Hälfte den Dom fast verhüllt. Immerhin ist er ja historischer Schauplatz und wird so gar nicht in die Inszenierung eingebunden. Manch einer tut sich auch mit dem Stück selbst schwer, das mit einem komplizierten Spiel im Spiel hohe Anforderungen an die Nibelungen-Kenntnisse der Zuschauer stellt. Doch die Neugier auf die Neuen scheint zu überwiegen. Bis Mitte August werden 85 Prozent der Karten verkauft. Die Festspiele feiern diese „sehr gute Auslastung“ als großen Erfolg. Doch Hofmanns Vorgänger Dieter Wedel hatte die Messlatte höher gelegt und sich 2014 mit 99,6 Prozent so verabschiedet, wie er einst angetreten war. Auch Wedel hat es nicht leicht an seiner neuen Wirkungsstätte als Intendant. Als sich der Stadtrat von Bad Hersfeld Anfang November weigert, ein Defizit der dortigen Festspiele von 175.000 Euro zu begleichen bei einem Etat von 6,1 Millionen Euro, schließt er seinen Rücktritt nicht aus. Seither ruhen die Verhandlungen mit Schauspielern für 2016. Wütend ist der Fernsehregisseur auch, weil ihm aus den Reihen des Stadtrats Tricksereien mit dem Etat vorgeworfen werden. Besonders opulent ist 2015 das Rahmenprogramm der Wormser Festspiele zwischen Disco und Diskurs. Das Thema: Bürgerkriege, Flüchtlingselend und Utopien. Ostermaier lädt dazu herausragende Zeitgenossen wie Juri Andruchowytsch, Abasse Ndione, Feridun Zaimoglu, Volker Braun, Sibylle Lewitscharoff und Nuran David Calis, der 2016 die Nibelungen inszeniert. (dpa/möt)

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