Frankenthal Etzels Kommando-Kapsel

Die Nibelungen-Festspiele in Worms feiern am 31. Juli Premiere mit dem Stück „Gemetzel“ von Albert Ostermaier. Einen Vorgeschmack auf die Inszenierung vor dem Nordportal des Wormser Doms vermittelt das imposante Bühnenbild von Aleksandar Denic: Zwei acht Meter hohe bewegliche Kampftürme symbolisieren die Welt der Burgunden und die Welt der Hunnen. Gestern wurden sie der Presse vorgestellt.

Links die Burgunden, rechts die Hunnen. Der archaisch wirkende Burgundenturm mit widderköpfigem Rammbock, Geweihen und Fellen steht einem asiatisch anmutenden Hunnenturm gegenüber. Das Machtzentrum der Hunnen ist mit meterlangen Elefanten-Stoßzähnen bestückt. „Im ersten Stock wohnt Kriemhild, darüber ist Etzels Thron“, beschreibt Regisseur Thomas Schadt das Szenario. Ein sechseckiger Erker und ein pavillonartiger Aufbau dienen Königin Kriemhild als Gemach und Hunnenkönig Etzel als Kommando-Kapsel. „Noch ist nicht alles fertig“, betont Regisseur Schadt bei der Vorstellung der Kulissen. Das Skelett der Türme ist ein Stahlgerüst und wiegt jeweils rund zehn Tonnen. Entworfen wurden die beiden Türme von Aleksandar Denic, einem international gefeierten Star seines Fachs, der 2014 von Kritikern zum Bühnenbildner des Jahres gekürt wurde und unter anderem Filme seines Landsmanns Emir Kusturica ausgestattet hat. Gefertigt wurden die Türme innerhalb von acht Wochen in einer Werkstatt in Hamburg. Mit zwei Tiefladern wurden sie nach Worms gebracht. Transport und Aufbau in Worms hätten rund 300 Arbeitsstunden umfasst, so die künstlerische Betriebsdirektorin Petra Simon, „alles wird vor Ort maßgeschneidert hergestellt“. Über die Kosten des Bühnenbildes hielten sich die Verantwortlichen auch auf Nachfrage bedeckt. Es war lediglich zu erfahren, dass „eine Reihe regionaler Firmen das Festival mit Sachleistungen unterstützt“ habe. Zurzeit sind ein achtköpfiges Bühnenteam und 40 weitere Mitarbeiter noch mit allerhand technischen und optischen Details beschäftigt. Traktor-Räder, die rollende Basis der Türme, werden verkleidet, das massive Stahlgerüst bekommt eine antike Holz- und Stein-Optik. Wappen, Tücher und Speere entstehen gerade in der Kulissenwerkstatt und werden zuletzt angebracht. Als Brennpunkt des Geschehens werden die Kampftürme auf allen drei Ebenen von Schauspielern, Statisten, Tänzern und Musikern bespielt. „Dabei muss man schwindelfrei sein, aber die Schauspieler finden es gut, weil sie gern von weitem gesehen werden“, weiß der Regisseur zu berichten. Erste Spielproben auf den Türmen habe es bereits gegeben. Im Untergeschoss des Hunnenturms sind ein Schlagzeuger und andere Musiker untergebracht. Um den Live-Charakter der Musik trotz Lärmschutzauflagen zu erhalten, wird um das Schlagzeug herum ein aquarium-artiges Gehäuse aus Plexiglas für Schalldämmung sorgen, und auch ein Gitarrist wird schallgedämmt und drahtlos spielen. Weitere Neuerung: Gespielt wird wegen Unebenheiten und Gefälle des Bodens nicht auf dem historischen Original-Pflaster, sondern auf einer ebenen Bühnenfläche aus darüber liegenden 30-mm-Multiplexplatten. „Sie werden noch entsprechend bemalt und erhalten damit einen Outdoor-Charakter“, sagt Regisseur Schadt. Anders als in vorhergehenden Inszenierungen wird es zum Zuschauerbereich hin keine Balustrade geben, sondern auf der 30 Meter breiten Spielfläche werden die Schauspieler fast auf Tuchfühlung mit dem Publikum sein. Das Bühnenbild mit seinen dominanten Türmen ermögliche dem Publikum aufgrund der Sichtlinien ganz unterschiedliche Blickwinkel, so Sascha Kaiser, kaufmännischer Geschäftsführer der Festspiele. Auf den vorderen Rängen könne man mehr die Mimik der Akteure, auf den oberen Rängen eher die Gesamt-Choreografie des Stücks erleben. Ihren ersten großen Auftritt werden die beiden Kampftürme am Anfang des Stücks haben, wo sie von einigen Dutzend Statisten gezogen, geschoben und so per Muskelkraft auf ihre Positionen gerollt werden. Dann werden von beiden Seiten an zwei Kettenzügen Brücken ausgefahren und mit einem fünf Meter langen Steg mit drei Stahlseilen verbunden. Im Laufe des Stücks wird auch diese Verbindungsbrücke bespielt werden.

x