Frankenthal Intensiv, groß, bildgewaltig

Viel weiß man noch nicht über das, was da am 31. Juli vor dem Nordportal des Wormser Doms über die Bühne gehen wird. Einen ersten Einblick sein Stück „GemEtzel“ für die Nibelungen-Festspiele gab Autor Albert Ostermaier am Sonntag im Wormser Theater mit Kriemhild-Darstellerin Judith Rosmair: Beide sind Jahrgang 1967, beide in München geboren, und beide versprechen sie eine „intensive, große Theater-Oper-Tanz-Performance“ und ein „theatrales Ereignis“.

Ostermaier

erzählt den letzten Teil der Nibelungensage aus der Sicht von Ortlieb, dem Kind Kriemhilds und Etzels. „Das erlaubt die unschuldige Sicht auf die Dinge“, sagt er. Ortlieb verbinde das Hunnen- und das Burgunderblut miteinander. Als erste Kostprobe lasen Ostermaier und Rosmair ein paar Szenen aus dem Stück. Schnell wurde klar, wie bildgewaltig die Sprache des Albert Ostermaier ist. Er selbst mimte die Zofe, den Etzel, den Hagen und den Ortlieb – „eine schöne Metamorphose, die da passiert“, scherzt der sichtlich gut gelaunte Autor am Sonntag. Beispiel für Ostermaiers tolle, metaphernreiche Sprache: In der Szene von Kriemhilds Falkentraum spricht Kriemhild von ihren beiden Männern. „Ein Falke war mein Siegfried; der mächtige Etzel ist nur ein Spatz in meiner Faust.“ Dank der stimmlichen Beweglichkeit Rosmairs wurden die Rollen schon bei der kurzen Lesung so lebendig, dass sich für die Zuschauer ein wahres Kopfkino abspielte. Kurz vor Schluss der Szene „Blutende Kinder“ dann die Regieanweisung: „Kriemhild schreit.“ Rosmair fragt zaghaft: „Soll ich’s machen?“, um kurzerhand aus Leibeskräften zu brüllen. Vor der Diskussionsrunde spendeten die zahlreichen Zuschauer großzügig Szenenapplaus. Gefragt nach ihrem Bezug zur Rolle der Kriemhild, antwortet Rosmair: „Ich verstehe sie! Es ist ein ungeheures Leid, das ihr angetan wurde. Albert Ostermaier zeigt die Kriemhild in diesem Stück als eine vollkommen zerstörte Frau, die erfüllt ist von diesem Hass, der sie buchstäblich verrückt macht.“ Autor Albert Ostermaier ist auch bei den Proben zugegen, und empfindet diese als „einen unglaublich faszinierenden Prozess“. „Wie der Text einen Körper bekommt, wie die Schauspieler das mit Haut und Haar spielen und ihre Lesart einbringen – das ist bezaubernd.“ Sich selbst sieht er jetzt nur noch als Dramaturgen: Er sei „kein Bühnenspringer“, der dem Regisseur in seine Inszenierung hineinredet. Rosmair beschreibt den Stand der Proben als fortgeschritten: „Wir sind schon ein Mal fast mit dem ganzen Stück durch.“ Immer wieder betont sie ihre Freude, dabei zu sein, und erklärt, warum sie unter dem früheren Intendanten Dieter Wedel nur ein einziges Mal bei den Festspielen mitgewirkt hat. „Dieter Wedel hat etwas versucht, was für mich nur bedingt gelungen ist: Er hat für die Kamera inszeniert, was für mich als Schauspielerin schwierig war. Jetzt machen wir echtes Theater!“ Ostermaier, der eine Trilogie in Worms plant, sieht die Geschichte der Nibelungen noch lange nicht auserzählt. „Ich war eher perplex, wie wenig der Stoff bisher bearbeitet wurde!“ Um das voranzubringen, haben die Festspiele einen Wettbewerb für Jungautoren ins Leben gerufen. Im Finale stehen fünf Autoren, in denen Ostermaier „ein unglaubliches Potenzial“ sieht. „Bei jedem der fünf Kandidaten hat der Stoff eine unglaubliche Dringlichkeit und Aktualität bekommen.“ (cmw)

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