Frankenthal Interview: Thomas Brenner fotografiert Flüchtlingskinder für Plakat-Aktion

Blick über die Schulter: Fotosession vergangene Woche in den Frankenthaler Gymnasien.
Blick über die Schulter: Fotosession vergangene Woche in den Frankenthaler Gymnasien.

Der Fotograf Thomas Brenner aus Kaiserslautern lichtet derzeit für eine Frankenthaler Plakatkampagne Flüchtlingskinder und ihre Mitschüler ab.

Auf dem Höhepunkt des Zustroms von Flüchtlingen 2015 haben Sie in mehreren Städten Porträtbilder aufgenommen: von Flüchtlingen und von Menschen, die sie hier unterstützen. Ihr Ansatz in Frankenthal ist ein anderer. Warum?

Inzwischen ist ja schon einige Zeit vergangen und auch eine Menge passiert. Als ich in Kaiserslautern angefangen habe, ging es mir und meinem Team darum, mit den Bildern die Angst vor den Flüchtlingen zu nehmen, die damals in großer Zahl zu uns kamen. Wir wollten sie aus der Anonymität herausholen. Das ist jetzt, da kaum noch weitere Menschen hierher flüchten, nicht mehr so entscheidend. Wichtiger wird die Frage der Integration und damit die danach, was wir eigentlich voneinander wissen. Zu sehen sein werden auf den Bildern Kinder und Jugendliche von Frankenthaler Schulen – immer zu zweit. Genau. Ich bin überzeugt, in Schulen findet die Annäherung, das gegenseitige Kennenlernen der Gemeinsamkeiten und Unterschiede viel schneller und selbstverständlicher statt als anderswo in der Gesellschaft. Die Doppelporträts sollen beides zeigen: die Freundschaft und die Verschiedenheit. Ein Beispiel, das mir im Gedächtnis geblieben ist: Ein deutsches Mädchen erzählte, dass sie sehr früh schon Fahrradfahren gelernt hat. Ein Mädchen aus Syrien wiederum sagte, dass sie das in ihrer Heimat erst gar nicht durfte. Solche Sachen tragen viel zum gegenseitigen Verständnis bei. Wie waren Ihre bisherigen Erfahrungen bei den Shootings vergangene Woche im Albert-Einstein- und im Karolinen-Gymnasium? Das war von der Stimmung her richtig schön und vor allem sehr gut organisiert. Wie ein solches Shooting abläuft, hängt ja immer auch davon ab, wie ein Lehrer die Schüler für die Aktion motiviert. Idealerweise läuft das dann wie in diesen beiden Schulen so ab, dass nicht ich als Fremder da reinkomme und die Fotos mache, sondern dass ich den Laptop in die Mitte stelle und wir alle – die Schüler mit mir zusammen – das als Projekt gestalten. Wie werden die Plakate aussehen, die nach den Aufnahmen für Frankenthal angefertigt werden? Das Design wird im Wesentlichen dem entsprechen, das wir auch in den anderen Städten benutzt haben. Das heißt: Die Bilder stehen vor einem schwarzen Hintergrund mit dem Titel der Aktion „Frankenthal vereint“. Der Sinn, diese Grundgestaltung beizubehalten, steckt darin, über die anderen Orte, in den wir schon waren, einen gewissen Wiedererkennungseffekt zu erzielen. Wäre das Projekt in seiner jetzt gestarteten Form auch mit Erwachsenen machbar gewesen? Kinder und Jugendliche sind schon ein wenig offener und zugänglicher. Aber klar, das Projekt wäre auch mit Erwachsenen denkbar, die hinter der damit verknüpften Idee stehen. Ich hatte beispielsweise auch vorgeschlagen, ob man nicht Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer gemeinsam fotografiert. Vielleicht kommt so etwas ja in Frankenthal in Gang, wenn erst einmal die ersten Bilder an den Schulen oder in der Fußgängerzone zu sehen sein werden. Sie haben ähnliche Aktionen jetzt schon in Kaiserslautern, Ludwigshafen, Kusel und Neustadt durchgezogen. Wie unterschiedlich ist das jeweils gelaufen? Es gibt Städte, die haben sich direkt an mich gewandt und ihre Bereitschaft zum Mitmachen signalisiert. Dort war dann auch das Engagement unheimlich groß. Und es gibt Städte, wo es sehr lange gedauert hat, bis das Ganze ins Rollen kam. Meist hängt es stark davon ab, wie sehr die Stadtspitze hinter dem Projekt steht. Sobald es nämlich an einen Sachbearbeiter delegiert wird, der vor allem seine Mehrarbeit damit sieht, wird es schwierig. Tatsächlich sind auch Aktionen daran gescheitert, dass Kommunalpolitiker sie aus wahltaktischen Überlegungen abgelehnt haben. Die politische und gesellschaftliche Diskussion seit 2015 zeigt, dass nicht jedem Flüchtlinge willkommen sind, dass es Ängste und Vorbehalte gibt. Stoßen Ihre Aktivitäten auch auf offene Ablehnung? Das ist wirklich sehr marginal. Ich habe ein paar Mails oder Briefe bekommen. Aber nichts, bei dem ich sagen würde, dass es mich belasten würde. Auch an den Plakaten hat es so gut wie keine Schäden gegeben. | Interview: Jörg Schmihing

Hat das Thema Integration im Fokus: Thomas Brenner.
Hat das Thema Integration im Fokus: Thomas Brenner.
Die bei den Shootings entstandenen Aufnahmen werden – wie hier in Kusel – auf große Banner und Plakate gedruckt.
Die bei den Shootings entstandenen Aufnahmen werden – wie hier in Kusel – auf große Banner und Plakate gedruckt.
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