Frankenthal Jüdisches Gedenken: Projekt mit jungen Menschen schlägt Brücke in die USA

Immer wieder Anlaufpunkt von Nachfahren jüdischer Familien, die einst in Frankenthal lebten – der alte Teil des jüdischen Friedh
Immer wieder Anlaufpunkt von Nachfahren jüdischer Familien, die einst in Frankenthal lebten – der alte Teil des jüdischen Friedhofs.

Im Förderverein für jüdisches Gedenken erforschen engagierte Bürger die rund 250-jährige Geschichte der Juden in Frankenthal. Aus Anlass des 30-jährigen Vereinsbestehens sind mehrere Veranstaltungen geplant, unter anderem Führungen während der Kulturtage.

Tausende Texte und Fotos sind in einer digitalen Datenbank des Vereins gespeichert und stehen laut Presseinformation jedem interessierten Bürger zur Verfügung. Gabriele Steinmacher erfasste ab 1995 sämtliche im Einwohnermeldeverzeichnis vorhandenen Daten über die jüdischen Bürger. Später übersetzte sie für eine umfassende Foto-Dokumentation die hebräischen Inschriften der Grabsteine auf den beiden jüdischen Friedhöfen. Aufgrund dieser Sammlung kann der Förderverein immer wieder Anfragen von Nachkommen aus der ganzen Welt beantworten. Bei der Verlegung der sogenannten Stolpersteine, die an die jüdischen Menschen erinnern, waren bereits mehrere Überlebende sowie deren Kinder und Enkelkinder in Frankenthal. Inzwischen erinnern 109 Stolpersteine vor den Häusern und Wohnungen, in denen sie gelebt haben, an die jüdischen Opfer.

Projekt mit dem KG

Ein besonderes Projekt wurde vor einigen Tagen gestartet. Werner Schäfer, der sich seit Jahren mit dem Schicksal der jüdischen Großfamilie Schweitzer beschäftigt, stellte den Kontakt zwischen einer 17-jährigen Nachfahrin mit einer Arbeitsgruppe des Karolinen-Gymnasium (KG) her. Künftig soll das amerikanische Mädchen mit den Schülern eine eigenständige Kommunikation zum Thema „Lebenswelten junger Menschen in den USA und in Deutschland“ aufbauen. Betreuende Lehrerin ist Angela Langhans-Glatt.

„Ein Höhepunkt unserer Zusammenarbeit mit jungen Menschen war ein Projekt auf den Friedhöfen 2012“, erinnerte der Vorsitzende Herbert Baum bei der jüngsten Hauptversammlung des Vereins. „Junge Menschen aus Georgien, Russland, Aserbaidschan und Frankenthal beseitigten mit Unterstützung der Stadtverwaltung Sträucher, Efeu und andere Pflanzen. Die Grabsteine wurden dadurch wieder sichtbar.“

Gründer Fridolin Hauck

Herbert Baum gab einen Überblick über die Geschichte des Fördervereins. Fridolin Hauck, ein engagierter Vertreter einer dauerhaften Gedenkarbeit, lud 1992 zu einer Gründungsversammlung ein. Am 16. März 1993 wurde der Verein beim Amtsgericht angemeldet. Gründungsmitglieder waren unter anderem die Stadt Frankenthal sowie die Parteien SPD und CDU. Sie sind bis heute Mitglied im Verein. „Die Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung, den politischen Gremien und dem Förderverein hat Frankenthal eine beachtenswerte Entwicklung in der regionalen und überregionalen Erinnerungs- und Gedenkarbeit gebracht“, betont der Vorsitzendende.

Beigeordneter Bernd Leidig, seit vielen Jahren Vorsitzender des Altertumsvereins, erinnerte daran, dass die Straße, an der die Synagoge stand, in den 1960er-Jahren auch auf Betreiben des Vereins in Synagogengasse umbenannt wurde. Seit 1977 erinnert ein Gedenkstein in der Glockengasse an die von 1785 an bestehende jüdische Gemeinde in Frankenthal. Vor allem der frühere Oberbürgermeister Peter Popitz, dessen politische Kariere in Berlin begann, holte von dort bekannte jüdische Rabbiner und Mitglieder des Zentralrats der deutschen Juden nach Frankenthal. Die Ergebnisse eines vierjährigen Forschungsprojektes zum Thema „Frankenthal unterm Hakenkreuz. Eine pfälzische Stadt in der NS-Zeit“ wurden im Herbst 2004 als Buch veröffentlicht.

Als zuständiger Dezernent lobte Bernd Leidig die Zusammenarbeit mit Schulen als einen wichtigen Bestandteil der Vereinsarbeit: „Viele Klassen nutzen die Vorträge und Führungen sowie die Exkursionen in das ehemalige Konzentrationslager Struthof/Natzweiler im Elsass.“

Bei den Wahlen wurde Vorstand bestätigt: Vorsitzender Herbert Baum, Stellvertreter Rüdiger Stein und Kassierer Werner Schäfer. Neu ist Sylvia Schaich als Schriftführerin gewählt worden. Im Beirat bleiben Sieglinde Ganz-Walther und Jeanne Petermann. Zehn von 23 Mitgliedern waren anwesend.

Führungen an Kulturtagen

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Fördervereins finden während der Kulturtage drei Führungen statt: 30. Juni, 18 Uhr, Stolpersteine; 1. Juli, 17 Uhr, 250 Jahre jüdisches Leben in Frankenthal; 2. Juli, 15 Uhr, Jüdische Friedhöfe. Diese Führungen werden beim Europäischen Tag der jüdischen Kultur am 3. September wiederholt. In Kooperation mit der Volkshochschule informiert am 19. September Schäfer mit einem Foto-Vortrag über die beiden jüdischen Friedhöfe. Baum begleitet am 12. Oktober eine Exkursion in das NS-Dokumentationszentrum/Gedenkstätte KZ Osthofen. Die Gedenkveranstaltung zur Reichskristallnacht findet dann am 9. November statt.

Die Familie Schweitzer um 1900
Die Familie Schweitzer um 1900
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