Frankenthal „Man muss frühzeitig Alternativen entwickeln“

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„Man muss was tun, man darf nicht einrosten“, sagt Günter Lätsch. Der frühere Beigeordnete der Stadt Frankenthal, der mit seiner Frau in Eppstein lebt, meint damit nicht nur seinen Hobbysport. Er ist auch vielfach ehrenamtlich engagiert. Morgen, Sonntag, wird der FWG-Politiker 70 Jahre alt.

Voriges Jahr war er kurz davor, die Brocken hinzuwerfen – und seine Mitarbeit in der Mitgliederversammlung des Landesvereins für Innere Mission in der Pfalz einzustellen. Denn da erst sei klar geworden, in welch ernste wirtschaftliche Krise der Träger von Kliniken und Altenhilfe-Einrichtungen geraten sei. Bis dahin habe der Vorstand nicht ordentlich informiert, sagt Lätsch. „Wir sind aus allen Wolken gefallen.“ Probleme zu verdrängen – dass so etwas nicht gutgehen kann, weiß der Verwaltungsfachmann aus jahrzehntelanger Erfahrung. Die Arbeit in der Frankenthaler Stadtverwaltung hat er ab 1963 von der Pieke auf gelernt. 1995, als Leiter des Bauverwaltungsamts, wurde er von der FWG als Nachfolger des Beigeordneten und Sozialdezernenten Winfried Scheuber nominiert. Unterstützt von der SPD, setzte er sich erst im zweiten Wahlgang durch – gegen den CDU-Konkurrenten und späteren Oberbürgermeister Theo Wieder. 2003 wurde Lätsch vom Stadtrat dann einstimmig wiedergewählt; 2011 ging er als dienstältestes Mitglied des Stadtvorstands in den Ruhestand. „Man muss die Leute mitnehmen.“ So hat Lätsch einmal eine Grundregel seines politischen Handelns beschrieben. Im Zweifel durften es in Gremiensitzungen dann auch mal „ein, zwei kurze Vorbemerkungen“ mehr sein, um wirklich klar zu machen, worum es ging. Im Rückblick hebt er noch ein Zweites hervor: wie wichtig es sei vorauszudenken. „Man muss frühzeitig Konzepte und Alternativen entwickeln“, sagte der Beigeordnete a.D. Dabei könne man auch manches von den Erfahrungen anderer lernen. Als Beispiel nennt Lätsch den fachlichen Austausch mit der französischen Partnerstadt Colombes: „Beim Aufbau unserer stadtteilorientierten Jugendarbeit konnten wir uns dort einiges abgucken.“ Ob im Nordend, im Pilgerpfad oder in Eppstein/Flomersheim: Unter der Verantwortung des FWG-Beigeordneten gab es in der Jugendarbeit viele neue Initiativen. Mit Überzeugung hat er auch den Ausbau von Kindertagesstätten durchgezogen – „und ich bin froh, dass ich ein so gutes Team hatte“. Dass es wichtig ist, Betreuungs- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche zu machen, davon ist Lätsch heute mehr denn je überzeugt. Denn damit entstünden vertrauensvolle Beziehungen, die im Krisenfall hilfreich sein könnten. „Und es gibt leider Kinder, die haben zu Hause keinen Ansprechpartner.“ Krisensituationen hat auch der Politiker Lätsch einige erlebt. Er nennt beispielhaft den großen Zustrom von Asylbewerbern Anfang der 90er-Jahre, als sogar das Feierabendhaus als Notquartier aktiviert werden musste: „für 150 Männer, überwiegend aus Ex-Jugoslawien“. „Erschreckend“ nennt der 70-Jährige im Rückblick die Probleme, die sich daraus ergeben hätten. Konsequenz: Massenquartiere dieser Art sollte man „so schnell wie möglich“ wieder räumen, Flüchtlinge besser dezentral unterbringen. Als Krisenmanager ist der Eppsteiner nicht mehr aktiv, seine vielseitigen Erfahrungen aber sind weiter gefragt. So bestimmt er als Vorsitzender des Kuratoriums der Metzner-Stiftung maßgeblich mit, für welche Zwecke Stiftungserträge gespendet werden. Den Förderverein Hospiz Frankenthal und nördlicher Rhein-Pfalz-Kreis hat Lätsch mitgegründet, seit 2015 ist er dort Zweiter Vorsitzender. Dem örtlichen Vorstand der Freien Wähler gehört er seit 1995 an. Und wenn gerade kein Termin ansteht und das Wetter einigermaßen mitspielt, kann man Lätsch auch bei sportlichen Aktivitäten begegnen: als Langstrecken-Wanderer im Pfälzerwald oder auf dem Mountainbike. Denn: „Man muss was tun, man darf nicht einrosten.“ (spi)

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