Frankenthal Neues aus dem Tierheim: Wie es um die Weinbergs-Kangals steht und um den neuen Standort
Frau Jurijiw, aktuell ist Urlaubszeit in Rheinland-Pfalz. Viele Frankenthaler sind im In- und Ausland unterwegs. Merken Sie das auch im Tierheim?
Viele ausgesetzte Tiere gibt es nicht. Das hatten wir so im vergangenen Jahrzehnt nicht. Was man aber merkt, ist, dass in der Ferienzeit so gut wie gar keine Adoptionen mehr stattfinden, da die Menschen in Urlaub sind oder einen Urlaub geplant haben. Im Moment haben wir sehr viele Fundkatzen und Katzenbabys. Die könnten eigentlich vermittelt werden, aber es ist keiner da, der sie adoptiert. Außerdem kommen immer wieder Tiere nach. Es füllt sich wieder. Nach den Sommerferien kommen wieder Anfragen nach den Tieren.
Es kommt vor, dass Personen im Urlaub Hunde oder Katzen auf den Straßen sehen, ihnen ein Zuhause geben wollen und sie mitnehmen. Was raten Sie den Leuten?
Viele verstoßen dabei gegen die Einreisepflicht wegen fehlender, gültiger Tollwutimpfung. Sie schmuggeln die Tiere quasi hierher. Damit gefährden sie auch unsere Tiere. Dass es in südlichen Ländern oder in Osteuropa schlimm ist mit Straßentieren, darüber brauchen wir nicht sprechen, aber wenn man Tiere mitbringt, dann mit Bedacht. Das merken wir das ganze Jahr. Die Leute sehen irgendwas und müssen es haben. Dann schaffen sie sich ein Tier an. Und wenn es dann bei ihren neuen Besitzern ist, gibt es Probleme. Dann rufen sie im Tierheim an und geben es dort ab, weil das Tierheim in deren Augen für so etwas da ist. Ist es aber nicht!
Kurzum, es ärgert Sie, wenn Menschen so handeln?
Ja! Wenn Menschen sich ein Auto kaufen, überlegen sie sich drei Mal, welches Auto sie benötigen. Brauche ich einen Jeep? Wie ist das mit den Nebenkosten? Aber bei einem Tier? Da fragt kein Mensch.
Vor einem Jahr nahmen Sie eine trächtige Hündin und zahlreiche Welpen auf. Die Tiere wurden anschließend adoptiert. Haben Sie noch Kontakt zu den neuen Besitzern der Hunde?
Ich glaube, im Oktober hatten wir sie bereits abgegeben. Wir haben noch Kontakt innerhalb einer Whatsapp-Gruppe mit allen Besitzern. Da kann ich immer mitlesen.
Welche Informationen werden in dieser Gruppe ausgetauscht. Nur Bilder, oder werden auch Fragen gestellt?
Sie schicken Bilder, wenn sie in Urlaub sind, oder wenn der eine oder andere Hund mal ein Problem hat, wird gefragt, ob das auch bei anderen der Fall sei. Das ist eigentlich wie eine große Familiengruppe. Worüber wir uns alle gefreut haben, waren die Fortschritte, die Mira gemacht hat. Freud und Leid werden miteinander geteilt. Wirklich viel Leid gab es aber nicht bisher.
Wie haben sich die Platzverhältnisse entwickelt? Sie streben ja schon lange einen Umzug an.
Daran hat sich nichts geändert. Wir stehen nach wie vor im Austausch mit der Stadt wegen eines neuen Grundstücks. Das läuft auch. Es wird hier immer voller.
Was heißt Austausch in diesem Fall? Und was wäre Ihr Wunsch?
Dass wir hier eine schlechte Lage mit dem Tierheim haben, ist ja schon seit 20 Jahren bekannt. Ich kämpfe auch schon seit zehn, 15 Jahren dafür, dass wir einen neuen Standort bekommen. Hinter dem Strandbad haben wir ein Grundstück, das wir aber nicht bebauen dürfen, da es im Naturschutzgebiet liegt. Die Stadt haben wir daraufhin wieder daran erinnert, dass wir hier eine schlechte Lage haben und sich die Anwohner am Hundegebell stören. Die Verwaltung hat verlauten lassen, dass sie für uns ein neues Grundstück finden wird. Und das ist nun auch geschehen. Aber es gibt noch verschiedene Dinge mit dem Nachbarn zu klären und darüber, wie die Bebauung ist. Das zieht sich alles in die Länge. Es ist der Traum von uns allen, dass wir – irgendwo auf einer grünen Wiese – ein neues Tierheim bekommen, das funktionell ist und in dem man gut arbeiten kann.
Dann wären da aber noch finanzielle Probleme ...
Es ist so, dass wir eine Vereinbarung mit der Stadt Frankenthal haben, die zuständig ist für die Unterbringung von Fundtieren. Wir sind quasi der Dienstleister der Stadt. Und dann erwarte ich, dass unsere Ausgaben eins zu eins von der Stadt ersetzt werden. Doch die Kassen sind leer, es geht nicht. Vergangenes Jahr hatten wir ein Defizit von fast 50.000 Euro, das der Tierschutzverein aus eigener Kasse übernommen hat. Nun wird zumindest der Zuschuss etwas angehoben. In zwei Jahren soll es dann eine Null-auf-null-Rechnung sein. Warten wir mal ab.
Ein neuer Standort scheint ebenso gesichert wie eine Finanzspritze. Das sind doch eigentlich rosige Aussichten, oder?
Ja. Die Politik redet viel. Taten oder eine Anweisung auf unser Konto würden mir besser gefallen als Worte. Die Personen, mit denen ich gesprochen habe, sind bemüht. Sie waren sehr nett und auch verständnisvoll, aber ich freue mich erst, wenn ich das alles schwarz auf weiß sehe und wir eine Baugenehmigung für das Grundstück haben.
Wo sich das Grundstück befindet, wissen Sie bereits?
Ja, aber darüber kann ich nichts sagen.
Kommen wir zurück zur aktuellen Situation des Tierheims. Wie viele Tiere sind derzeit dort untergebracht und woher kommen sie?
Wir haben im Moment 55 Katzen, sechs Hunde, zwei Kanarienvögel, drei Nymphensittiche und drei Prachtrosellasittiche, also insgesamt zehn Vögel und 22 Kaninchen. Die meisten unserer Tiere sind entweder Fundtiere aus Frankenthal oder sie wurden vom Veterinäramt aus schlechter Haltung beschlagnahmt. Diese Fälle häufen sich in großem Maß. Da horten Personen Tiere und wir bekommen einen Anruf vom Veterinäramt, dass jemand 60 Katzen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung hält. Das haben wir zwei, drei, vier Mal im Jahr. Ein Tierheim alleine kann das alles gar nicht stemmen.
Wohin werden die Tiere gebracht, die sie nicht mehr in Frankenthal aufnehmen können?
Die umliegenden Tierheime haben untereinander eine Whatsapp-Gruppe. Da wir wollen, dass die Tiere irgendwo unterkommen, tauschen wir uns natürlich aus. Gerade, wenn das Veterinäramt Tiere sicherstellt, hat das auch einen Grund. Und dann können die ja kein Tier vor Ort lassen. Wir Heime improvisieren dann und arbeiten richtig gut zusammen.
Zur Person
Simone Jurijiw ist seit 25 Jahren ehrenamtlich für den Tierschutz tätig. 2005 wurde sie Vorsitzende des Frankenthaler Tierschutzvereins. Seit vier Jahren ist die 48-Jährige Tierheimleiterin und betreut mit weiteren Helferinnen und Helfern die rund 100 Tiere in der Einrichtung. Nicht nur während der Arbeit, auch zu Hause ist Jurijiw umgeben von Pfoten. Vier Katzen und einen Hund hat die Frankenthalerin. Häufig sind auch noch ein paar Pflegetiere zu Gast.