Frankenthal Wenn Tarzan mit Lady Gaga flirtet ...

Rhythmisch kaut Lady Gaga auf einem Heubündel und äugt über den Zaun. Dort balancieren Blacky und Tarzan geschickt auf Baumstämmen. Die drei Ziegen sind kurz vor den Herbstferien ins Tiergehege im Kleinen Wald gezogen. Wie hängt der Haussegen in der neu zusammengewürfelten Ziegen-WG? Wir haben reingeschnuppert.

Zehn große Hausziegen und vier Zwergziegen lebten bislang im Tiergehege, das der gleichnamige Verein seit seiner Gründung vor fünf Jahren ehrenamtlich versorgt. Daneben grasen auf dem 9000 Quadratmeter großen Areal sieben Schafe, 14 Laufenten flitzen durchs Gras, und eine elfköpfige Hühnerschar pickt eifrig nach Würmern. Als das neue Trio, das bislang beim Ehrenvorsitzenden-Paar Helmut und Kirsten Ziehl in Studernheim residiert hatte, hier einzog, hing anfangs der Haussegen schief – doch nur ein wenig. „Sie haben gekämpft und geschmust“, schildert Beisitzerin Marion Merzbacher, die ersten Kontakte zwischen den Paarhufern. Eine Ziegenherde habe eine Hierarchie. Die müsse neu festgelegt werden, wenn die Herde Zuwachs bekomme. Nun haben die Neuen und die Alten das meiste geklärt. Woran man das erkennet? „Als neulich der Sturm Fabienne kam, sind alle Ziegen gemeinsam in die Unterstände gegangen“, erklärt Beisitzer Veit Eismann. Wären die Neuen von der Herde noch nicht angenommen worden, hätten sie draußen bleiben müssen. Doch bis die Rangordnung vollständig geklärt sei, würden noch einige Wochen ins Land gehen, schätzt Eismann. Lady Gaga, die im Gehege der Hausziegen lebt, hält sich meist am Zaun auf. Denn gleich dahinter befindet sich das Gehege der Kleinziegen, in denen Blacky und Tarzan ihre Runden drehen. Die hübsche Ziegendame Lady Gaga mit ihrem schwarzen Streifen auf dem braunen Fell hat die beiden Artgenossen genau im Blick. Nur wenn ein Kind kommt und verlockend mit einer Schachtel Pellets klappert, lässt sie sich ablenken. Und streckt ihr Maul durch die Gitterstäbe. Dann ist Wotan schnell zur Stelle. Der schwarze Leitbock mit den mächtigen geschwungenen Hörnern ist der Chef. Wenn er mit den Vorderhufen drohend auf den Boden klopft, lassen ihm alle anderen den Vortritt. Die Schachteln mit energie- und eiweißreichen Pellets lagern in einem Spender am Spazierweg zwischen den Gehegen. Auf einer Tafel bittet der Verein um 50 Cent pro Schachtel. Die meisten Besucher sind ehrlich und legen Geld in die Kasse. Für die Besucher sei es schön, die Tiere zu füttern, meint Eismann. Der Futterspender würde rege genutzt – pro Jahr würden über 12.000 Schachteln aus dem Spender entnommen. Die Pellets erfüllen noch eine andere Funktion: Wer sie füttert, könne den Tieren nicht schaden. Das komme trotz der Hinweisschilder in fünf Sprachen immer wieder vor. „Wir haben schon verschimmeltes Brot, Kartoffelschalen und Kaffeesatz in den Gehegen gefunden“, berichtet Eismann. Falsches Futter führe bei seinen Schützlingen zu Verdauungsproblemen, was er an Durchfall und verklebten Kötteln erkennen kann. Einmal habe ein Schaf eingeschläfert werden müssen. Publikumsliebling Nummer eins ist Gisela. Die zutrauliche schneeweiße Hausziege ist die Klügste in der Runde. „Sie hat es schon geschafft, den Riegel am Tor zu öffnen“, erzählt Merzbacher und zeigt auf einen runden Knauf, der deutliche Bissspuren trägt. Seit der Verein eine zweite Verriegelung angebracht hat, kann auch die clevere Gisela nicht mehr ausbüxen. Und welche Tierart ist bei den Frankenthalern die beliebteste? „Unsere Ziegen“, weiß Merzbacher. Weil sie besonders zutraulich seien. Und sich kleinen Kindern gegenüber zurücknehmen würden. Als Beispiel schildert sie, wie ein Steppke Wotan am Bart gepackt hatte. Was sich der imposante Leitbock einfach so gefallen ließ. Die Empathie der Ziegen ist besonders gefragt, wenn Besuchergruppen mit Behinderungen kommen. Regelmäßig unternehmen Schüler des Pfalzinstituts für Hören und Kommunikation Ausflüge zum Tiergehege. Auch für Kitas und Schulen ist es ein beliebtes Ausflugsziel. Über 23 Aktionen und Projekte hat der Verein Tiergehege seit seiner Gründung begleitet. Was sich der Verein wünscht: Dass noch mehr Bildungseinrichtungen seine Angebote wahrnehmen. „Viele wissen nicht, dass man bei uns nicht nur Zaungast sein darf, sondern die Tiere auch streicheln, füttern und ausmisten kann“, so Merzbacher. „In der Stadt Frankenthal sind wir die einzige Attraktion im Tierbereich, dazu noch kostenlos“, verdeutlicht Eismann den Stellenwert für die Natur- und Umweltpädagogik. Und dafür, so sein Wunsch zum fünfjährigen Vereinsbestehen, könne man noch mehr helfende Hände gut gebrauchen. 230 Mitglieder zählt der Verein. Den harten Kern bilden zehn Naturfreunde, die sich bei der Tierpflege abwechseln. Heute sind alle Aktiven gefordert. Die neue Heulieferung ist eingetroffen: 200 Ballen mit einem Gesamtgewicht von drei Tonnen. Die Helfer arbeiten im Akkord, wuchten die Ballen auf Schubkarre und Leiterwagen. Während sie das Schaf- und Ziegenfutter für die nächsten drei Monate in den Lagerraum balancieren, spazieren die letzten Besucher des Tages durch die Dämmerung und schließen Bekanntschaft mit den Neuen in der Ziegen-WG. KONTAKT Weitere Informationen unter Telefon 06233 3468492 oder im Internet unter www.tiergehege-frankenthal.de.

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