Frankenthal „Wollen eine Bürgerpolizei sein“

Herr Schmitt, werden Sie es vermissen, künftig selbst bei Großeinsätzen auf der Straße zu sein?

Ja. Ich habe zehn Jahre lang Fußballeinsätze in Kaiserslautern geleitet. Im Präsidium Ludwigshafen waren es dann die großen Einsätze bei den Gasexplosionen in Harthausen und Edigheim. In diesen stressigen Situationen lernt man Menschen besser kennen als im Arbeitsalltag. Mit dem Ludwigshafener Feuerwehrchef Peter Friedrich ist aus der Zusammenarbeit eine Freundschaft entstanden. Sind Sie als Inspekteur künftig mehr Politiker als Polizist? Nein, ich werde Polizist bleiben. Der Inspekteur ist so eine Art Chef-Lobbyist der Polizei. Was sind dessen Kernaufgaben? Die Tätigkeit hat viel mit größeren Polizeieinsätzen im Land zu tun, wie etwa bei der Hooligan-Demonstration in Ludwigshafen. Da müssen Polizeikräfte aus dem ganzen Land und den Nachbarbundesländern zusammengezogen werden. Inspekteur klingt irgendwie ungelenk und altbacken. Wie sieht der Job aus? Da haben Sie recht. Der Inspekteur vertritt die rheinland-pfälzische Polizei in bundesweiten Gremien, die sich mit der Zusammenarbeit der Länder und des Bundes in Polizeiangelegenheiten befassen. Der Inspekteur kümmert sich auch um die Innere Führung – das Leitbild der Polizei. Wie sieht denn Ihr Leitbild aus? Wir wollen eine Bürgerpolizei sein und Bürger miteinbeziehen. Auch die interne Menschenführung soll nicht mehr allein nach dem Prinzip Befehl und Gehorsam funktionieren. Auch in Rheinland-Pfalz findet Polizeiarbeit zunehmend unter Spardruck statt. Die Folge sind Personalprobleme oder auch räumliche Enge und fehlende Ausrüstung. Werden Sie daran als Mann der Praxis etwas ändern? Da unterliegen wir als Polizei dem Primat der Politik. Ich bin aber sehr froh, dass das Innenministerium in den kommenden Jahren bis zu 500 neue Polizisten einstellen will. Das wird uns massiv helfen. Ich bin auch froh, dass wir zwei zusätzliche Islamwissenschaftler bei der Polizei bekommen. Bisher gab es nur einen. Warum sind zwei zusätzliche Islamwissenschaftler wichtig? Es gibt eine internationale Bedrohungslage durch islamistischen Terrorismus. Wir brauchen fachkundige Menschen, die uns erklären, was da überhaupt passiert und welche Auswirkungen das für die vielen Tausend friedlichen Muslime in unserem Land hat, die ihre Religion ausüben wollen. Die Wissenschaftler können uns viel erklären und Missverständnisse beseitigen. Ihre Amtszeit in Ludwigshafen war kurz, aber intensiv – war das Präsidium Rheinpfalz letztlich nur eine Art Durchlauferhitzer für Ihre weitere Karriere? Nein, das lässt sich nicht vorplanen. Ich war sehr froh, als ich als Präsident nach Ludwigshafen kam. Ich habe hier als junger Mann als Streifenbeamter begonnen. Und hier gibt es immer noch viele junge Leute. Das Präsidium ist im Umbruch. In den 16 Monaten meiner Amtszeit sind 28 Leitungsfunktionen neu besetzt worden. Viele ältere Kollegen sind gegangen, jüngere nachgerückt. Die Jungen haben viele Ideen. Die gilt es zu fördern. Polizisten werden in ihrem Arbeitsalltag zunehmend Opfer von Gewalt. Sie haben das Thema als Polizeipräsident in den Fokus gerückt. Werden Sie das auch als Inspekteur tun? Diese Aufgabe gehört elementar zum Job des Inspekteurs. Ich werde mich sicher weiter damit beschäftigen. Respektlosigkeit und Gewalt sind ein gesamtgesellschaftliches Problem. Das spüren nicht nur Polizisten, sondern auch Institutionen wie Arbeitsämter oder Schulen. Für die Polizei heißt das: Wir müssen uns gut schützen, da wird es im Einsatz künftig auch Kameras am Körper geben, die alles filmen, Stichwort „Bodycam“. Aber das ist nur ein Punkt. Ein anderer ist die Kommunikation. Was meinen Sie damit? Wir wollen etwa versuchen, die Sprachkompetenz bei einem Einsatz bei Familien mit Migrationshintergrund zu verbessern. Wir brauchen bessere Kulturkenntnisse. Ein Beispiel: Wenn Leute verlangen, dass wir beim Betreten der Wohnung die Schuhe ausziehen. Dann müssen wir wissen, das ist kein Affront, sondern gehört in diesem Kulturkreis einfach dazu. Deshalb haben wir ein entsprechendes Projekt in Germersheim gestartet. Das wird von der Uni Landau wissenschaftlich begleitet. Heißer Kandidat für Ihre Nachfolge ist Thomas Ebling (55), der Bruder des Mainzer Oberbürgermeisters. Wird er der „Neue“ im Präsidium Rheinpfalz? Die Stelle wird ausgeschrieben. Da können sich alle Kollegen mit entsprechenden Voraussetzungen Hoffnungen machen. Ich kenne Thomas Ebling ganz gut und weiß, dass er sich bewerben wird. Er ist ein ganz erfahrener Polizeibeamter. Er war Stellvertreter im Mainzer Präsidium, war im Innenministerium – er hätte also die Erfahrung, die man braucht. Zum Schluss noch eine Satzergänzung: Ein guter Polizist ist für mich … … jemand, der sich ständig kritisch hinterfragt und sich so verhält, wie man es von anderen erwartet.

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