Grünstadt Annäherung an die Perfektion

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Die protestantische Kirche in Kirchheim ist an diesem Donnerstagnachmittag ein Ort höchster Konzentration, eine Stätte der Inspiration und vor allem ein Arbeitsplatz für die Mitglieder des Kirchheimer BachConsorts, das 2008 von Dominik Wörner gegründet wurde. Die RHEINPFALZ hatte die Gelegenheit, bei den Probearbeiten für die Epiphanias-Kantaten von Christoph Graupner dabei zu sein, die heute und morgen zusammen mit der Bauernkantate BWV 212 von J.S. Bach in einem Konzert des Kirchheimer Konzertwinters zu hören sein werden.

KIRCHHEIM. Ein Großteil des Ensembles ist versammelt, um die Probenarbeit, die schon den zweiten Tag lang läuft, fortzusetzen. Dominik Wörner hält sich zunächst im Hintergrund, er wird gerade nicht gebraucht. Kai Wessel (Altus) und Georg Poplutz (Tenor) gehen Passagen aus den Kantaten mit dem Ensemble durch. Dessen energische Leitung hat Konzertmeisterin Sirkka-Liisa Kaakinen-Pilch an der Violine. Die Finnin gibt ihre Anweisungen in englischer Sprache, überhaupt tauschen sich Musiker und Sänger, wenn es um Fachliches geht, in der Weltsprache aus. Dazwischen fällt der eine oder andere Scherz, im Wechsel in Ungarisch, Russisch und auch in Deutsch. Zu spüren ist. Die Musiker, die zwar nicht dauerhaft in dieser Besetzung zusammenarbeiten, kennen sich seit Jahren, die Chemie stimmt, die kleinen Auflockerungen dienen der Sache, der ständigen Verfeinerung des musikalischen Eindrucks. Die Epiphanias-Kantaten von Graupner schlummerten lange in den Archiven, es gab nur die Original-Noten, die als Vorlage für die neu geschaffene Partitur und die Einzelstimmen der Musiker dienten, wie Wörner am Rande erläutert. „Das ist auch der Grund, warum das Konzert aufgezeichnet wird, es ist in keinen Musikarchiv als Aufnahme vorhanden“, informiert er. Und so probieren die Musiker gemeinsam mit den Sängern die einzelnen Passagen durch, verfeinern hier und dort, nehmen sich die Zeit zu wiederholen und zu verändern. Kai Wessel, beispielsweise erklärt Marc Hantai (Flauto traverso/Flaute d’amore) und Martin Stadler (Barock-Oboe, Oboe d’amore) warum er eine gewisse Stelle im Stück anders betonte, länger ausgespielt haben möchte. Es geht darum die Aussprache dem instrumentalen Klang anzugleichen. Die Musiker machen sich Einzeichnungen, die Continuo-Gruppe greift die Änderung auf, passt ihrerseits an. Mal wird das diskutiert, dann erst variiert, mal ist gleich alles klar. Jeder erklärt seine Intension, das Ergebnis ist in der Wiederholung der Passage sofort hörbar, die nächste Stelle oft nur wenige Takte weiter wird angepackt. Eindrucksvoll ist auch die Arbeit der Streicher vor allem Irina Kisselova, die zweite Violinistin, folgt mit den Augen ständig dem Bogen von Konzertmeisterin Sirkka-Liisa Kaakinen-Pilch. Die Annäherung bei Unisono-Stellen kann nur mit dem Wort Perfektionismus beschrieben werden. Winzige Nuancen werden hier ausgefeilt – grandios eine solche Feinarbeit beobachten zu dürfen. Das weckt die absolute Vorfreude auf die beiden Kantatenkonzerte. Die Konzerte Johann Sebastian Bachs berühmte Bauernkantate und mehrere Epiphanias-Kantaten von Christoph Graupner in farbiger Besetzung mit barocker Instrumentierung des Orchesters sind in der protestantischen Sankt-Andreas-Kirche beim Kantatenkonzert des Kirchheimer Konzertwinters am heutigen Samstag und am morgigen Sonntag um 15 Uhr zu hören. Der Eintritt zu diesen Konzerten ist frei, Spenden werden erbeten.

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