Grünstadt Begeisternd, aber nicht ganz überzeugend

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Die jungen Sänger der Christopherus-Kantorei aus dem baden-württembergischen Altensteig, nicht zum ersten Mal in Grünstadt, müssen dem hiesigen Publikum bestens gefallen haben. Denn ein volles Haus erwartete den Chor am Pfingstmontag. Und das will angesichts der Größe der Martinskirche schon etwas heißen. Klarer, strahlender, kraftvoller Gesang erfreute die Zuhörer. Dieser Eindruck war die Hauptsache, auch wenn der eine oder andere interpretatorische Wunsch offen blieb.

Ihren Einstand gab die stattliche, von Michael Nonnenmann geleitete Sängerschar mit einem prachtvollen Chor von Felix Mendelssohn-Bartholdy: „Jauchzet dem Herren, alle Welt“. Klanglich klarer, exakter in Einsatz, Intonation und Rhythmik kann ein Chorkonzert kaum beginnen. Leuchtend und stark brachten sich die Mädchenstimmen zur Geltung. Tenor und Bass legten ein Klangfundament, das angemessen und ausreichend war, solange die Christopherus-Kantorei vierstimmig sang, aber etwas dünn wurde, sobald doppelchörige Sätze erklangen. Dann schienen einzelne Passagen nur von einem Sänger gesungen zu sein, obwohl wesentlich mehr da waren. Und das nicht, weil dieser einzelne sich etwa überlaut vorgedrängt hätte. Es folgten zwei geistliche Sätze von Heinrich Schütz. In „Die Himmel erzählen“ setzte Nonnenmann ganz auf große, weite Klangbögen, auf strahlende, im Raum hallende Lautstärke. Hier hätte man sich etwas mehr kleingliedrige Herausarbeitung der im Texte gegebenen Affekte, einen dynamisch etwas differenzierteren Gesamtklang wünschen dürfen; gleichwohl: Die jungen Leute sangen auch hier wunderschön. Dann: Johann Sebastian Bachs große doppelchörige Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“. Eine sehr schöne, schwungvolle Bewegung geht durch die beiden Chöre, der Vortrag ist lebhaft und klar, die Soprane strahlen. Insgesamt lässt der Dirigent aber zu forciert singen. Hier wäre eine etwas mildere Tongebung mehr gewesen. Uneingeschränkte Bewunderung verdient der Chor aber für die Geschlossenheit und Präzision des Vortrags. Auch in den raschesten Passagen gab es kein Stocken; die Töne sprachen klar und klangvoll an. Das galt auch und besonders für den höchst komplexen Abschlusssatz „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“, der in leuchtender Präzision strahlte, allerdings auch so schnell gesungen wurde, dass er deswegen fast ohne Ausdruck war. Aber bewundernswert virtuos. Nach diesem Kraftakt hatte der Chor eine Pause verdient. Susanne und Eberhard Schuler-Meybier – sie Organistin, er Tenor – füllten sie von der Empore aus mit zwei schlicht deklamatorischen geistlichen Gesängen von Anton Dvorak. Sie taten das klangschön und tadellos. Dann wieder Mendelssohn von der Kantorei: Gediegen und leuchtend sang sie Kyrie, Gloria und Credo aus einer deutschen Messe. Der künstlerische Höhepunkt des Konzerts war die Motette „Wie liegt die Stadt so wüst“ von Rudolf Mauersberger, gleich nach dem Krieg im Angesicht der unermesslichen Zerstörungen geschrieben. Großartig: ein ganz sachter, spannungsvoller Beginn. Stark sind hier die Bässe. Das ist zart, transparent, es lärmt nicht; es bezwingt den Hörer durch bis zum Schluss durchgehaltene Spannung – bis zum vielfältig differenzierten Abstieg ins Piano am Ende. Daskann man sich kaum besser vorstellen. Erneut ein Mendelssohn-Chorsatz, dann eine unterhaltsame, etwas oberflächliche Orgel-Toccata von Theodor Dubois, vom Chor ein mildes, klares Vater unser von Duruflé, ein zu lautes Abendlied von Rheinberger und schließlich durchweg schwungvoll gesungene neuere Kompositionen. Die als Zugabe gebrachten Spirituals machten dem Publikum besonders viel Freude.

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