Grünstadt Bis alles rundläuft, muss getüftelt werden

GRÜNSTADT. Noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen hat der Klärschlammreformer auf dem Gelände der Grünstadter Kläranlage. Das Pilotprojekt, das Ende 2014 seinen Probebetrieb aufgenommen hat, wird deshalb ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant, zum 31. Mai, vom Hersteller, der Firma Thermo-Systems aus Filderstadt, in die Verantwortung des Entsorgungs- und Servicebetriebes Grünstadt (EBG) übergeben.

Dies sei einvernehmlich vereinbart worden. Erst dann beginne auch die Garantiezeit, erklärten Stadtwerke-Chef Albert Monath und der Technische Leiter des EBG, Steffen Albert, auf Anfrage der RHEINPFALZ. Beim Ortstermin steht die Anlage, in der eigentlich rund um die Uhr der zuvor solargetrocknete Klärschlamm verglühen und Wärme sowie phosphathaltigen Dünger liefern soll. Zwei Techniker von Thermo-Systems sind am Werkeln. Sie seien seit Beginn des Probebetriebs fast ständig vor Ort, sagt Albert. Das ist kein Wunder: Denn diese Art der Verarbeitung von Klärschlamm ist Neuland. Aber zukunftsträchtig. Denn für die Klärwerke ist die Entsorgung des Schlamms eine teure Geschichte (Kosten: 40 bis 50 Euro pro Tonne), und die bisher übliche Ausbringung auf die Äcker ist ein Auslaufmodell. Absehbar sei auch, dass die Phosphorrückgewinnung gesetzlich vorgeschrieben werde, sagt Monath. Dann entfällt auch die Möglichkeit, den Schlamm zum Beispiel in Zementwerken zu verbrennen. Der Rohstoff Phosphor ist endlich, und über Rückgewinnungsanlagen wie die in Grünstadt könnten 50 Prozent des Bedarfs gedeckt werden. Das Pilotprojekt, dessen Errichtung vom Land mit knapp 440.000 Euro gefördert wurde – bei Gesamtkosten von rund 900.000 Euro – stößt deshalb auf immenses Interesse, nicht nur in der Nachbarschaft, wie etwa bei den Werken der VG Grünstadt-Land, sondern auch überregional: „Nur Japaner waren noch nicht da.“ Dass ständig an der Anlage gearbeitet wird, bedeute nicht, dass sie nicht funktioniert. Wie so oft steckt der Teufel im Detail: Es habe sich gezeigt, dass manche Materialien nicht die richtigen oder dem Dauereinsatz nicht gewachsen waren und deshalb ausgetauscht werden mussten, erläutern Monath und Albert. Die Kosten für Reparaturen und Austausch übernehme Thermo-Systems. Der Knackpunkt beim Klärschlammreformer ist die Verbrennung: Es sei nicht so einfach, die ideale Temperatur zu halten, erläutert Albert. Die Phosphat-Asche habe deshalb noch nicht den angestrebten Gütezustand, enthalte noch Restkohlenstoff: „Der Dünger soll aber rein mineralisch sein.“ Zu heiß darf es aber auch nicht werden, denn sonst sei der Phosphor „wie eingekapselt“, er ist schwer löslich und die Pflanzen können die Nährstoffe nicht erschließen. Auch daran wird noch herumgetüftelt. Damit die Verbrennung optimal läuft, muss alles aufeinander abgestimmt sein – und zwar nicht erst im Reformer: Denn eine Station im Klärprozess sind die Faultürme, in denen der Klärschlamm nach der mechanischen und der biologischen Reinigung „ausfault“. Das dabei anfallende Methan, ein sehr schädliches Treibhausgas, entweicht nicht in die Luft, sondern wird im Blockheizkraftwerk verbrannt. Dabei entstehen elektrische Energie und Wärme, die in der Kläranlage genutzt werden. Die Wärme unterstützt zum Beispiel die Klärschlammtrocknung in der Solartrockenanlage. „Wir dürfen im Faulturm aber nicht das letzte bisschen Gas rausholen: Denn sonst stimmt die Verbrennung im Reformer nicht mehr“, erläuterte der Technische Leiter die diffizilen Prozesse. „Wir wollen ein zertifiziertes Düngemittel“, betont Monath. Das kann dann verkauft werden: Statt für die Klärschlammentsorgung zu zahlen, hofft der EBG auf Einnahmen, sodass sich die Anlage einmal selber trägt. Bis Ende Mai sollen die Kinderkrankheiten behoben sein, der Klärschlammreformer dann weitgehend automatisch laufen, sodass nur noch ein- bis zweimal am Tag eine Kontrolle durch die Klärwerker nötig ist.

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