Grünstadt Eine magische Einheit

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Die letzte Veranstaltung des 26. Kirchheimer Konzertwinters fiel auf einen strahlend blauen Frühlingstag: Die Vögel sangen, die Mandelbäume blühten, es war erst vier Uhr nachmittags, aber die Kirchheimer Protestantische Kirche war voll besetzt, Schiff und Empore. Offenbar wissen die Musikliebhaber, was sie an dieser Reihe haben.

Sie wurden nicht enttäuscht. Ein Liederabend mit Werken von Franz Schubert, nur Schubert! Würde das nicht etwas eintönig? Keineswegs! 20 Lieder sang Dominik Wörner, begleitet von Graham Johnson am Klavier. Ein Zugabe mochte man gar nicht zumuten, nach solch einem Marathon. Die Künstler aber zeigten keinerlei Müdigkeit und spendeten sogar zwei Zugaben, „An die Leier“ und das wohlbekannte „An die Laute“, das einen munteren Abschluss bildete. „Ach, wie fühlt“ ich mich beglückt!“ war das Motto des Abends, ein Zitat aus Friedrich Schillers Gedicht „Sehnsucht“. Die Sehnsucht beglückt, aber „dass mir in der Seele graust“ bewirken die Hindernisse. Und so war der erste Teil des Konzerts düster mit einigen Aufhellungen. „Das Leben wälzt sich murrend fort“, beginnt das erste Lied, danach wird von Seufzern, Stöhnen, Weh und Ach gesungen, man fährt zum Hades, hadert mit den Göttern, Tod und Abschied drohen und die Nebel drücken. Aber die Gedichte stammen von Schuberts engem Freund Johann Mayrhofer, kongenial mit Schuberts Musik, von Friedrich Schiller („Gruppe aus dem Tartarus“ und „Sehnsucht“), von Goethe („Prometheus“). Nach der Pause werden die Themen eher nautisch, es geht um Flüsse, um Schiffer, um Seen und Fischer und um Lieder „Auf dem Wasser zu singen“ (Text: Friedrich Stolberg), überwiegend von Mayrhofer und Goethe. Unterbrochen wird das Wasserthema von Liedern mit Texten von Friedrich Rückert, hier geht es um die Liebe, auch um Sehnsucht, Schmerz und Tränen, schließlich sind wir tief in der Romantik und das Gefühl bedeutet alles. Zartheit und Leidenschaft, Glück und Schmerz, „Die Sehnsucht Du und was sie stillt“, die Welt der Innerlichkeit und der Gefühle ist die der Lieder Schuberts. Die Natur, die Wälder und Wässer, das Brausen der Stürme und der Hauch der Düfte und Lüfte sind in seinen Liedern zu erleben. Der Bassbariton Dominik Wörner kann all diese Stimmungen ausdrücken, schwärzester Bass koloriert den Untergang, helle, fast tenorale Töne beschreiben das lachende Herz. Nicht nur der große Stimmumfang, auch die perfekte Intonation und Artikulation, die Dynamik, der Reichtum der Nuancen verleihen in seinem Vortrag den Liedern Ruhe und Dramatik. Der ganze Umfang der aufgewühlten Gefühlswelt kam in seinem Gesang zur Darstellung – mit der perfekten Begleitung durch Graham Johnson. Alle Ausdrucksmittel der Stimme hatte auch das Piano, sie bildeten eine magische Einheit. Das ist kein Wunder, denn Johnson ist ein erfahrener und hochkarätiger Begleiter, tätig unter anderen im Mekka der Kammermusik, der Londoner Wigmore Hall. Wörner gilt ebenfalls international als hervorragender Liedsänger und ist seiner Pfälzer Heimat sehr verbunden. Er ist auch der Mitbegründer der Biennale „Kirchheimer Liedersommer“, die die Musikfreunde im kommenden Jahr wieder beglücken wird.

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