Eisenberg Fledermaus-Experte im Interview: Warum die Segler der Nacht so wichtig sind

Das Gebiß der Fledermausart „Das Große Mausohr“.
Das Gebiß der Fledermausart »Das Große Mausohr«.

Mit Vorträgen oder Veranstaltungen wie der „Batnight“ setzt sich der Nabu Eisenberg-Leiningerland immer wieder für die Belange der Fledermaus ein. Im Interview mit Bettina Bostan erzählt uns Nabu-Experte Niklas Kukat Wissenswertes über die Segler der Nacht und warum es gut ist, dass es sie gibt.

Herr Kukat, wie sieht das typische Jahr einer Fledermaus aus?
Fledermäuse, gerade in unseren Breiten, richten sich stark nach den Jahreszeiten. Um die nahrungsarme Zeit zu überstehen, halten die Tiere in entsprechenden Quartieren von Oktober bis März Winterschlaf. Ab März/April erwachen die Tiere und wandern zu ihren Sommerquartieren. Einige Arten, wie etwa die Rauhautfledermaus, wandern dabei bis zu 2000 Kilometer! In den sogenannten Wochenstuben gebären die Weibchen gemeinsam ihre Jungen und ziehen ihren Nachwuchs auf. Dieser wird recht schnell groß, um sich bereits im August bis Oktober, wie die adulten Tiere, einen Winterspeck anfressen zu können. Ab September beginnt die Schwärmzeit. An besonderen Quartieren treffen sich die Fledermäuse und schwärmen vor den Eingängen. Verpaarte Weibchen konservieren das Spermium und die Eizelle wird erst im nächsten Frühjahr, nach dem Winterschlaf, befruchtet.

Wofür sind Fledermäuse nützlich?
Fledermäuse besetzen viele unterschiedliche ökologische Nischen. So sind viele Arten, wie etwa die Fledermäuse bei uns, Insektenfresser, die Schädlinge vertilgen und somit für die Gesundhaltung unserer Wälder, Felder und Wiesen sorgen. Eine Forschungsgruppe hat diese sogenannten Ökosystemdienstleistungen versucht in einen geldwerten Vorteil umzurechnen und kam auf über 25 Milliarden US-Dollar pro Jahr allein für die US-amerikanische Landwirtschaft. Andere Fledermausarten sind aber auch Bestäuber und Früchtefresser und sorgen somit für die Befruchtung und Ausbreitung dieser Pflanzen, von denen wir beispielsweise Bananen, Avocados oder Mangos ernten.

Wie viele Arten gibt es?
Weltweit gibt es rund 1400 Arten. Das ist etwa ein Viertel aller Säugetierarten und nach den Nagetieren die zweitgrößte Artengruppe. Da immer noch neue Arten entdeckt werden, ist die Tendenz steigend. In Deutschland gibt es 25 Arten, wovon wiederum 22 Arten bei uns in Rheinland-Pfalz nachgewiesen sind und mindestens 17 Arten reproduzierende Populationen bilden, also hier heimisch sind.

Welche Arten sind vom Aussterben bedroht und wodurch?
Alle europäischen Fledermäuse sind streng geschützt, da vor allem in der Vergangenheit die Bestände in Europa stark zurückgegangen sind. Einige Arten haben sich erholt, bei anderen nehmen die Bestände weiterhin ab. Die am Anfang des 20. Jahrhunderts bei uns noch häufigen beiden Hufeisennasen sind in Rheinland-Pfalz ausgestorben. Auch das Graue Langohr ist derzeit vom Aussterben bedroht und seine Bestände nehmen weiterhin ab.

Gründe für die Abnahme der Fledermausbestände sind Quartierschwund, insbesondere durch die Sanierung von Gebäuden oder das Fehlen von Baumhöhlen durch eine intensive Bewirtschaftung von Wäldern, aber auch das Verschwinden geeigneter Jagdhabitate durch die industrielle Landwirtschaft und die Homogenisierung der Landschaft, aber auch das Insektensterben und der übermäßige Einsatz von Pestiziden sorgen für einen Nahrungsmangel der Tiere. Verstärkt werden diese Probleme zusätzlich durch die Klimaveränderung, sodass beispielsweise Fledermausquartiere zu heiß für die Tiere werden.

Wie sehen Schutzmaßnahmen im eigenen Garten aus?
Über naturnahe Gärten mit nachtblühenden Pflanzen, wie etwa Kornblume, Nachtviole, Klatschmohn oder Nichtnelke freuen sich Fledermäuse. Die Pflanzen ziehen Insekten an, die von den Fledermäusen gefressen werden.

Können sie umgesiedelt werden, wenn man Fledermäuse beispielsweise im Dach hat?
Eine Umsiedlung von Fledermäusen ist oft schwierig und wird nur in den seltensten Fällen durchgeführt, wenn keine andere Alternative besteht. Sollte man sich von dem Kot gestört fühlen, hilft es auch Kotbretter, ähnlich wie bei Schwalben, zu installieren. Fledermäuse nutzen nur vorhandene Spalten und Höhlungen, sie beschädigen also nicht die Bausubstanz von Gebäuden und beißen/graben sich nirgendwo rein. Dafür wäre auch ihr Gebiss viel zu sensibel. Es geht auch keine höhere Infektionsgefahr von den Tieren aus als bei anderen Wildtieren.

Wie kann man sich ehrenamtlich für Fledermäuse engagieren?
Der Nabu Rheinland-Pfalz bietet entsprechende Workshops, um sich zum Fledermauspfleger, -botschafter oder -kundler weiterbilden zu lassen. Das Ehrenamt erfasst eigenständig Fledermausbestände, bietet Veranstaltungen an, wie die internationale Fledermausnacht (Batnight), versorgt Fledermausfindlinge und berät bei Sanierungen mit Fledermausbetroffenheit.

Zur Person

Niklas Kukat ist bei der Nabu-Koordinationsstelle für Fledermausschutz Rheinland-Pfalz aktiv. Mehr Infos zu den Tieren gibt es über die Nabu-Webseite oder per E-Mail (fledermaus@nabu-rlp.de).

Niklas Kukat, hier bei einem Vortrag in Eisenberg.
Niklas Kukat, hier bei einem Vortrag in Eisenberg.
Die größte Fledermaus, die in der Region vorkommt: das Große Mausohr.
Die größte Fledermaus, die in der Region vorkommt: das Große Mausohr.
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