Obrigheim Rock im Hinterland

2023 beim Rock im Hinterland dabei: Haggefugg.
2023 beim Rock im Hinterland dabei: Haggefugg.

Rock im Hinterland steht wieder vor der Tür. Bei dem traditionsreichen Festival werden diesmal nicht nur acht Bands auf dem Obrigheimer Stoppelacker auftreten. Die Organisatoren haben noch etwas ganz Besonderes auf die Beine gestellt.

Seit vergangenem September läuft bereits der Kartenvorverkauf für die Kult-Veranstaltung Rock im Hinterland. „Die Early-Bird-Tickets waren in wenigen Tagen ausverkauft“, erzählt Cornelius Oster aus dem Vorstand des Festival-Vereins. Dabei handelt es sich um sehr preisgünstige Eintrittskarten, von denen zu Beginn 100 Stück angeboten wurden. Die Käufer wussten allerdings nicht, worauf sie sich einlassen, denn das Programm war zu dem Zeitpunkt noch eine Blackbox. Seit diesem anfänglichen Run hat sich aber noch nicht viel getan, der Absatz ist äußerst mau. Aber der 44-Jährige und seine Mitstreiter lassen sich davon nicht beunruhigen. „Das ist jedes Mal so. Die heiße Phase beginnt erst jetzt“, sagt er.

Neu ist, dass die Besucher noch mehr Auswahl haben. Erstmals lässt sich im Vorfeld auch ein Tagesticket für jeweils 30 Euro besorgen. Das gab es zuvor nur an der Abendkasse – heute zusätzlich auch noch, aber teurer. Finanziert ist das zweitägige Open-Air-Event erst, wenn mehr als Zweidrittel der Karten an den Mann oder die Frau gebracht worden sind. Möglichst sollte aber noch ein kleiner Überschuss als Grundstock für die nächste Saison erwirtschaftet werden. Das wird zunehmend schwieriger, weil die Kosten steigen. „Im Vergleich zu 2004 sprechen wir vom drei- bis vierfachen Aufwand“, so Oster. Andererseits möchte der rund 150 Mitglieder starke Verein die Preise nicht entsprechend anpassen, denn schließlich soll sich jeder das Abrocken auf dem Acker leisten können. „Zum Glück haben wir Sponsoren“, verweist der Physik-Ingenieur auf ein paar lokale Unternehmen. Er betont: „Ohne die ginge es nicht.“ Leider müsste man, wie bereits 2023, auf die wertvolle Unterstützung durch den Kultursommer Rheinland-Pfalz verzichten. „Wir bemühen uns aktuell, zumindest 2025 einen Zuschuss zu erhalten“, sagt Oster.

Erstmals Pfälzer Abend

Für das in wenigen Tagen startende Festival konnten aber auch ohne Landesmittel acht Bands engagiert werden, darunter international erfolgreiche. Und darüber hinaus wurde das Event noch erweitert. „Wir haben erstmals einen Pfälzer Abend vorgeschaltet“, berichtet der 44-Jährige, der seit 2013 im Vorstand mitwirkt. Am Donnerstag vor dem traditionellen Rock im Hinterland stehen zwei Lokalmatadore auf der Bühne, die „nadierlich uff Pälzisch babbeln tun“: der aus Grünstadt stammende Sänger und Gitarrist Alex Lützke mit seinem Solo-Programm „Yo Allerdann“ und die Anonyme Giddarischde aus Frankenthal. „Das ist gedacht als Warm-up-Party für die Gäste, die schon einen Tag vor dem Festival anreisen“, erläutert Oster die Idee, die im Organisationsteam erst gereift war, nachdem das eigentliche Programm schon stand. Zudem wolle man dem etwas älteren Publikum die Chance bieten, die besondere Atmosphäre von Musik weit draußen auf dem Feld zu genießen. Dazu sorgt der Verein für zünftige Verpflegung mit Saumagen-Bratwurst und Schorle, „wie sich das gehört“. Die Tickets sind losgelöst von Rock im Hinterland, müssen an dem Abend vor Ort gesondert gekauft werden.

Freitag und Samstag werden etwa neun Stände Speisen und Getränke sowie Kleinigkeiten wie Schmuck und Tattoos offerieren. Letzteres hat auch Premiere: „Das gab es noch nie, dass sich die Leute auf dem Acker tätowieren lassen konnten“, sagt Oster. Die SG Unteres Eistal bereitet an beiden Tagen ein Frühstück für die Übernachtenden im Zelt- und Wohnmobillager zu. Nachdem einem nicht näher bezeichneten Newcomer am Freitagabend eine Plattform in der Öffentlichkeit gegeben worden ist, unterhält Chris Blackburger die Besucher.

Nicht ganz billig

Das Trio aus Schwetzingen kam laut Oster sehr gut an, als es im vergangenen Jahr für eine ausgefallene Band kurzfristig eingesprungen war. Seine energiereichen, selbstgeschriebenen Songs sind im Stil der 2000er-Pop-Punk-Bands. Anschließend kann man sich auf Irish Speedfolk freuen: Mit dieser Musikform verbindet Fiddler’s Green aus Erlangen Elemente des Folk mit denen von Punk, Reggae, Rock und Ska. Seit 34 Jahren ist das Sextett auf internationalem Parkett unterwegs, hat bereits 14 Alben veröffentlicht. „Ja, die sind nicht ganz billig“, sagt Oster über die erfolgreiche Formation, die bei Rock im Hinterland zuletzt 2014 spielte. Eine richtig große Nummer ist auch die Gruppe, die den Abschluss am ersten Abend bildet: Visions of Atlantis. Markenzeichen der zur Jahrtausendwende in der Steiermark gegründeten Symphonic-Metal-Band ist, dass sich nahezu jedes Lied um ein männlich-weibliches Gesangsduett arrangiert.

Zur Entspannung vor dem nächsten mehr als siebenstündigen Livemusik-Klangbad finden am Mittag des zweiten Festivaltags wieder die legendären Highland-Games statt. Während die Großen Baumstämme werfen und Hammer schwingen, werden die Kleinen anderweitig beschäftigt. Ab 17 Uhr heißt es für Kinder wieder Ohrenschützer aufsetzen. Dann präsentiert Waltzing Mathilda, eine Show- und Danceband um den Grünstadter Markus Göbel, Beliebtes aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren – 33 Jahre nach ihrem letzten Gig. Seit 2010 bilden vier Wormser Plan X und bringen deutschen Indie auf die Bühne, in Obrigheim etwa ab 18 Uhr. Songtexte von Raum27 aus Bremen, der dritten Formation am Samstag, sind ebenfalls auf Deutsch.

Einfach Mittanzen

„Die hatten wir fürs Festival 2020 gebucht, was dann wegen der Pandemie insgesamt dreimal verschoben werden musste. Und im vergangenen Jahr hatten Bandmitglieder Corona. Jetzt soll der Auftritt aber klappen“, so Oster über das Duo aus Bremen, das sich erst 2017 gründete und bereits große Konzerthallen füllt. Ganz in Rot, mit ihrer Rockröhre Lisa-Marie Watz an der Front und musikalisch mit hartem Metal auf der Überholspur kommt April Art daher. Die ersten Singles der Hessen schafften es aus dem Stand in die Playlisten großer Rock-Radiosender. Der Ausklang des Freiluftvergnügens obliegt der Gruppe 100 Kilo Herz. Oster sagt über die deutsch singenden Punkrocker aus Leipzig: „Man kann nicht anders, man muss einfach mittanzen.“

Programm

  • Donnerstag, 22. August, Pfälzer Abend mit Yo Allerdann (Alex Lützke) um 19 Uhr und De Anonyme Giddarischde ab etwa 20 Uhr, Karten für 10 Euro ausschließlich an der Abendkasse, Einlass ab 18 Uhr.

    Freitag, 23. August, Newcomer (19 Uhr), Chris Blackburger (20 Uhr), Fiddlers Green (21.30 Uhr) und Visions of Atlantis (23.15 Uhr), Einlass ab 17 Uhr; Samstag, 24. August, Highlandgames / Kinderprogramm (14 Uhr), Waltzing Mathilda (17 Uhr), Plan X (18 Uhr), Raum27 (19.30 Uhr), April Art (21.15 Uhr) und 100 Kilo Herz (23.15 Uhr). Tickets gibt es im Vorverkauf online über Links auf rockimhinterland.de oder (teurer) an der Abendkasse: Wochenendkarte inklusive Camping 45 (59) Euro, Tageskarte 30 (35) Euro. Kombitickets für 45 Euro gibt es vorab auch bei der Filmwelt Grünstadt und beim Optiker BuenaVista.

2022 beim Rock im Hinterland: The New Roses.
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