Grünstadt „Viele tauchen wieder auf“

Bayram Türkoglu, der Vorsitzende des Grünstadter Beirates für Migration und Integration (BMI), hat gelesen, dass mehr als 30.000 Flüchtlinge, darunter zirka 8000 Kinder unter zwölf Jahren, einfach verschwunden seien. Davon erzählte er auf der jüngsten Sitzung des Beirates im Weinstraßencenter. Beiratsmitglied Karin Schramm sagte, dass 460 Asylbewerber allein im Landkreis Bad Dürkheim nicht mehr auffindbar seien.

Das habe sie auf einer CDU-Versammlung in Ungstein gehört, führte Schramm aus. Auf Anfrage hieß es aus dem Kreishaus, dass diese Zahl viel zu hoch gegriffen sei. „Die zuständige Abteilung geht von allerhöchstens zehn bis 15 verschwundenen Flüchtlingen pro Jahr aus“, sagte die Pressesprecherin Sina Müller. „Und davon tauchen die meisten wieder auf.“ Wenn der Asylantrag noch läuft, müsse der Betreffende zwar im Kreis gemeldet sein und dürfe nicht umziehen. „Aber er kann sich frei in Deutschland bewegen, und da kann es sein, dass jemand über mehrere Monate seine Verwandten besucht“, so Müller. „So etwas kenne ich aus Grünstadt auch“, berichtete der Erste Beigeordnete Bernhard Ellbrück (FDP). Plötzlich sei niemand mehr in der dem Asylbewerber zugewiesenen Wohnung. „Die melden sich einfach nicht ab“, sagte Ellbrück auf der BMI-Sitzung. Allerdings komme das selten vor. Wie der Leitende Beamte der Stadt, Joachim Meyer, auf Anfrage informiert, sind der Verwaltung derzeit drei Fälle von verschwundenen Asylsuchenden bekannt: „Zwei Einzelpersonen und eine Familie haben kurz vor der Abschiebung Grünstadt selbstständig verlassen“, sagte er. Müller weiß von Einzelfällen, in denen sich ein Asylbewerber mit offiziellem Wohnsitz im Landkreis Bad Dürkheim zusätzlich in einem weiteren Landkreis oder in einer Stadt, eventuell auch im Ausland, anmeldet. „Diese Leute werden wieder zu uns zurückgeschickt“, versichert die Kreis-Sprecherin. Wenn eine Abschiebung droht, verschwinde tatsächlich der eine oder andere Flüchtling. „Wer dann nicht bald wieder da ist, wird zur Fahndung ausgeschrieben und kann in Abschiebehaft genommen werden“, erläutert Müller. Seit 2014 seien dem Landkreis 2704 Geflüchtete aus den Erstaufnahmeeinrichtungen zugewiesen worden: 2014 waren es 356 Personen (davon gingen 25 nach Grünstadt), im Folgejahr 1220 (130), 2016 kamen 864 (110) und im jetzt zu Ende gehenden Jahr 264 (30). Von diesen leben noch aktuell im Kreis rund 1950 Menschen. 1185 von ihnen haben einen Aufenthaltstitel. 325 ausreisepflichtige Personen dürfen mit Duldung vorübergehend bleiben. „Dabei ist die Abschiebung aus unterschiedlichen Gründen ausgesetzt, etwa wegen einer Erkrankung oder weil derzeit keine Ausweispapiere vorhanden sind“, erklärt Müller. Eine Aufenthaltsgestattung, die Menschen erhalten, sobald sie einen Asylantrag stellen und das Verfahren beginnt, haben 403 Erwachsene. Da für mitgereiste Kinder keine eigenen Aufenthaltsgestattungen ausgestellt werden, geht die Behörde von kreisweit insgesamt 440 Flüchtlingen mit noch nicht abgeschlossenem Asylverfahren aus. „Zieht man von den ursprünglich uns zugewiesenen 2704 Flüchtlingen die 1950 ab, darüber hinaus noch 272, die freiwillig ausgereist sind, und 55 abgeschobene Personen, verbleiben 427“, rechnet Müller vor. Diese Menschen seien jedoch keineswegs untergetaucht. Wer anerkannter Asylberechtigter ist, könne ja schließlich wegziehen. Auch Sterbefälle gebe es. Laut Meyer erhalten aktuell 80 Asylbewerber Leistungen von der Stadt Grünstadt, „aber beschäftigt sind wir noch mit 230 Flüchtlingen, weil sie meist sehr lange brauchen, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben“.

x