Grünstadt „Von Dreißig auf Hundert“

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Die Zahl der großen Projekte in der Stadt nimmt nicht ab. Es scheint, dass mehr dazukommen als erledigt werden können. Wirft man einen Blick auf die folgenden Jahre, dann stehen Herkulesaufgaben an. Die Verwaltung hat 35 Projekte aufgelistet, mit geschätzten Kosten von 28,5 Millionen Euro über fünf Jahre. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, auch sind finanzielle Überraschungen nicht ausgeschlossen. Da könnte einem der Spaß am Job vergehen? Ich lasse mir durch Herausforderungen nicht den Spaß am Job nehmen. Im Gegenteil. Es ist eine spannende Aufgabe, auf Grundlage der Liste das Beste für die Stadt zu erreichen. Ihre Mitarbeiter haben die Projekte in drei Kategorien eingeteilt. Die „rote“ enthält sieben Projekte für knapp 13 Millionen Euro, die nicht mehr gestoppt werden können. Müssen Sie allein schon für diese Zahl Ihr großes Ziel – Schulden zurückfahren, Haushalt ausgleichen, Konsolidierung – aufgeben? Schulden zurückfahren ist ein Bestandteil der Haushaltskonsolidierung, da die Zinsbelastung sinkt. Allerdings sind höhere Schulden nicht gleichzusetzen mit einem unausgeglichenen Haushalt. Je mehr Projekte, umso anspruchsvoller die Konsolidierung. Die Zielsetzung gänzlich aufgeben werde ich nicht. Die Politik muss letztlich entscheiden, ob der Mehrwert von Projekten für unsere Stadt eine höhere Verschuldung rechtfertigt. Der größte Brocken ist das Rudolf-Harbig-Stadion. Kritiker sagen, die Sportanlage wurde jahrelang vernachlässigt. Können Sie die Kritik nachvollziehen? Ich habe selbst 20 Jahre lang dort Fußball gespielt, kenne die Kritik und kann sie auch verstehen. Die Politik hat eben vor Jahren andere Prioritäten gesetzt. Den Verantwortlichen von damals geht es wie uns heute: Man kann nicht alles auf einmal erledigen. In der Stadtratssitzung vom 17. November ist das Projekt Harbig-Anlage von „Null auf Hundert“ durchgestartet. Was sind die Gründe? Eher von 30 auf 100. Das Projekt war schon vorher präsent und in der Diskussion. Durch die Chance auf eine 45-prozentige Förderung ist die Rudolf-Harbig-Anlage in der Prioritätenliste nach vorn katapultiert worden. Die Sportanlage ist in der roten Liste das teuerste Projekt. Bei den Kosten von 4,2 Millionen handelt es sich nur um eine grobe Schätzung: Ist an eine Deckelung gedacht? Wie viel investiert wird und wann die Umsetzung beginnt und beendet sein wird, ist derzeit nicht absehbar. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang wir mit welchen Restriktionen gefördert werden, bleibt abzuwarten. Danach können wir über eine Deckelung nachdenken. Das Gesamtprojekt lässt sich sehr gut in Bauabschnitte unterteilen, die zeitlich versetzt umgesetzt werden können. Man könnte auch etwas weglassen, um die Kosten zu reduzieren, zum Beispiel den Parkplatz auf dem alten Platz zwei. Apropos Deckelung: Bei der Instandsetzung des Schlosses Leininger Oberhof, einem Projekt, an dessen Verwirklichung das Herz vieler Grünstadter hängt, hat die Aufsichtsbehörde die förderfähigen Kosten bereits auf 2,6 Millionen Euro gedeckelt. Wird das Projekt teurer, zahlt dies zu 100 Prozent die Stadt. Wie wollen Sie es schaffen, dass dieses Gebäude aus dem 18. Jahrhundert nicht zu einem zweiten Alten Rathaus wird, dass sich die Sanierungskosten nicht verdoppeln oder gar verdreifachen? Wir haben auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungen von Gutachtern – Holz- und Heizungsfachmann, Statiker und Schreiner (Fußböden, Fenster, Türen) – und dem, was wir sehen können, unsere Einschätzung der Aufwendungen, die zur Modernisierung und Instandsetzung erforderlich sind, erarbeitet, nach bestem Wissen und Gewissen. Dabei ist auch der Baukostenindex für vergleichbare Objekte einbezogen worden. Keiner kann wirklich vorhersehen, was denn sein könnte, wenn. Man muss eines bedenken und sich immer vor Augen führen: Kostentreiber ist in aller Regel das Anspruchs- und Sicherheitsdenken! Noch etwas besser, noch etwas mehr. In die Decken und Wände kann leider keiner sehen. Ich denke, dass Holzfachmann und Statiker da schon gute Arbeit geleistet haben, auf der man solide aufbauen kann. Die Deckelung der förderfähigen Kosten ist offiziell noch nicht ausgesprochen (Förderzusage liegt noch nicht vor) und aus meiner Sicht auch nicht unumstößlich. Wenn man Mehrkosten rechtzeitig anmeldet und die Unabweisbarkeit belegt, kann es durchaus sein, dass wir einen Nachschlag bekommen. Der Oberhof soll ein Kulturzentrum werden, Hauptnutzer die Musikschule sein. Die Architektenleistung muss europaweit ausgeschrieben werden. Deshalb wird das Doppeljubiläum – 300 Jahre Oberhof und 40 Jahre Musikschule – 2016 noch nicht im Schloss gefeiert werden können? Was spricht dagegen, das Doppeljubiläum im unsanierten Schloss zu feiern? Bis dahin sollte aber auf jeden Fall die Umsetzung zeitlich durchgeplant und die Finanzierung gesichert sein. Dann wirkt sich die Vorfreude positiv auf die Stimmung bei der Feier aus. Wird das Gebäude der Musikschule am Peterspark noch bis zum Umzug in die Neugasse „durchhalten“? Nicht das Gebäude muss durchhalten, vielmehr die Nutzer. Sie müssen mit den räumlichen Gegebenheiten zurechtkommen. Beim Jean-Mann-Gelände zwischen Bitzenstraße, Ringgasse, Östlichem Graben und Poststraße hat sich 2015 für die Öffentlichkeit erkennbar nicht viel getan. Wird sich das 2016 ändern? Bislang gibt es keine Entscheidung der politischen Gremien für das Verwaltungskonzept, so dass 2016 wieder in die Ideenfindung/Ideensuche zurückgekehrt wird. 2016 soll daher eine moderierte Ideenwerkstatt mit interessierten Bürgern stattfinden und sodann die frühzeitige Bürgerbeteiligung zu den verschiedenen Nutzungsalternativen durchgeführt werden. Nach Entscheidung der Gremien über die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung soll auf dieser Grundlage dann ein studentischer Stegreifentwurf durch die FH Kaiserslautern durchgeführt werden. Ist bekannt, wann der Investor sein Wohnprojekt am Östlichen Graben entlang umsetzen will? Der Bauantrag liegt noch nicht vor. Diese Frage sollte der Investor selbst beantworten. Ich hoffe im Interesse der Entwicklung unserer Stadt, dass die „städtebauliche Wunde“ dort bald geschlossen wird und verheilt. Wie weit sind die Pläne der Stadt, den Rest des Areals zu nutzen? Soweit mit der Stadt die Verwaltung gemeint ist, so gibt es ein fertig ausgearbeitetes städtebauliches Konzept für eine mögliche Bebauung und den beschlussreifen Vorentwurf eines Bebauungsplanes mit Textfestsetzungen. Die städtischen Gremien haben den Plan aber Ende 2014 nicht für das weitere Verfahren freigegeben. Die Verbandsgemeinden Grünstadt-Land und Hettenleidelheim bilden ab 1. Januar 2018 die Verbandsgemeinde Leiningerland. Die Stadt Grünstadt liegt dann mittendrin, ist aber nicht dabei, ist dies ein Nachteil? Ich kann keine Nachteile erkennen. Auch im Zuge des Anhörungsverfahrens haben wir nach Prüfung keine systembedingten Nachteile finden können. Werden die Gespräche über eine weitere Zusammenarbeit im Leiningerland und im Eistal nun auf Sparflamme laufen oder gar einschlafen, weil Grünstadt-Land und Hettenleidelheim erst zueinander finden müssen? Die Gespräche Leiningerland-Eistal werden mit gleicher Intensität fortgesetzt. Bereits im Januar findet das nächste Treffen statt. Es liegt natürlich nahe und ist selbstverständlich, dass für die beiden Verbandsgemeinden ihr Projekt Fusion Priorität hat. Dennoch ist auch in dieser Phase der Dialog aller wichtig. Der Umweltbahnhof ist nach wie vor eine Schmuddelecke. Eine Sicherheits- und Ordnungspartnerschaft zwischen Stadt, Bahn, Landes- und Bundespolizei ist unterschrieben, eine Video-Überwachung aber wurde abgelehnt. Ist damit das letzte Wort gesprochen? Die Erfahrung lehrt, dass der Bahnhof eine Dauerbaustelle ist und bleiben wird. Am einen Tag präsentiert er sich sauber, am nächsten untermauert er wieder seinen Ruf als Schmuddelecke. Nachdem das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur mitteilte, dass nach Lagebewertung der Polizei kein besonderer Kriminalitätsschwerpunkt beim Bahnhofsumfeld vorliegt und somit die Einrichtung und Beteiligung an den Kosten einer Videoüberwachungsanlage durch das Land Rheinland-Pfalz ausscheidet, haben wir das Bahnhofsmanagement DB Station & Service AG in Kaiserslautern letztmals um eine Stellungnahme gebeten. Diese steht noch aus. Ohne finanzielle Unterstützung des Landes und die Befürwortung der Notwendigkeit durch die Polizei können wir die Einrichtung einer Videoüberwachungsanlage am Bahnhof Grünstadt leider nicht realisieren. Fragen: Klaus Stemler Info Der Neujahrsempfang der Stadt Grünstadt findet am 10. Januar, 11 Uhr, im Weinstraßencenter statt. Mitwirkende sind wieder die TSG Blaskapelle und der Elferrat der Siedlergemeinschaft.

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