Grünstadt Was sich liebt, beschimpft sich

Kennt die Fanszene wie kein anderer: unser Autor.
Kennt die Fanszene wie kein anderer: unser Autor.

un ist sie also vorbei, die Handball-WM. Und mit ihr der Glaube, dass man als deutsche Mannschaft noch immer problemlos Weltmeister werden kann, wenn man nur laut genug die Nationalhymne mitsingt. Schade. Dabei hatte man sich schon so sehr an die täglichen Vergleiche zwischen Fußball und Handball gewöhnt, die bemüht-herabwürdigenden Kommentare von den Fans der beiden Sportarten geradezu liebgewonnen. Bodenständige Sportsmänner hier, durchgeknallte Multimillionäre dort. Niedliche Turnhallenfeste gegen prall gefüllte Monsterstadien. Englisches Linoleum gegen rote Erde aus dem Schwarzwald. Gegensätze, wie sie größer kaum sein könnten – und Grund genug, die sozialen Netzwerke tagelang mit Beschimpfungen zu füllen. Echte Fans tragen ihre Dispute bekanntermaßen in guter alter Tradition vor dem Bildschirm aus. Dabei sind sich die beiden Ballspiele doch eigentlich viel ähnlicher, als ihren Anhängern vermutlich lieb ist. Mehr noch: Die Gemeinsamkeiten sind so opulent, dass man nach einer Handvoll Regeländerungen keine Ahnung mehr hätte, bei welcher der beiden Sportarten man gerade zuschaut. Nehmen wir beispielsweise diesen stark übergewichtigen Spieler, der in jeder Handball- wie auch Fußballmannschaft zu finden ist. Er taucht irgendwann im Alter von zehn Jahren in der E-Jugend beim Training auf und stellt den Jugendtrainer vor die pädagogische Herausforderung, den klopsigen Wicht möglichst aus dem Spiel herauszuhalten, ohne ihn für das restliche Leben zu traumatisieren. Die Lösung: Beim Fußball kommt der „Dicke“ ins Tor, beim Handball spielt er am Kreis. In beiden Fällen wird er nun sein volles Potenzial ausschöpfen: Gegenspieler umrennen, Mitspieler umrennen, auf dem Spielfeld rumstehen und die Zuschauer anschreien. Ein unentbehrlicher Teil jedes ambitionierten Teams. Und selbst im Profibereich kann man die beiden beliebtesten Mannschaftssportarten des Landes kaum noch auseinanderhalten. Was der FC Bayern im Fußball, ist der THW Kiel im Handball – Rekordmeister, Rekordpokalsieger und Zuschauer im Champions-League-Finale. Hätten hingegen die Rhein-Neckar-Löwen eine andere Trikotfarbe, sie würden glatt als die TSG Hoffenheim durchgehen! Und „Uns Uwe“ Gensheimer ist von seinem Namensvetter Uwe Seeler eigentlich nur durch die Frisur zu unterscheiden. Also, liebe Handballer – lasst uns diesen kindischen Konkurrenzkampf endlich beenden und uns auf das besinnen, was den Sport auszeichnet: Fairness, Respekt und die Freude an körperlichen Höchstleistungen. Schließlich findet dieses Jahr auch noch die Basketball-Weltmeisterschaft statt. Da müssen wir gemeinsam diesen dekadenten Korbwerfern endlich mal zeigen, was wir von ihrem körperlosen Rumgezappel halten! Die Kolumne Unser Autor kann auf eine lange und erfolglose Karriere in den Niederungen des Amateurfußballs zurückblicken. Hier schreibt er wöchentlich über Schwalbenkönige, Kabinenrituale und Trainingsweltmeister – rein subjektiv natürlich, denn die Wahrheit liegt sowieso auf dem Platz.

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