Grünstadt Weltklasse im Leiningerland

Da war noch alles gut. Beim Abgang von den Ringen aber verletzte sich Grünstadts Vlad Bogdan Cotuna.
Da war noch alles gut. Beim Abgang von den Ringen aber verletzte sich Grünstadts Vlad Bogdan Cotuna.

«GRÜNSTADT.» Die Stimmung in der Sporthalle der TSG Grünstadt schien am Samstag überzuschwappen, als der französische Gastturner Edgar Boulet seine Übung am Königsgerät, dem Reck, beendete. Es war eine von vielen ergreifenden Szenen, die sich hüben wie drüben beim 45:25-Erfolg (9:3-Gerätepunkte) der Kunstturner der TSG Grünstadt am ersten Wettkampftag der Zweiten Kunstturn-Bundesliga Nord gegen den KTV Koblenz abspielten (die RHEINPFALZ am SONNTAG berichtete).

Rund 200 Zuschauer, darunter Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld, gerieten nach der Glanzvorstellung des amtierenden Dritten der kürzlich stattgefundenen Europameisterschaften in Schottland schier aus dem Häuschen. Der Grünstadter Fanclub war mit seinen Trommeln, Trompeten und Rasseln überhaupt nicht mehr zu beruhigen. Boulet stand wie versteinert auf der Matte, war von dem frenetisch applaudierenden Publikum sichtlich gerührt. Alexander Pogoreltsev, mit Florian Bachmann Trainer der Pfälzer, und Hallensprecher Max Finzel, ehemaliger Junioren-Europameister und früherer Kunstturner der TSG, attestierten übereinstimmend: „Was Boulet am Reck präsentierte, gehört zur internationalen Klasse. Das können nur ganz wenige in der Welt turnen.“ In der Tat: Der 24-jährige Sechskämpfer flog einige Male über die Querstange des Königsgerätes, als ob er Flügel besäße, präsentierte mehrere Kovacs gestreckt und gehockt mit ganzer Drehung, schien überhaupt nicht mehr an die Querstange greifen zu wollen und krönte den Abgang mit einem Doppel-Tsukahara und was da alles sonst noch dazu gehört. Boulet stand sicher, ohne Ausfallschritt. Weltklasse im Leiningerland! Der Franzose wurde Top-Scorer des Tages mit 13 Scores, wobei er am Boden (vier Scores), Sprung (1) und Barren (3) ebenso glänzte. Auch der zweite Ausländer der Pfälzer, der noch an einer Knieverletzung laborierende Vlad Bogdan Cotuna, zeigte erstklassige Leistungen. Vier Scores hamsterte er am Pauschenpferd, „wanderte“ über den Rücken dieses Kraftgerätes hin und her. Das sah sogar gemütlich aus. Dabei ist das „Magyar-Wandern“ eine der schwierigsten Kraftübungen im Kunstturnen. Auch diese Übung zählt, so Finzel, zum internationalen Standard. Allerdings war für den sympathischen Rumänen am nächsten Gerät, den Ringen, Schluss. Die Übung gelang fast fehlerlos, bis zum Abgang. Nach einem Doppelsalto setzte Cotuna schief auf, rutschte weg. Er griff an sein rechtes Knie. Mannschaftsarzt Jochen Wild leistete Hilfe und sagte: „Über die Art und Schwere der Verletzung und die Folgen kann erst nach einer gründlichen Untersuchung im Krankenhaus etwas gesagt werden.“ Das Grünstadter Trainergespann war von dem deutlichen Ergebnis überrascht. Die Verantwortlichen, und dazu zählen auch Teammanager Thorsten Graf und dessen Vereinskollege Stefan Fröhlich, haben zum Saisonauftakt viel Mut bewiesen, indem sie mit den 16-jährigen Joachim Kindler und Noah Graf sowie dem 18-jährigen Justus Fröhlich drei Nachwuchstalente an die Geräte schickten. Die dankten es mit sauberen Übungen. Zwar konnte das Trio keinen Score erkämpfen, die Jungs scheiterten allerdings knapp. Kindler schaffte am Pferd ein bemerkenswertes 0:0 gegen Pascal Glowienka. „Wir sind mit den Leistungen der Youngster, die zum ersten Mal vor so einem Publikum in der Liga an die Geräte gingen, sehr zufrieden“, lobte Pogoreltsev. Die notwendigen Scores zum Sieg für Grünstadt erkämpften noch die Routiniers Tim Volz (Boden 4, Sprung 4), Viktor Weber (Ringe 4, Barren 1, Reck 3), David Jäger (Ringe 4) und Tim Brand (Sprung 4). Wie schwer die Verletzung ist, die sich Jäger beim Einturnen am Reck am Fuß zuzog, soll eine ärztliche Untersuchung zeigen.

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