Kaiserslautern gestern und heute Über die erste und letzte Straßenbahn in Kaiserslautern
Kommt sie oder kommt sie nicht? 1894 wurde im Stadtrat der Wunsch vorgetragen, eine „Elektrische“, also eine Straßenbahn zu bauen. Ein Vorhaben, dessen Vor- und Nachteile intensiv diskutiert wurden. Am 13. März 1913, 19 Jahre nach den ersten Debatten, beschloss der Stadtrat, eine „Straßenbahn für die Innenstadt“ einzurichten. Doch es dauerte noch bis Dezember 1916, bis die erste Straßenbahn ihre Fahrt antrat.
Kommt sie oder kommt sie nicht? Diese Frage stellten sich auch die potenziellen Fahrgäste. Die „Elektrische“ galt damals nicht gerade als zuverlässiges öffentliches Verkehrsmittel. Wie aus der Fachliteratur hervorgeht, schienen die Stadt und die Straßenbahngesellschaft hinsichtlich des Straßenbahnkonzepts große Fehler gemacht zu haben. Die Straßen der Innenstadt waren zu winkelig und zu eng. Trotzdem legte sich die Straßenbahngesellschaft auf die Eisenbahnspur mit 1435 Millimetern Breite fest – in anderen Städten war eine Spur mit 100 Millimetern Breite üblich. Der Grund für diese Entscheidung war, vom Westbahnhof aus landwirtschaftliche Produkte aus dem Lautertal „mit Güterwagen auf dem Eisenbahngleis“ durch die Stadt bis zum Stiftsplatz transportieren zu können – ohne sie zuvor umladen zu müssen.
Fahrgäste packen mit an
Als weiterer Fehler wird die Wahl des sogenannten Hohlkehlschienen-Systems angeführt. Noch bis weit in die 1920er Jahre verkehrten viele Pferdefuhrwerke in der Stadt, und die Straßen waren meist mit Schottersteinen bestückt. Wenn durch Pferdehufe Schottersteine in die Hohlkehlen gerieten, entgleiste die Straßenbahn. Das soll beispielsweise ein häufiger Grund für Verspätungen gewesen sein. Zur Grundausstattung jedes Straßenbahnwagens gehörte eine Eisenstange, mit der das Personal – mit Hilfe der Fahrgäste – den Wagen wieder in die Schiene heben konnte. Häufiger fielen die Bahnen auch komplett aus, da die Elektromotoren ihren Dienst einstellten.
Den ersten Wagen ihrer Straßenbahn sahen die Lauterer am 16. Juli 1914, zwei Wochen vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Der Wagen wurde am Westbahnhof angeliefert. Das Schienennetz war bereits bis zum Depot auf dem Gelände des Städtischen Elektrizitätswerks in der Karcherstraße fertiggestellt. Wegen des Mangels an Kupfer gab es jedoch noch keinen Fahrdraht. „Mit menschlicher Kraft und Pferdestärken“ sei der Wagen in das Depot transportiert worden.
Dieselbusse statt Straßenbahn
Zwei Jahre nach Ankunft des ersten Wagens startete die Lauterer Straßenbahn nach weiterem Ausbau der Strecke und dem Zukauf neuer Wagen am 19. Dezember 1916, mitten im Ersten Weltkrieg. Die Eröffnungsfahrt begann um 17 Uhr – bei Dunkelheit. Die beleuchteten Wagen seien ein „großstädtischer Anblick“ gewesen, stand in der Zeitung. Neben dem „Quäken und Hupen der Automobile“ und dem „Pferdegetrappel“ sei die „großstädtische Geräuschkulisse der Straßenbahn“ in die Stadt gekommen.
Im November 1923 war von einem „erweiterten Straßenbahnnetz“ die Rede: Die Straßenbahngesellschaft wollte das Lautertal mit der Innenstadt vernetzen. Die Linie sollte über die Lampertsmühle nach Otterbach bis Katzweiler geführt werden – mit einer Abzweigung nach Otterberg. Doch Oberbürgermeister Küfner bestand auf den weiteren Ausbau in der Innenstadt. Die Statistiken der folgenden Jahre ließen erkennen, dass die Straßenbahn jedoch immer weniger Fahrgäste transportierte. Die Stadt ließ schließlich 1934 ein Gutachten über die Rentabilität der Straßenbahn erstellen. Das Papier lag am 11. Juni 1934 vor. Knapp zwei Monate später, am 15. August 1934, beschloss der Stadtrat, die Straßenbahn „wegen Unrentabilität“ abzuschaffen. Die letzte Fahrt war am 1. Juli 1935. Die Stadt verkaufte das „klapprige Gefährt“, so die Zeitung und ersetzte es durch Dieselbusse.
Die „Ortspolizeilichen Vorschriften für den Schutz und Betrieb der elektrischen Straßenbahn in Kaiserslautern“ vom 13. November 1914 seien noch erwähnt: „Hunde jeder Art fahren zum Kindertarif. Schwangere und Frauen mit Schoßkindern haben Anspruch auf einen Sitzplatz. Rucksäcke werden befördert. Auf Viehtreiber, Leichenzüge und Betrunkene ist Rücksicht zu nehmen. Singen und Pfeifen ist während der Fahrt verboten, ebenso die Mitnahme geladener Gewehre. Hutnadeln sind so zu verwahren, dass andere Personen nicht gefährdet werden.“
Die Serie
Unser Autor Gerhard Westenburger nimmt während der Sommerferien unsere Leserinnen und Leser mit dieser kleinen Serie auf die Reise in die bewegte Vergangenheit der Barbarossastadt.
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