Kaiserslautern Auch Andrea Nahles lernt auf der Ausbildungsmesse im Fritz-Walter-Stadion

Peter Weißler und Andrea Nahles von der Arbeitsagentur sowie Till Mischler von der Handwerkskammer im Gespräch mit Azubi Boris M
Peter Weißler und Andrea Nahles von der Arbeitsagentur sowie Till Mischler von der Handwerkskammer im Gespräch mit Azubi Boris Mushak und Maximilian Schönbeck von ACC (von links).

Was soll ich nach der Schule machen? Welcher Job wäre etwas für mich? Antworten darauf konnten Schüler am Mittwoch im Fritz-Walter-Stadion finden. Bei der Ausbildungsbörse der Agentur für Arbeit stellten sich 140 Betriebe vor. Mittendrin im Gedränge: Andreas Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesarbeitsagentur. Auch sie nimmt etwas mit von der Messe.

„Das ist mutig!“, entfährt es Andrea Nahles und grinst. Gerade hat der hiesige Leiter der Agentur für Arbeit Kaiserslautern-Pirmasens, Peter Weißler, am Stand der kunststoffverarbeitenden Profine GmbH erzählt, dass deren Marke Kömmerling Sponsor von Mainz 05 ist. Die Profine-Mitarbeiter sind ganz entspannt; sie haben keine Berührungsängste, sich im Stadion der Roten Teufel zu präsentieren.

Zum 14. Mal bereits findet die von der Arbeitsagentur in Kooperation mit dem FCK organisierte Ausbildungsmesse im Stadion statt. Dem FCK sei das Thema Ausbildung sehr wichtig, hatte dessen Geschäftsführer Thomas Hengen im Vorfeld betont und damit untermauert, dass er gerne die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Dass damit eine besondere Atmosphäre und auch Anziehungskraft einhergehen, nimmt auch Nahles wahr. „In anderen Städten werden solche Messen zum Beispiel in den Räumen der Arbeitsagentur veranstaltet – aber hier ist es schon etwas Besonderes“, lobt sie das Konzept.

Ob bei Profine, die Profile für Fenster- und Türensysteme sowie Platten aus PVC herstellen, denn „Jungs und Mädels gleichermaßen“ vertreten sind, will Nahles noch wissen – doch bekommt zur Antwort, dass sich mehr junge Männer für eine Ausbildung bei ihnen interessieren. „Ach, da gibt es inzwischen so viele MINT-Initiativen – aber es fehlen immer noch die Mädchen“, bedauert Nahles.

Der Andrang ist immer groß

Zusammen mit einem kleinen Tross, angeführt von Weißler und Till Mischler, dem Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer der Pfalz, quetscht sich Nahles weiter durchs Gedränge. 140 Ausbildungsbetriebe haben ihre Stände aufgebaut und bieten von 9 bis 16 Uhr nicht nur trockene Informationen über deren Ausbildungen, sondern vor allem Gespräche mit den Ausbildenden sowie mit Azubis selbst. Und zum Teil auch Stationen zum Ausprobieren oder Gewinnspiele. Als Lockmittel führen Kugelschreiber und Gummibärchen die Hitliste auf den Messetischen an.

„Es ist jedes Jahr so voll“, bestätigt Mischler, lediglich am Nachmittag lasse die Besucherfrequenz in der Regel nach, weiß er aus Erfahrung. Nahles stoppt beim Batteriezellenhersteller ACC. „Was kann man denn bei euch alles lernen?“ Neben den klassischen Kfz-Berufen der Mechatroniker oder Elektroniker braucht ACC Chemikanten, „für die Batterien“. Das kleine Metallteil auf dem Tisch, das Nahles’ Neugier weckt, entpuppt sich lediglich als Lerninstrument. „Sieht aus wie eine Daumenschraube“, kommentiert sie und steckt einen Finger hinein. „Man kann damit Nüsse knacken“, hat Azubi Boris Mushak einen einleuchtenden Praxistipp parat. Neun Auszubildende, davon ein Mädchen, habe ACC, erfährt sie noch.

Eine Frage stellt sie jedoch nicht: Wie geht es mit ACC in Kaiserslautern weiter? Die Firma hatte Anfang Juni überraschend angekündigt, den geplanten Bau der Fabrik, die 2000 Arbeitsplätze bringen sollte, zu pausieren. „Tja, dazu weiß ich leider nichts“, antwortet sie anschließend auf diese Frage und verweist an Weißler. Auch der muss abnicken, aber meint, er könne sich nicht vorstellen, dass die Firma in Kaiserslautern nicht weiterbauen werde. Immerhin hat ACC 437 Millionen Euro Fördermittel von Bund und Land erhalten – und da diese an den Standort gebunden sind und ACC schon einiges hier investiert hat, ist Weißler optimistisch, dass es sich lediglich um eine Pause handele. Weil der deutsche Markt noch nicht so weit sei, wie die ACC-Führung begründet hatte.

Der Stand der Polizei bringt die ehemalige Arbeitsministerin sowie SPD-Parteivorsitzende und -Generalsekretärin auf ganz andere Gedanken. „Eure Kollegen musste ich schon mehrmals rufen“, erzählt sie davon, wie sie zu Hause – besonders samstagsvormittags – von Fremden aufgesucht und bedrängt werde, „die akzeptieren auch kein Nein“.

Überraschung für Nahles

Eine Überraschung erlebt sie am Stand von Kessler-Handorn. Während Nahles davon ausging, dass Altenpflege eher von Älteren als Quereinstieg gewählt wird und bei Jüngeren nicht sehr beliebt sei, erzählt Mitarbeiterin Anna Altvater von frisch Ausgebildeten, die „bewusst zu uns wechseln und sagen, Krankenhaus sei gar nichts für sie“. Dann habe die „generalistische Ausbildung“, die seit kurzem Kranken- und Altenpflege vereint, „ja doch etwas Gutes“, schließt Nahles erstaunt. „Und ich dachte, die ginge zu Lasten der Altenpflege“, ist sie positiv überrascht.

Jährlich einen solchen Termin wie diesen hier von der Arbeitsagentur und einen vom Job Center nehme Nahles wahr, berichtet sie. Und nicht ungern: „Ich erfahre immer wieder Neues.“

Auch beim Ökumenischen Gemeinschaftswerk lernt die Arbeitsagentur-Chefin etwas. „Der Freiwilligen-Bereich läuft doch nicht schlecht – oder?“, fragt sie. Die Mitarbeiter schütteln mit dem Kopf. „Nein, leider gar nicht...“ Verpflichtend wäre besser, lautet die einhellige Meinung. Ein soziales Jahr für alle würde nicht nur Nahles, sondern auch Weißler begrüßen. „Die jungen Leute sind zwar informiert, aber wissen nicht, was sie machen sollen“, lautet ihre Beobachtung.

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