Kaiserslautern Belcanto von seiner schönsten Seite

Beim zweiten Galakonzert „Sonntags um 5“ in der wieder dicht besetzten Fruchthalle präsentierten sich die sechs Finalisten im SWR-Wettbewerb für Nachwuchssängerinnen und junge Sänger verschiedener Stimmlagen und -fächer. Aus diesen wird je ein Preisträger bei den Damen und bei den Herren ermittelt. Die Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert.

Namenspatron des Förderpreises ist Emmerich Smola, der langjährige Chefdirigent des Rundfunkorchesters und Pionier in Sachen Kulturförderung. Er hat vielen Talenten wie Erika Köth oder Fritz Wunderlich zu Ruhm verholfen. So wird auch der Förderpreis als Karriere-Sprungbrett verstanden, obwohl die Finalisten schon Bühnenerfahrung haben. Gesellschaftliche Spannungen aufgrund multikultureller Strömungen scheinen in der Musik längst aufgelöst: Die Finalisten kommen aus Südkorea, Ungarn, Russland und Deutschland, haben eine albanisch-bolivianische Abstammung oder wie die Gewinnerin Josy Santos in Brasilien das Licht der Welt erblickt. Ein niederländischer Gastdirigent, Enrico Delamboye, rundet das kosmopolitische Bild ab, wobei die begleitende Deutsche Radio-Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern (DRP) ohnehin international besetzt ist. Das Orchester wies die erstaunliche stilistische und spielerische Flexibilität eines Opernorchesters nach, ging auf die gestalterischen Initiativen der Gesangssolisten in nahtloser Koordination ein. Dennoch gab es auch mal unterschiedliche Klangvorstellungen innerhalb des Orchesters, etwa bei der Ouvertüre zur Verdi-Oper „Sizilianische Vesper“, die bei einigen Bläsern etwas rustikal, massiv und zu eruptiv angegangen wurde. Insgesamt aber konnte der Gastdirigent − sonst seit 2009 Orchesterchef des Theaters Koblenz − alles gut zusammenhalten, stand für präzise Abläufe mit ganz wenigen Schwankungen ein. Stimmlich bewegten sich die Finalisten auf Augenhöhe, doch wurden – wie so oft – spektakuläre Bravourarien mit Koloraturen und dramatischen Effekten vom Publikum mehr geschätzt als liedhafte und verinnerlichte. Höchster Respekt gebührt der kurzfristigen Einspringerin Jihyun Cecilia Lee (Sopran), die bei einer Mozart-Arie aus „Cosi fan tutte“ eine sehr ausgeglichen klingende Stimme von großer Variabilität und Ausdruckskraft einsetzte. Die zweite Sopranistin Carolina Lopez Moreno zeigte im aufblühenden Melos aus zartem Pianissimo bis zum anschwellenden Forte bei einer Arie aus Puccinis „Turandot“ die Kunst des Messa di Voce in stimmlicher Reinkultur; im zweiten Teil dann bei Gounods „Romeo et Juliette“ melodische Phrasierungs- und Spannungsbögen in großem gestalterischen Atem. Die Gewinnerin, Mezzosopranistin Josy Santos, demonstrierte bei Rossinis Finale aus „La Cenerentola“ eine ungemeine Leichtigkeit und Lockerheit der Stimmansprache: Koloraturen wurden wie Perlen aneinandergereiht, alle Töne waren klar, traten markant hervor, nichts wurde verschluckt. Das war großartig und wurde nur im zweiten Teil durch das Zigeunerlied aus Bizets „Carmen“ übertroffen, als sie mit südamerikanischem Temperament auch tänzerisch ihre Stärken zeigte. Der Tenor Gyula Rab wählte mit einer weiteren Arie aus der genannten Mozart-Oper eine mehr lyrisch beseelte Partie, was letztlich weniger spektakulär als Bravourarien wirkt. Auch der zweite Vortrag von Donizetti mit heiklen Spitzentönen war keine ideale Partie für ihn. Stattdessen trumpfte der Gewinner Samuel Hasselhorn mit einer Bravourarie von Rossini im rasanten Parlando auf: ein Zungenbrecher und Atemkiller, den er virtuos meisterte. Zuvor hatte er bei einer Arie aus Verdis „Don Carlos“ Kantilenen von betörendem Wohllaut ausgebreitet. Auch der zweite Bariton, Ilya Kutyukin, gab bei einer Arie aus Tschaikowskys „Pique Dame“ alles an gestalterischer Intensität und Expressivität, zeigte dann bei Donizetti Belcanto-Gesang von seiner schönsten Seite.

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