Kaiserslautern Das perfekte Chaos

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Ein Punkrock-Abend par excellence: Die Hamburger Punkrock-Band Swiss und Die Andern ließ es am Freitag im Cotton Club so richtig krachen. Mit ihrer zweiten Platte „Missglückte Welt“ statteten die Hanseaten der Kammgarn einen Besuch ab und sorgten für rundum glückliche Fan-Gesichter – Bier und Prügel-Tänze inklusive.

Der Punk ist zurück: Das ist nicht nur der Titel des Eröffnungssongs von Swiss und seiner Bande Die Andern an diesem Abend. Es ist ein Versprechen, dass sich die Jungs bei ihrer Gründung vor drei Jahren gaben und seit drei Jahren bei ihren Konzerten regelmäßig erfüllen. Nicht anders bei ihrem Gastspiel in der Kammgarn. Zugegeben: Der große Besucheransturm blieb leider aus. Der Cotton Club war gerade mal zur Hälfte gefüllt. Aber so etwas geht den Punkern aus der Hansestadt – auf gut Deutsch – am Allerwertesten vorbei. Denn wohin sie auch kommen, sorgen sie für eine sensationelle Stimmung. Das ging bereits im Vorprogramm los, als der Hamburger Rapper Shocky – ebenfalls ein Mitglied der Swiss-Combo und überzeugter Anhänger der „Missglückte Welt“-Bewegung – dem Publikum mit brechend harten Beats und noch härter vorgetragenen Texten so richtig einheizte. Nachdem Shocky seinen letzten Song abgeliefert hatte, verschwand er mit seinen Jungs auch schon wieder hinter die Bühne – kurz und knackig und ohne großen Zugabe-Schaulauf. Nicht einmal 20 Minuten später marschierten Swiss und seine Truppe zu den Klängen von Hans Albers „Das Herz von St. Pauli“ auf die Bühne. Die musikalische Liebeserklärung an die Heimatstadt war damit vollzogen, und die Show konnte nach gewohntem Muster vonstatten gehen. Man startete in das knüppelharte Set mit dem namensgebenden Song des Albums und fegte weiter zu „Punk zurück“ und einem netten kleinen Einschub des White-Stripes-Stadion-Hits „Seven Nation Army“, zu dem die gesamte Runde laut mitgrölte. Zwischen den Songs gab es die obligatorische Trink-Ansage „Prost, ihr Säcke“, auf die selbstverständlich ein kollektives „Prost, du Sack“ aus dem Publikum folgte. „Wie viele von euch kennen die Band eigentlich live“, wollte Swiss wissen und entgegnete auf die wenigen Handzeichen: „Ist das hier Rheinland-Pfalz oder das Saarland?“ Das saß bei den Lautrern und wurde mit leisen „Buh“-Rufen erwidert. Aber auch solche Sticheleien und Seitenhiebe gehören zu einem zünftigen Swiss & Die Andern-Programm eben dazu. „Manche Bands spielen eine Stunde und laufen eingebildet weg. Wir spielen drei Stunden und laufen dann eingebildet weg“, stellte Swiss direkt klar. Und eingebildet durften die Musiker nach diesem Auftritt auch sein – ausnahmsweise. Denn hier war das Chaos perfekt. Zuerst machten Band und viele aus dem Publikum die Oberkörper frei (bei den Damen blieb zumindest der BH an seinem Platz). Dann wurde zu Songs wie „Das schwarze Schaf“ und „Miau“ wild durch den Raum getanzt – wobei das Verletzungspotenzial bei einigen Tanz-Manövern ziemlich hoch ausfiel – man sang frenetisch aus vollen Kehlen und kippte den Inhalt der Gläser auf den eh schon nassen und klebrigen Boden. Es herrschte die pure Anarchie im Cotton Club. Für den politischen Song „Schwarz Rot Braun“, der Swiss so manchen Skandal in den Medien einbrachte, ließ der Punk-Rapper sogar die Spenden-Kappe rumgehen. Die Ausbeute: Zehn Euro und ein paar Sticker von der Band. Hin und wieder gab es aber auch ruhige Momente mit Songs wie zum Beispiel bei „Du liebst mich nicht“. Eine junge Hörerin wurde auf die Bühne geholt und von den Musikern besungen und eine weitere Besucherin durfte eine Runde Wellenreiten über den Köpfen des Publikums. Kurzum: Ein Konzert, bei dem so gut wie alles erlaubt war. Dass die Bude nur zur Hälfte gefüllt war, fiel irgendwann gar nicht mehr auf. Die Stimmung hätte auch bei vollem Haus nicht besser sein können.

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