Kaiserslautern Deutschpop vom Donnersberg

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Mark Forster bekommt Konkurrenz. Aus dem Donnersbergkreis in die Charts möchte auch Kenay. Der mittlerweile in Hamburg beheimate Songwriter aus Bolanden, der eigentlich Yanek Stärk heißt, hat mit Hip-Hop angefangen. Jetzt bewegt er sich zwischen Joris, Clueso und Bourani. Jetzt erscheint sein Debütalbum „Rot & Blau“ gleich bei Capitol/Sony. Und Xavier Naidoo mischt auch mit.

„Genau wie ich, warst du noch nicht angekommen“, heißt es in Kenays „Der Sonne entgegen“: Von der Liebe und von der Suche nach dem Lebensweg handelt das Album des 27-Jährigen. „Es hat schon viel mit Selbstfindung zu tun“, sagt der Musiker, der drei Jahre an „Rot & Blau“ feilte, im RHEINPFALZ-Gespräch. „Poetry Pop“ gefällt ihm ganz gut als Genrebezeichnung, denn die meist klavierbasierten, hoch melodischen Songs seien „mehr auf der Sprache basierend“. Schließlich hat Yanek Stärk vorher Hip-Hop gemacht: Sprechgesang lebt auch von seinen Texten. Es war jedoch kein Straßenrap, das hätte auch nicht zu Stärks musikalischer Sozialisation gepasst. Mit fünf Jahren hat der Musiklehrersohn Klavierspielen gelernt, mit zehn Jahren ging es aufs Landesmusikgymnasium nach Montabaur, ins Internat. Nur am Wochenende war er daheim am Donnersberg. Bei „Jugend musiziert“ schaffte er es in den Bundeswettbewerb, war im Schulchor und in der Schul-Bigband. „Meine Lieblingsmusik ging von Klassik bis Hip-Hop“, erzählt Stärk, Letzterer eine kleine Rebellion mit 14, mal „weg vom klassischen Klavierüben und Notenspielen“. Dass er dann selbst eine Rap-Band gründete, habe den Vater nicht gestört, die Schule aber sei zunächst skeptisch gewesen, bis erste Wettbewerbe gewonnen wurden. Der 27-Jährige weiß heute die fundierte Ausbildung in Montabaur zu schätzen, auch wenn noch keiner nach dem Abizeugnis selbst gefragt habe. „Mir war schon früh klar: Ich will selbstständiger Musiker werden“, sagt Stärk mit Begeisterung in der Stimme. Den Weg ebnete ein Konzert mit seiner Band Doppeldecker als Vorgruppe der Hamburger Hip-Hopper Beginner: Er fiel einem Manager der Truppe auf – und zog nach Hamburg. „Ich habe mich gleich total in die Stadt verliebt, in das Hafenflair und die nordische Kultur.“ Seither ging es im Hip-Hop nach oben. Stärk erarbeitete sich Kontakte, schrieb Songs für sich und andere, produzierte. „Die Musikindustrie ist ein kleines Nest, wenn man mal drin ist.“ Und etwas kann: „Es geht immer nur um Musik. Wenn man gute Songs hat, erreicht man auch die Leute.“ Dennoch dauerte es fast zehn Jahre bis zum eigenen Album bei einem Major-Label. Eine Zeit auch des Grübelns. „Ich habe bis heute Zweifel, glaube aber an das, was ich tue. So lange ich merke, es ist eine Entwicklung da, fühlt sich das richtig an.“ In der Rapwelt traf er auf Kool Savas, produzierte zwei Songs für dessen Xavas-Album mit Xavier Naidoo. Und jetzt singt der Sohn Mannheim gleich mit beim Herzstück des Albumdebüts, bei „Endlich angekommen“, das rundum gute Laune verströmt. „Ich fand endlich die Liebe zu mir selbst“, heißt es im mit „Wooohooh“-Chören gespickten Song. Aber auch von Liebeskummer („Angst dich zu verlieren“) und Trennungen („Abschied nehmen“) singt Kenay, er gibt auch Tipps fürs Selbstbewusstsein („Schön so wie du bist“) oder sinniert – nun eher desillusioniert – über seine Generation, die weiß, dass sie das Rad nicht mehr erfinden kann und bisweilen angstvoll resigniert: „Manchmal denke ich alles sei entdeckt, dabei weiß ich nicht einmal, was in mir steckt“, heißt es im klugen Stück „Müde Pioniere“, das auch die Freiheit des Internets nicht nur als Chance begreift: „Wir haben Mittel und Wege gefunden, die Welt vom Bett zu erkunden.“ Mit Andreas Bourani teilt sich Kenay den Produzenten Jem. Der 27-Jährige betont jedoch, dass er das Album selbst mitproduziert hat, der Sound sein eigener sei. Der Weg zum Pop war für ihn ganz natürlich, sagt er. Sein Hip-Hop sei bereits melodie- und gesangsbasiert gewesen, wie es später Cro perfektionierte. Songs wie „Der Sonne entgegen“ sind schon einige Jahre alt, die Zeile vom „Sommer in Schweden“ hat er vor Revolverheld gedichtet. Mit der Band ist er befreundet, auch Clueso und Bourani schätzt er, ebenso Joris. „Das sind alles talentierte Musiker. Ich sehe auch niemanden als Konkurrenz.“ Der 27-Jährige vertraut auf sein Album, für das er „40,50 Songs“ in petto hatte. „Es steckt viel Perfektionismus drin.“ Etwas Zeitloses wollte er schaffen. „Die Songs sind sehr persönlich, sie spiegeln wider, was ich in drei Jahren erlebt habe. Ich habe gemerkt, dass die Menschen spüren, wenn man ehrlich ist.“ Zwar mache es ihm der Boom an deutschsprachigem Pop aus der Feder nachdenklicher junger Männer am Markt nicht leicht, doch gibt sich der Sänger optimistisch: „Ich mach’ mich da nicht so verrückt.“ Dass die deutsche Sprache im Pop nicht mehr als uncool gelte, freut Stärk, der als Kind selbst schon an Pur nichts verkehrt fand, jedenfalls. Und wie steht er nun zu Mark Forster? „Wir haben nur gemeinsam, das wir bei derselben Plattenfirma sind und aus der Pfalz kommen. Aber ich glaube, wir würden uns verstehen.“ Die CD Kenay: „Rot & Blau“; Columbia/Sony; erscheint am 25. März.

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