Kaiserslautern „Die Sehnsucht nach der Oper war immer da“

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Karl-Heinz Steffens, Chefdirigent der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, macht den nächsten Schritt auf der Karriereleiter: Ab der Saison 2016/17 übernimmt er zusätzlich zu seinem Chefposten bei der Staatsphilharmonie die Position des Generalmusikdirektors an der Oper ins Oslo. Dies wurde gestern in der norwegischen Hauptstadt bekannt gegeben.

Direkt am Wasser liegend, bietet die Oper in Oslo in ihrem großen Saal fast 1400 Besuchern Platz. Die Architektur ist beeindruckend, kantig, trutzig, aufragend das Gebäude. Das 520 Millionen Euro teure Ensemble ist das ambitionierteste norwegische Kulturprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg. Und ab 2016 auch neben der Philharmonie in Ludwigshafen der zweite Arbeitsplatz von Karl-Heinz Steffens. „Dieses Opernhaus ist einfach unglaublich. Von außen sieht es aus wie ein Eisberg, innen wirkt es fast wie ein Baum, sehr skandinavisch. Und vor allem: Es klingt fantastisch, das ist der Wahnsinn“, schwärmt Steffens. Er habe mit dem Orchester ein Konzert mit der siebten Sinfonie von Mahler dirigiert und gemerkt, dass es zwischen ihm und den Musikern passt: „Wenn dies nicht eine so angenehme Begegnung gewesen wäre, dann wäre es wohl auch bei dieser einen geblieben“, erzählt Steffens. Dass es zu Konflikten mit seinen Aufgaben in Ludwigshafen kommen könnte, befürchtet er nicht. „Wenn ich jetzt ein zweites Sinfonieorchester übernehmen würde, dann wäre das sicherlich viel problematischer. Aber dadurch, dass Oslo fast ein reines Opernhaus ist, das nur drei bis vier Sinfoniekonzerte pro Saison veranstaltet, lässt sich das sehr gut miteinander kombinieren. Das sind zwei ganz unterschiedliche Metiers.“ Wirklich überraschend kommt dieser Schritt nicht. Noch zuletzt hatte Karl-Heinz Steffens im Gespräch betont: „Die Oper hat mich doch wieder.“ Für Anfang 2016 stehen bereits Engagements in Berlin („Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss) und Zürich (Mozarts „Così fan tutte“) fest. Schließlich muss man auch Steffens Werdegang beachten: Er hat zwar als Musiker vor allem in großen Sinfonieorchestern wie dem des Bayerischen Rundfunks und bei den Berliner Philharmonikern gearbeitet. Seine Dirigentenkarriere aber begann an der Oper in Halle, eigentlich jedoch an der Staatsoper Unter den Linden, wo ihn sein Freund und Mentor Daniel Barenboim entdeckt hat. Und natürlich denkt man auch an das spektakulärste Projekt zurück, das Steffens in Ludwigshafen mit der Staatsphilharmonie verwirklicht hat: Wagners „Ring“, inszeniert von Hans-Günther Heyme. Steffens hat das gewaltige Werk auch in Halle dirigiert, hat zudem sowohl in Berlin als auch in Mailand immer wieder Premieren und Repertoirevorstellungen geleitet beziehungsweise ist für Daniel Barenboim eingesprungen. Zu glauben, dieser Musiker könnte von der Oper lassen, wäre blauäugig. Und so gibt er denn auch ganz offen zu: „Die Sehnsucht nach der Oper war immer da.“ Es wäre auch ein großer Verlust, wenn das Musiktheater auf ihn verzichten müsste. Sicher, auch Steffens musste beispielsweise mit einer „Verkauften Braut“ in Berlin schon Rückschläge einstecken, und sein Ludwigshafener „Ring“ wurde zum Teil mehr als skeptisch beäugt. Wobei aus mancher kritischer Stimme vor allem die Empörung darüber herauszuhören war, dass man sich ausgerechnet in Ludwigshafen an Wagners „heiliges“ Werk gewagt hatte. Steffens hatte dabei eine ganz klare Vorstellung, wie sein „Ring“ zu klingen hat, es war ein an vielen Stellen transparenter, jedenfalls nie übersteuerter oder gar verfetteter Wagner-Klang zu hören, der alle Rücksichten auf die Sänger nahm. Unter diesen gibt es zudem einige, die nach ihrer Entdeckung durch Steffens fast schon so etwas wie eine Weltkarriere gemacht haben, allen voran Andreas Schager, der Sänger des Siegfrieds. Seitdem hat sich Steffens in Ludwigshafen auf das sinfonische Repertoire mit seiner Staatsphilharmonie konzentriert. Und das Orchester hat in den vergangenen Jahren eine fantastische Entwicklung genommen, so dass es höchst spannend wäre, die Staatsphilharmonie heute, nach sechs Jahren Zusammenarbeit mit ihrem Chef, nochmals im Operngraben zu erleben. Es müsste ja gar nicht mal Wagner sein. Karl-Heinz Steffens sieht denn auch gerade in seinem künftigen Engagement in der norwegischen Hauptstadt eine Chance für eine Rückkehr seines Ludwigshafener Orchesters in den Graben. „So wie wir schon einmal mit der Oper in Halle zusammengearbeitet haben, so könnten wir ja vielleicht auch eine Kooperation zwischen Oslo und Ludwigshafen hinbekommen“, meint er. Um allerdings gleich ein wenig einzuschränken: „Wenn es im Ludwigshafener Pfalzbau nur besser klingen würde.“ In Ludwigshafen jedenfalls ist man stolz auf den Musik-Chef: „Ich freue mich, sowohl für Karl-Heinz Steffens, als auch für die Oper Oslo und natürlich auch für uns. Denn der Staatsphilharmonie wird das zusätzlich nationale und internationale Aufmerksamkeit bringen“, so Intendant Michael Kaufmann auf RHEINPFALZ-Nachfrage. Angst, dass durch die Doppelbelastung das Engagement von Steffens für sein Ludwigshafener Orchester leiden könnte, hat er nicht: „Karl-Heinz Steffens wird seinen Vertrag deutlich mehr als nur erfüllen.“ Dieser endet nach derzeitigem Stand mit der Saison 2017/18. Doch Intendant Kaufmann wird um den Maestro kämpfen: „Vielleicht schafft das Engagement in Oslo ja sogar die Basis, um über eine Vertragsverlängerung bei der Deutschen Staatsphilharmonie zu reden. Für uns ist es jedenfalls besser, Karl-Heinz Steffens übernimmt ein Opernhaus, als wenn er ein weiteres Sinfonieorchester übernehmen würde“, betont Kaufmann. Kommentar

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