Kaiserslautern Ein Lobgesang im Jubiläumsjahr

40 Jahre Konzerte der Kantorei der Versöhnungskirche sind in unserer schnelllebigen und vom kulturellen Wandel betroffenen Zeit eine lange Zeitspanne. Die Erfolgsgeschichte und Kontinuität dieser Chorarbeit auf dem Bännjerrück hat einen Namen: Uwe Farke initiierte und leitete den Chor von Anfang an und führte ihn auf der Erfolgsleiter mit steigenden Anforderungen nach oben.

Farke begann damals mit 25 Vokalisten, konnte diese Zahl in den 80er Jahren auf rund 60 steigern und hat selbst jetzt in der krisengeschüttelten klassischen Chorszene noch 50 Mitwirkende in seinen Reihen. Ergänzend rief Farke auch einen Kinder- und Jugendchor ins Leben, aus dem beispielsweise die am Sonntag mitwirkenden Geschwister Sibylle und Regine Neumüller (beide Sopran) hervorgingen und die eine erfolgreiche sängerische Karriere absolvierten. Zu nennen ist neben anderen auch Gisela Helb, die als Schulmusikerin jetzt selbst Impulse weitergibt. Der stilistische Schwerpunkt dieser für den Laienmusizierbereich beispielhaften Chorarbeit lag einerseits auf dem Barock-Zeitalter, führte hier zu glanzvollen Aufführungen von Händels Oratorium „Messias“, Bachs Weihnachtsoratorium und allen Bach-Passionen. Aus dieser Zeit sind ebenso die musikalischen Exequien von Schütz zu nennen. Aus der Klassik erarbeitete Farke – stets zusammen mit einem professionellen Orchester und überregional bekannten Gesangssolisten – Haydns Oratorien „Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“, von Mozart fast alle Messen und wagte sich in der deutschen Romantik bis zu den Oratorien „Elias“ und „Paulus“ von Mendelssohn-Bartholdy und dem Requiem von Brahms vor. Mendelssohn wird auch das Jubiläumskonzert am Sonntag in der mit 500 Plätzen bestuhlten Versöhnungskirche gewidmet werden, das um 17 Uhr stattfindet und bei dem die genannten Geschwister Neumüller und der Tenor Algirdas Drevinskas zusammen mit der Kantorei und einem Orchester aus Mitgliedern der Deutschen Radio Philharmonie und des Pfalztheaters dessen „Lobgesang“ aufführen. Dieser ist eine Sinfoniekantate für Soli, Chor und Orchester des Jahres 1840 und wurde nach Mendelssohns Tod auch als zweite Sinfonie veröffentlicht. Der Komposition liegt entstehungsgeschichtlich ebenfalls ein Jubiläum zugrunde: Anlässlich der 400-Jahr-Feier der Erfindung der Buchdruckerkunst durch Johannes Gutenberg erhielt Mendelssohn diesen Kompositionsauftrag und entschied sich für diese Mischung aus Sinfonie und Kantate, die am 25. Juni 1840 mit beachtlichem Erfolg uraufgeführt wurde. Nur zur Hälfte können solche Projekte mit Gesamtkosten von etwa 14.000 Euro durch die Konzerteinnahmen gedeckt werden, berichtet Farke und verweist bei der Frage nach der Restfinanzierung auf den Förderkreis und weitere Spender und Sponsoren. Auch trage die Landeskirche mit einem Zuschuss von 750 Euro zur Finanzierung ebenso bei wie auch Rücklagen durch Konzerteinnahmen von Soireen gegebenenfalls herangezogen werden. Schließlich verkauft auch Farkes Ehefrau Elfie selbst gefertigte Holzfiguren bei Basaren und spendet den Erlös. Trotz der Hochstimmung durch Probenarbeit und gesichertem Sponsoring war die Planung überschattet von einer Terminüberschneidung, da auch der Chor des Pfalztheaters das gleiche Werk am 3. Juli aufführt und bei Farke und dem Extrachor des Theaters gemeinsame Vokalisten mitwirken. Die Termindopplung des Konzertes in der Versöhnungskirche mit der gleichen Aufführung am 3. Juli durch das Pfalztheater rief das Chorforum auf den Plan: Der Zusammenschluss weltlicher und geistlicher Chöre wurde 2009 gegründet, um genau solche Dopplungen, Wiederholungen oder Terminüberschneidungen zu verhindern und strebt Kommunikation und Kooperation anstelle von Konfrontation und Konkurrenz an. Über den Chordirektor des Pfalztheaters war es vom Chorforum schon im Oktober von der Mendelssohn-Aufführung in der Versöhnungskirche informiert worden. Inzwischen hat das Chorforum in einer Sitzung die Problematik thematisiert und sich über Chorleiter Farke mit der RHEINPFALZ-Redaktion, dem Direktor des Kulturreferats Christoph Dammann und mit dem Theater-Intendanten auseinandergesetzt. Dahinter steckt die Befürchtung, dass sich solche Probleme wiederholen könnten, zumal im Extrachor des Pfalztheaters und der Kantorei der Versöhnungskirche einige gemeinsame Vokalisten mitwirken. Im RHEINPFALZ-Gespräch berichtet Farke sogar von ihm bekannten Austritt aus dem Extrachor des Theaters und einer insgesamt angespannten Atmosphäre unter den nach seiner Einschätzung rund 500 Vokalisten, die im Chorforum repräsentiert werden: Diese singen im Chor der St. Martinskirche, den Kantoreien der Stiftskirche und der Marienkirche sowie der Versöhnungskirche, dem Klassischen Chor der Universität, dem Musikverein Kaiserslautern, dem Rheinland-Pfalz-International-Choir und den beiden Kammerchören Westpfälzischer Kammerchor und Vocalensemble Kaiserslautern. Dahinter stehen aber auch Kinder- und Jugendchöre an drei Kirchen. Daher auch die Angst, dass das Pfalztheater sich verstärkt im Bereich der Musica Sacra engagieren könnte. Auf RHEINPFALZ-Anfrage zeigte sich Pfalztheater-Intendant Urs Häberli um Konfliktlösung bemüht und gab sich gesprächsbereit. Auch erinnerte er an Gemeinschaftsprojekte mit Kindergärten, Schulen, Gymnasien und Altenheime (Kammerkonzerte für Demenzkranke) und Aufführungen in Betrieben. „Wir wollen keinen Musentempel oder Elfenbeinturm“, versichert der Intendant, dem eine Annäherung am Herzen liegt. Daher bot er auch inzwischen dem Kantor der Versöhnungskirche eine Einladung zum Gespräch an. Da der Theaterchor seinerseits mit der Probenarbeit begonnen hätte, sei es ihm leider nicht möglich, das Vorhaben zu überdenken. Gleichwohl hofft der Intendant, dass sich eine große Zahl von Zuschauern die Chance nicht entgehen lassen will, beiden Konzerten beizuwohnen. Konzerte Die Kantorei der Versöhnungskirche feiert ihr 40-jähriges Jubiläum 2016 mit zwei Konzerten: mit dem „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy am Sonntag, 26. Juni, und mit einem „Bachkonzert“ am 13. November, jeweils um 17 Uhr, in der Versöhnungskirche auf dem Bännjerrück. Karten an der Tageskasse.

x