Kaiserslautern Einsparmodelle und Fusionsgespenster

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Es herrscht eine gewisse Geschäftigkeit in der maßgeblich staatlich finanzierten Kulturszene des Landes. Um nicht zu sagen: Unruhe. Einsparmodelle werden ebenso diskutiert wie Allianzen geschmiedet. Planungssicherheit ist schon eine große Sehnsucht. Eine Schieflage der kommunalen Finanzen beschreibt die Realität aber viel besser. Der Versuch einer Zustandsbeschreibung als Momentaufnahme.

Am 15. September dieses Jahres berichtete die RHEINPFALZ von einem Brandbrief an den rheinland-pfälzischen Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Konrad Wolf. Absender des Schreibens waren unter anderem die Kulturbürgermeisterinnen aus Ludwigshafen und Kaiserslautern. Die RHEINPFALZ wollte damals auch gerne eine Stellungnahme des Ministeriums veröffentlichen, wurde aber vertröstet, dass eine solche „kurzfristig“ nicht möglich sei. Man werde sich aber bei uns melden, „sobald das Schreiben beantwortet“ sei. Nun, gemeldet hat sich noch niemand in der Redaktion ... Was die Kommunalpolitikerinnen – Cornelia Reifenberg in Ludwigshafen und Susanne Wimmer-Leonhardt in Kaiserslautern – umtreibt, ist die Sorge um die Finanzierung der kulturellen Grundversorgung in ihren Städten. Zumal beide Kommunen unter besonderer Beobachtung der Trierer Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) stehen, die ihnen eine Deckelung des Etats für die sogenannten Freiwilligen Aufgaben aufgezwungen hat, zu denen auch die Ausgaben für die Kultur zählen. Die finanzielle Situation in beiden Städten ist, vorsichtig ausgedrückt, prekär. Das löst in Kaiserslautern nicht zuletzt Sorgen und Ängste im Pfalztheater aus, schließlich ist die Stadt Kaiserslautern einer von drei Geldgebern des Theaters. Dessen Träger ist zwar der Bezirksverband Pfalz, dieser erhält aber von Stadt und Land Zuschüsse zum Pfalztheater-Etat, der rund 22 Millionen Euro beträgt. Für das laufende und das kommende Jahr bekommt der Bezirksverband knapp fünf Millionen Euro von der Stadt zur Finanzierung des Theaters. Die weitere Zukunft steht eher auf unsicheren Füßen. Oder eben in den Sternen. Keine gemütliche Situation für den Bezirkstagsvorsitzenden Theo Wieder. Er strebt deshalb auch – wie bereits in einem Teil unserer Auflage berichtet – einen verbindlichen Dreijahres-Etat an, der von Bezirksverband, Land und Stadt gemeinsam festgelegt werden soll. Damit sollen sowohl die Ausgaben gedeckelt, aber eben auch steigende Personalausgaben aufgefangen werden können. Das würde aber im Falle der kommunalen Finanzen von Kaiserslautern voraussetzen, dass die ADD Wieders Argumentation folgt und die Ausgaben für das Pfalztheater als Pflichtaufgabe anerkennt. Aus – eingetrübter – Sicht der Stadt Kaiserslautern könnte man das Theater auch missverstehen als finanziellen Klotz am Bein. Neben dem Fußballstadion auf dem Betzenberg. Sollte das der Grund sein, warum laut RHEINPFALZ-Informationen Gedankenspiele in der Stadt kolportiert werden, man könne doch, um Personalkosten zu sparen, das Pfalztheater-Orchester mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen fusionieren? Das Theater gerät jedenfalls in der öffentlichen Wahrnehmung vermehrt unter Druck. Im Strudel der Kostendiskussion verlieren selbsternannte Ratgeber dann schon einmal die künstlerische Qualität aus dem Blick und raten zu Cindy aus Marzahn, um an spielfreien Tagen das Haus gewinnbringend zu vermieten, oder glauben, Ratschläge geben zu müssen, wie aus dem Pfalztheateretat Millionenbeträge herausgespart werden können. Dabei werden natürlich Äpfel mit Birnen verglichen, da die beiden Orchester in unterschiedlichen Trägerschaften sind. Solche Orchesterfusionen sind in Rheinland-Pfalz auch immer dann krachend gescheitert, wenn es sich um Landesorchester handelte. Der ehemalige Kultur- und Wissenschaftsminister E. Jürgen Zöllner hätte da sicherlich einiges zu erzählen. Dass es anders geht, wenn man nur rabiat und rücksichtslos genug ist, hat dagegen der Südwestrundfunk bewiesen, nicht nur mit seiner jüngsten Fusion der Orchester in Stuttgart und Baden-Baden/Freiburg, sondern auch mit dem Zusammenschluss seines Kaiserslauterer Klangkörpers mit dem des Saarländischen Rundfunks zur Deutschen Radio-Philharmonie. Dennoch scheint von dem bösen Wort Fusion noch immer eine perfide Faszination auszugehen. Informationen der RHEINPFALZ zufolge überlegt man in Mainz jedenfalls schon wieder, ob man nicht mit einer Zusammenlegung der drei Orchesterbetriebe in Ludwigshafen, Mainz und Koblenz Kosten sparen könnte. Da müssten bei Staatsphilharmonie-Intendant Michael Kaufmann eigentlich die Alarmglocken schrillen. Der kann zwar auf eine Erfolgsgeschichte mit dem Orchester verweisen, diese ist aber ganz wesentlich auch mit dem Namen des Chefdirigenten Karl-Heinz Steffens verbunden. Gemeinsam mit Kaufmann hat Steffens die Staatsphilharmonie in eine andere Liga geführt. Doch was passiert, wenn Steffens – seit dieser Spielzeit auch Chef der norwegischen Nationaloper in Oslo – in Ludwigshafen nicht mehr zu halten ist? Kaufmann sucht sich schon mal strategische Partner, scheut dabei auch vor dem Rhein als natürlicher Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nicht zurück. Seinen Anspruch, das Sinfonieorchester für die gesamte Metropolregion zu sein, untermauert er mit Annäherungsversuchen in Richtung des in Mannheim ansässigen Kurpfälzischen Kammerorchesters. Kein neuer Plan, das bestimmt nicht, aber einer, der jetzt wieder aus der Schublade gezerrt wurde. Und in Mannheim auf heftigen Widerstand stieß. Bildlich gesprochen: Kaufmann hat sich eine blutige Nase geholt. Und welche Rolle spielt das Mainzer Ministerium in diesem Spiel, dessen Einsatz ja womöglich wirklich die kulturelle Grundversorgung auch in den pfälzischen Kommunen ist? Müsste dort nicht moderiert werden, müssten nicht Initiativen angestoßen, Strategien entwickelt werden? Nun, wie gesagt, eine Antwort auf unsere Anfrage vom 14. September steht noch aus. Was ja immerhin auch eine Art Antwort ist.

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