Kaiserslautern „Es ischt wie es ischt!“

Mach’ mir den Schäuble: Reiner Kröhnert im Kammgarn-Club.
Mach’ mir den Schäuble: Reiner Kröhnert im Kammgarn-Club.

1,97 Meter geballte Parodisten-Power traf am Mittwochabend im Cotton Club auf die Großen der Weltgeschichte – und auf solche, die glauben, sie würden dazu gehören. Reiner Kröhnerts ultraschräges „Großes Parodistenkino in XXL“ ließ kein Auge trocken.

Mit hängenden Schultern, angefressenen Unterlippen und diesem drögen Gesichtsausdruck, der irgendwie durch gar nichts aus der Fassung zu bringen ist, betritt die Gestalt die Bühne. Natürlich – es ist Angela Merkel. „Mich unterschätzt man nur ungestraft“, raunzt sie. „Je mehr ich scheinbar in den Seilen hänge, desto erfolgreicher kommt mein Comeback.“ Den Seehofer habe sie weichgespült, Schwarz-Grün sei eingetütet, und Martin Schulz könne höchstens Muttis Vize werden. „Das ist die höchste Stufe seiner Karriere. Mehr ist nicht drin. Ich ergreife die Macht zum Wohle des Landes.“ Wenn der Kröhnert so richtig kröhnert, dann landen die Mundwinkel im Souterrain und die Stimmung in der allerhöchsten Etage. Mit sparsamen Gesten deutet er seine Figuren an und führt den Zuschauern sofort vor Augen, wer hier imitiert werden soll. Und das mit bissigem Spott auf die Häupter der Nation. Notorisch lässt er noch die Kanzlerin zetern – und husch-husch-die-Waldfee, schon schwenkt er hinüber zu Ronald Pofalla, der in Merkels Gedärme gekrochen ist und als Kopfgeburt oben wieder rauskam, und zu Ex-Bundespräsident Joachim Gauck. „Sie dürfen nicht glauben, dass ich für den Krieg bin, aber das Leben ist kein Wunschkonzert, und ich habe schon viele Wunschkonzerte erlebt“, lässt der Parodist den Politiker sagen. Sein Fett weg bekommt natürlich auch Martin Schulz, der mit Stolz verkündet, dass er das Wahlergebnis von der vorhergegangenen Bundestagswahl unterboten habe. „Mit Andrea Nahles als SPD-Fraktionsvorsitzender können wir sogar die 18,5 Prozent erreichen. Wir müssen nur zum wiederholten Male Rot-Rot-Grün absagen, dann werden wir endlich unter die fünf Prozent abtauchen.“ Fast ausschließlich kommt der Meister-Parodist ohne Requisiten aus. Eine Verkleidung braucht er eh nicht. Und er hat alle drauf. Nur bei Donald Trump benötigt er eine Schirmmütze mit den Stars and Stripes, und Wolfgang Schäuble benötigt einen Stuhl. „Fake news, fake news! Only right news come from me!“, verkündet der US-Präsident großkotzig. Und Schäuble meint: „Es ischt wie es ischt!“ Die Leute wüssten gar nicht, wie segensreich ein bisschen Chlor auf einem „Hühnle“ sei, ist sein Kommentar zum umstrittenen TTIP. „Und Trichinen! Da macht man einen Schuss Ketchup drauf un scho merkscht nix von ihnen.“ Das Lachen bleibt einem aber im Halse stecken, wenn der kreischende Hitler und Honecker mit Fistelstimme in der Hölle aufeinander treffen und von dort aus das heutige Weltgeschehen kommentieren. Einigkeit herrscht bei beiden über die Lichtgestalt aus der Uckermark, Angela Merkel, deren Raute eigentlich die Odal-Rune darstelle, auf die bereits die Hitler-Jugend Treue geschworen habe. Dafür wird es umso heiterer, wenn der genüsslich langsam sprechende Winfried Kretschmann mit dem schusseligen Stoiber über ihre außergewöhnlichen Hobbys erzählen: Stoiber sammele Hotelseifen und katalogisiere sie, und „Kretsche“ bewahre Devotionalien von Angela Merkel in seinem handgeschnitzten Schrank. Zwei Stunden lang schlüpft Kröhnert in die Haut der Prominenz. In einem Rundumschlag füllt er die verschiedensten Rollen aus und lässt die vermeintlich „Großen“ der jetzigen Zeit aus dem Nähkästchen plaudern. Ohne sich zu verkleiden, im schlichten, grauen Anzug, trifft er dabei haargenau Inhalt und Gehalt sowie Diktion seiner „Opfer“. Gerade in der Überzeichnung entlarvt er scharfzüngig Egoismus, Eitelkeit, Machthunger, Arroganz, aber auch Inkompetenz seiner „Opfer“. Dabei hält er sich nur an das, was ihm seine Protagonisten widerspiegeln. In diesen erlauchten Kreis gehören auch die Katzenberger oder Boris Becker, Dieter Bohlen und „Kaiser“ Franz Beckenbauer, die mit Michel Friedmann und Rüdiger Safranski literarisch-philosophischen Schabernack treiben. Und natürlich Gerhard Schröder in gewohnter Macho-Pose, wenn er, dessen Brustton imitierend, tönt: „SPD – ohne mich! Zu meiner Zeit haben wir die Versager noch nach Brüssel abgeschoben.“ Reiner Kröhnert aber sollte bald wieder kommen. Er ist einfach genial.

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