Kaiserslautern Für was die Zeitung doch so alles gut ist

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Bedrucktes Zeitungspapier ist der Stoff, aus dem Luzia M. Gossmann Teppiche, Taschen, Etuis, Sitzhocker oder Sammelboxen herstellt. Die Technik entspricht der Webkunst beziehungsweise einem Flechtsystem als Recycling-Design. Unter dem Titel „transFORMATe“ präsentiert die Ladengalerie Holzwerkstatt in der Folge „Szene 31/1“ ihrer Ausstellungsreihe eine Auswahl ihrer Werke und einmal mehr originelles Können.

Ausgediente Zeitungen, altes Webehandwerk und eine Künstlerin, die beides nutzt um „neue Identitäten“ zu fertigen. Denn was Luzia M. Gossmann daraus macht, unterscheidet sich deutlich vom Motto „aus alt mach’ neu“. Das beginnt schon beim Herstellen der Webstreifen. Pro Zeitungsseite schneidet Gossmann drei Stränge. War es die taz, sind es die Kürzeren, war es die FAZ, verbleiben die Längeren. Das Falten geschieht doppelt und zwar so, dass jeweils vierlagige und beidseitig bedruckte Webfäden von etwa zweieinhalb Zentimetern Breite entstehen. Durch akkurates Flechten, fixiert auf Pappschablonen, entstehen die charakteristischen Quadrate mit den medialen Miniaturabbildungen einstiger Morgenlektüre. Die spezielle Oberflächenbehandlung festigt und schützt das ursprünglich dünne Material und macht es pflegeleicht. Allerdings: Nach all dem fragt erst mal niemand, der Gossmanns Produktpalette entdeckt. Dazu wirken die überwiegend praktischen Dinge beeindruckend einzigartig und bezeugen ein Paradebeispiel angewandter Kunst. Für die Ausstellung in den möblierten Holzwerkstatträumen brachte die Mittfünfzigerin großflächige Teppiche und Läufer von unverwechselbarem Charme mit. Oder diese Laptoptaschen und Handyetuis, diese Hocker, Schlüsselmäppchen und Handtaschen, Schatullen und Buchhüllen. Trotz Druckerschwärze mit vereinzelten Farbresten zwischendrin wirkt derlei Musterung in der Oberflächentextur lebhaft hell und farbneutral. Im modischen Farb- und Stilkontext heißt das soviel wie: Das Sortiment der gebürtigen Offenbacherin passt auch zu Individualisten, ob als praktisches Accessoire oder nützliche Dekoration. Spätestens hier lohnt erneut die Machart zu erwähnen. Denn jene strotzt nur so von kreativen Details, die in geschmackvollen Versionen Verschlüsse besitzen, die im Webmuster enden oder sich auf Texturmodule beziehen, die Normgrößen für Alltagsdinge erfüllen. Die Berliner Bürgerin versteht es bestens, ihre Ideen mit Perfektion und einer gehörigen Portion Liebe zum Detail umzusetzen. Und erreicht dadurch eine staunenswerte Balance zwischen Kunst und Können, Kunstfertigkeit und Anwendung. Genau in diesen Schnittmengen, denen der haptische Aspekt unbedingt noch hinzuzufügen ist, erwächst die Sympathie für die „transFORMATe“. Eine Ausstellung, die imponiert und gleichzeitig gefällt. Sehr empfehlenswert. Ausstellung „transFORMATe“ ist noch bis Sonntag, 28. Mai, im Laden der Holzwerkstatt, Martinsplatz 6, zu sehen. Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 14 bis 18 und samstags von 10 bis 14 Uhr.

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