Kaiserslautern Farben, die man nicht benennen kann

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Ihren „Jüngsten“ stellt die Kaiserslauterer Galeristin Sigrid Wack ab heute in einer Einzelausstellung vor: Gemeint ist ihr jüngster Künstler, Dirk Rausch heißt er, ist Jahrgang 1975 und kommt aus dem Saarland. Mit ihm stellt sich gleichzeitig einer der wenigen profilierten jungen Künstler vor, die sich der Konkreten Kunst verschrieben haben.

Seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gibt es nun schon das geometrisch ausgerichtete Kunstkonzept. Und was Theo van Doesburg einst begrifflich einführte und 1930 in einem Manifest bei der Gründung der Gruppe Art concret programmatisch festgelegt wurde, hat bis heute nicht seine Anziehungskraft verloren – weder aufs Publikum, noch auf die Künstlerschaft. Allein ist in letzterer auch viel Epigonales in der jüngeren Vergangenheit entstanden. Originelle, originäre Positionen sind selten. Dirk Rausch ist so einer, der neben einem individuellen Zugang eine eigene Handschrift entwickelt hat. Und damit passt er gut in das strenge Konzept der Galeristin mit all ihren klangvollen, internationalen Namen im Programm – von Heinz Mack, Leo Erb, Ludwig Wilding und Peter Vogel über Edgar Gutbub, Norwin Leineweber, Werner Haypeter bis hin zu Aurelie Nemours, Lon Pennock, Carlos Cruz-Diez, Turi Siemti, Milos Cvach oder István Haasz, um nur einige „Hausnummern“ zu nennen. Mit letzterem, dem Ungarn Haasz, der bis vor kurzem in einer Einzelausstellung bei Wack zu sehen war (wir berichteten), teilte sich Rausch anno 2014 bereits eine Ausstellung in der Morlautererstraße. Er zeigte damals Zeichnung und Siebdruck. Nun geben sich die beiden quasi die Klinke in die Hand, und Rausch hat für seine Einzelpräsentation 42 Arbeiten der Genres Aquarell und Siebdruck zusammengetragen, alle stammen aus den vergangenen drei Jahren. Das Thema Überlagerungen bringt beide Werkgruppen zusammen, die Aquarelle, eine Technik, mit der bei Rausch alles anfing, und die Siebdrucke, die er entgegen ihrer seriellen Ausrichtung als Unikate begreift und fertigt. Doch der Reihe nach. Einer nebelverhangenen französischen Bergwelt lauschte der im pfälzischen Baumholder geborene Rausch während seiner Ausbildung einst Farbflächen ab. Und so mündeten frühe Bergansichten in Aquarell recht bald in Farbfelder, die sich überlagerten. So sei er eher zufällig bei der Konkreten Kunst gelandet, bekennt Rausch lächelnd, interessiert habe ihn vorrangig die Auseinandersetzung mit Farben und daneben, aus Einfachem etwas Komplexes entstehen zu lassen. An den Rändern nur sind Rauschs bis zu zehn Farbschichten klar definierbar, in ihrem Zentrum ergeben sie „Farben, die man nicht benennen kann“, so Rausch. So diffizil die Fertigung dieser Aquarelle ist, so schleierzart und luzide sind die einzelnen Schichten und erinnern in dieser Zartheit gar an fernöstliche Kunst. Neben pastelligen Tönen findet Rausch jedoch auch zur dezidierten Farbe, zu kräftigem Rot, Blau, Gelb. Im Zentrum zweier Arbeiten ergeben die Schichtungen gar ein schwarzes Quadrat – an ein Malewitsch-Zitat mag man da denken. Neben den Farben spielt Rausch jedoch auch mit den Formen im Zusammenhang mit dem Bildträger, dem Papier. Dabei kombiniert er er seine Balken und Flächen einmal mit dem ausgesprochenen Gespür für Ausgewogenheit und Proportionen, daneben aber auch mit Humor, wenn er sie an den Bildrand rückt und einen Großteil des Untergrundes einfach weiß lässt. Einen Horror vacui kennt Rausch nicht, weiß jedoch von entsprechenden Reaktionen der Betrachter. In Serien legt der Saarländer, der an der HBK Saar die Siebdruckwerkstatt leitet, seine Siebdruck-Unikate an. Dabei belichtet er quasi einen Pinselstrich mittels Sieb und platziert diese eine Form wie einen Stempel an unterschiedlichen Stellen mehrerer Bildträger. Dieses Spiel mit Flächen und Formen wiederholt Rausch mehrmals, bis seine meist aus vier bis sechs Elementen bestehenden Kompositionen komplett sind. Entsprechend finden sich gleiche Formen in immer neuen Zusammenhängen wieder, was neben erwähnten Farbüberlagerungen einen Reiz dieser Werkgruppe ausmacht. Die strenge Konkretion der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts bricht Rausch dabei – typisch für neuere Ansätze des Konzepts – mit ungleichmäßigen Farbrändern und in den Aquarellen zusätzlich mit minimal strukturiertem Farbauftrag auf, was das malerische Element der Exponate unterstreicht. Trotz der Einfachheit ihrer Grundelemente entstehen so hochverdichtete Arbeiten, die das Auge zur Sehreise einladen, spannende Entdeckungen inklusive. Ausstellung „Zwischen – Siebdruckunikate und Aquarelle von Dirk Rausch“ wird am heutigen Samstag, 18 Uhr, in der Galerie Wack, Morlautererstraße 81 (Nähe Fachhochschule) eröffnet. Petra Wilhelmy, Kunsthistorikerin aus Wadgassen, spricht zur Einführung. Die Schau geht dann noch bis 4. Juni und ist dienstags bis freitags 14 bis 19 Uhr, samstags 11 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung unter 0631/72773 oder galerie-wack@t-online.de zu sehen.

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