Interview Gewerkschafter Bernd Löffler zum Tag der Arbeit: „Geht nicht nur um Bezahlung“

Bernd Löffler ist 60 Jahre alt. Seit er im Berufsleben steht, weiß er genau, was er am 1. Mai macht.
Bernd Löffler ist 60 Jahre alt. Seit er im Berufsleben steht, weiß er genau, was er am 1. Mai macht.

Tag der Arbeit, Mai-Feiertag, Tag der Arbeiterbewegung: Der 1. Mai hat viele Namen, ist auf jeden Fall ein Feiertag in Deutschland und vielen anderen Ländern. Redakteur Andreas Sebald hat mit Bernd Löffler, dem Bevollmächtigten der IG Metall in Kaiserslautern, über Tarife, Transformation und freie Tage gesprochen.

Herr Löffler, was machen Sie am 1. Mai?
Ich besuche natürlich die Mai-Veranstaltung des DGB an der Kammgarn in Kaiserslautern.

Sie gehen also nicht wandern?
Nein. Seit meiner Ausbildung vor vielen, vielen Jahren habe ich den Tag immer genutzt, um traditionelle Mai-Veranstaltungen zu besuchen. Das ist als Gewerkschafter natürlich so geblieben.

In vier Jahren gehen Sie in Ruhestand. Dann könnten Sie ja auch was anderes machen …
Ich glaube nicht, dass sich daran was ändern wird bei mir. Der 1. Mai ist unser Tag und der soll auch gefeiert werden.

Welchen Stellenwert hat der 1. Mai in der Gesellschaft noch?
Ich glaube, dass der Stellenwert früher einmal höher war. Aber man muss da trennen zwischen Funktionären und anderen Menschen. Sicher bietet der Tag Gelegenheit für Freizeitaktivitäten, Sie haben das Wandern angesprochen. Aber er mobilisiert auch viele Menschen. Vor einigen Wochen gab es viele Veranstaltungen, bei denen sich Menschen für die Demokratie stark gemacht haben. Da waren auch viele Kolleginnen und Kollegen von uns dabei. Ich denke, dass das beim Maifeiertag auch noch mal so sein wird. Schließlich gedenken wir mit dem Tag auch der Erstürmung der Gewerkschaftshäuser durch die Nazis am 2. Mai 1933, an dem wir auch eine Mahnwache abhalten werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft am 1. Mai zu Kundgebungen auf. In Kaiserslautern ist die Veranstaltung an der Kammgarn
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft am 1. Mai zu Kundgebungen auf. In Kaiserslautern ist die Veranstaltung an der Kammgarn.

Bei der Veranstaltung an der Kammgarn stehen auch noch andere Themen auf der Agenda.
Der DGB hat die Begriffe Lohn, Freizeit und Sicherheit in den Fokus gerückt. Das sind eigentlich Themen, die bei uns in der täglichen Arbeit auch gespiegelt werden. Vergangene Woche ist beispielsweise eine Befragung unserer Mitglieder in den Betrieben angelaufen, die läuft noch bis Ende Mai. Wir haben die Frage gestellt „Wie siehst Du die Situation in Deinem Betrieb?“ Einige Betriebe drohen ja immer mal wieder an, Standorte zu schließen. Als Begründung werden dann unter anderem steigende Energiekosten oder eine überhand nehmende Bürokratie angeführt.

Es geht aber auch um die Bezahlung.
Wir wollen bei der Befragung auch ausloten, was wir denn bei den im Herbst anstehenden Tarifverhandlungen für Forderungen stellen können. Der Vertrag läuft bis Ende September, danach ist vier Wochen Friedenspflicht. Aber im November könnten wir eventuell in eine heiße Phase starten. Dazu wollen wir nun eine Debatte führen. Einigen unserer Betriebe geht es sehr gut, anderen nicht. Deshalb sind jetzt erst mal die Kolleginnen und Kollegen gefragt. Und es geht nicht nur um die Bezahlung.

Nein?
Das Thema Arbeitszeit spielt auch eine Rolle. Im aktuellen Tarifvertrag beispielsweise gibt es die Möglichkeit, dass drei Gruppen von Arbeitnehmern, Menschen, die Angehörige pflegen, Kinder erziehen oder Wechselschichten arbeiten, statt einer Sonderzahlung – 27,5 Prozent eines Gehalts – acht zusätzliche freie Tage nehmen können. Auf uns kommen nun viele Mitglieder zu und sagen, dass das doch für alle gelten sollte. Das merken wir ganz deutlich.

Lohn und Freizeit haben wir damit thematisiert, bleibt noch das Stichwort Sicherheit.
Ein großes Thema, zweifellos. Generell geht es da um Tarifbindung, was den Arbeitnehmern in den Betrieben mehr Sicherheit gibt, wenn der Rahmen klar gesteckt ist. Das gilt beispielsweise auch für den Transformationsprozess, insbesondere in der Automobilbranche, um da mal ein Beispiel zu nennen. Die Belegschaft will mitreden, wenn es darum geht, was ein Unternehmen denn künftig produzieren soll, wenn Teile für Verbrenner einfach nicht mehr gebraucht werden, weil verstärkt auf E-Mobilität gesetzt wird. Nicht zu vergessen das Thema Betriebsräte. Es gibt immer noch Firmen, in denen es keine Betriebsräte gibt. Weil wir vorhin von Umfragen gesprochen haben: Wir haben bereits bei den Betriebsräten nachgefragt, wie sie die kurzfristige Perspektive ihrer Unternehmen sehen.

Was ist dabei herausgekommen?
Wir haben als IG Metall bundesweit Betriebsräte befragt, unter anderem auch 13 in unserer Region. 15 Prozent bewerten die Aussichten für die kommenden sechs Monate als sehr gut, 46 Prozent gut. Dem stehen 24 Prozent gegenüber, die aus ihrer Sicht schlechte Aussichten haben. 15 Prozent sagen sogar sehr schlecht.

Deckt sich das mit Ihrer Einschätzung?
Ja, wir kriegen ja sehr viel mit. Zwei Beispiele. Bei Opel scheint die viele Jahre dauernde Leidenszeit vorbei, in der ja – auf freiwilliger Basis – die Anzahl der Mitarbeiter gesenkt wurde. Das Tal der Tränen scheint durchschritten, es geht aufwärts, die Auftragslage bei Opel ist gut. Bei Adient, auf der anderen Seite, wird derzeit wohl die Reißleine gezogen, an beiden Standorten sollen Arbeitskräfte abgebaut werden. Dort gab es Jahre lang Kurzarbeit, es scheint, dass jetzt Veränderungen kommen. Da wollen wir aber das Gespräch aufnehmen und an Lösungen mitarbeiten.

Können Sie auch was zur Fabrik für die Batteriezellfertigung sagen, die von dem Konzern ACC auf dem ehemaligen Opel-Gelände im Westen der Stadt entstehen soll?
Das Werk wird gebaut, das steht fest. Ein Betriebsrat wurde auch bereits gegründet, ein von uns mitausgehandelter Tarifvertrag steht kurz vor dem Abschluss. Viel mehr kann ich dazu im Moment noch nicht sagen.

Info

Die Mai-Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) an der Kammgarn in Kaiserslautern beginnt am Mittwoch, 1. Mai, um 10.30 Uhr mit einem ökumenischen Gottesdienst. Danach spricht Kaiserslauterns Oberbürgermeisterin Beate Kimmel (SPD) ein Grußwort. Die Mai-Rede hält Michael Blug, der Landesbezirksleiter Rheinland-Pfalz/Saarland der Gewerkschaft Verdi. Mehr Informationen gibt es online unter der Adresse www.pfalz.dgb.de

Zur Sache

Die IG Metall in Kaiserslautern hat nach eigenen Angaben 7600 Mitglieder, rund 4700 davon sind in den Betrieben der Region beschäftigt, überwiegend in der Stadt und im Landkreis Kaiserslautern, aber auch in den beiden Nachbarkreisen Kusel und Donnersbergkreis. Die Gewerkschaft betreut insgesamt 56 Betriebe, in denen 9500 Menschen arbeiten. Der Geschäftsführer, bei der IG Metall heißt das Amt Erster Bevollmächtigter, heißt Bernd Löffler, der seit acht Jahren im Amt ist. Anfang April wählte ihn die Delegiertenversammlung in der Kammgarn in Kaiserslautern für weitere vier Jahre, danach will der 60-Jährige aber aufhören. Ebenfalls im Amt bestätigt wurde der Zweite Bevollmächtigte, Alexander Ulrich.

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