Kaiserslautern Gibt es einen Auftrag zur Flüchtlingshilfe?

Seit den sexistischen Übergriffen an Silvester auf der Kölner Domplatte wird noch schriller darüber gestritten, wie mit dem Zustrom der Flüchtlinge umzugehen sei. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer verlangt gesetzliche Obergrenzen der Zuwanderung, die SPD versucht sich vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gegen die rechtspopulistische AfD zu positionieren. Die Angst der Deutschen vor Wohlstands- und Wohlfühl-Verlusten wächst von Tag zu Tag. Gleichzeitig reagieren die deutschen Stadt- und Staatstheater mit unzähligen Theaterabenden, Aktionen und Projekten. Sie recherchieren in Asylunterkünften, entwerfen Migrations-Projekte und werden nicht selten zu Auffanglagern. Ein Flaggschiff der Schauspielkunst, das Deutsche Theater Berlin, richtete auf einer Probebühne eine Notunterkunft für Asylsuchende ein. Selbst ganz kleine Bühnen wie das Theater der Stadt Aalen betreuen Sprachklassen für Flüchtlingskinder. Die Theater haben den Migrationsturbo eingeschaltet und wollen sich als als Zentralstelle der sozialen Willensbildung im Bewusstsein der Stadtgesellschaft verankern. Das Publikum dankt es ihnen und füllt die Theatersäle. Es stellt sich aber auch die Frage, ob Theatermacher tatsächlich den Auftrag zur Flüchtlingshilfe haben. Am Wochenende fand in der Berliner Akademie der Künste ein hochkarätig besetztes Symposium zum Thema „Was soll Theater“ statt. Neben politisch Verantwortlichen debattierten Intendanten, Schauspieler, Theatermacher und Journalisten. Die Antwort auf die Frage, ob das Theater angesichts einer Herausforderung wie der Flüchtlingskrise einen politischen und sozialen Auftrag habe, war überraschend einhellig: „Natürlich“. In Dresden stelle sich diese Frage angesichts der dumpfen Pegida-Stimmung nicht, meinte Staatsschauspiel-Intendant Wilfried Schulz. Natürlich treibe ihn die Sorge um, ob sein Spielplan von diesem Thema inzwischen nicht zu sehr dominiert werde. Er müsse aber reagieren und parallel zu den Pegida-Demonstrationen ein großes Flüchtlingscafé anbieten. Einen Auftrag brauche er alleine deshalb nicht, weil es ein großes Anliegen seiner Mitarbeiter sei, sich in dieser Frage klar zu positionieren. Die Präsidentin der Bundeskulturstiftung, Hortensia Völckers, ging einen Schritt weiter und meinte, das Theater habe einen Bildungsauftrag wie nie zuvor. „Wir müssen diesen Moment von Unstabilität und Ausnahme nutzen. Gerade weil die Not groß ist, geht plötzlich ganz viel“. Sie meinte wohl auch, dass die Theater in so einer Situation von der Politik finanziell besser ausgestattet werden müssten. An ihrer Seite saß Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz. Ob das Theater einen klar definierten Auftrag habe, so Kurz, könne er nicht sagen, einen Auftraggeber aber schon: die jeweilige Stadtgesellschaft. Das Theater sei im Moment geradezu verpflichtet, seine Kräfte in Richtung der Flüchtlingsfrage zu bündeln. Auf dem Podium saß auch Mannheims Schauspiel-Intendant Burkhard C. Kosminski. Er betonte, sobald ein Theater Flüchtlinge auf die Bühne hole, übernehme es große Verantwortung. Für das Nationaltheater habe das zur Folge, dass man sich abseits der sozialen Einbindung von Flüchtlingen auch um Sprachunterricht und Arbeitsstellen für sie kümmere.

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