Kaiserslautern Im Heavy-Metal-Himmel

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Als vor einem halben Jahr die drei Deutschland-Konzerte von Iron Maiden angekündigt wurden, fiel den aufmerksamen Fans sofort die große Zeitspanne von jeweils vier Tagen zwischen den einzelnen Auftritten ins Auge. Warum, die Pause? Erklärung: Die Puffer wurden für die Terminierung von Zusatzkonzerten eingebaut. Nach den beiden umjubelten Auftritten in Oberhausen standen die Mitbegründer der New Wave of British Heavy Metal am Wochenenden zwei Tage hintereinander vor insgesamt 25.000 Besuchern in der Frankfurter Festhalle auf der Bühne.

Dass die sechs Maiden-Männer noch längst nicht zum alten Eisen gehören, stellt vor allem Frontmann Bruce Dickinson eindrucksvoll und druckvoll unter Beweis. Wie ein Derwisch rennt der 58-Jährige auf allen Etagen des pyramidalen Bühnenaufbaus von einem Ende zum anderen, springt grätschend von den Podesten, beschwört über einem dampfenden Kessel die Geister der Vergangenheit und liefert sich einen abstrusen Showkampf mit dem knöchernen Bühnenmaskottchen „Eddie“. Und selbst wenn Berufspilot Dickinson vor einigen Jahren wegen seines zweiten beruflichen Standbeins eine Kurzhaarfrisur verpasst bekam und am liebsten in Cargo-Hose und Kapuzenpulli vor sein Publikum tritt, verkörpert das Multitalent immer noch Heavy Metal in Reinkultur und sorgt auch ohne Flugzeug für musikalische Höhenflüge. Ohnehin hat die Formation um Bandgründer und Bassist Steve Harris auch nach über drei Jahrzehnten im schnelllebigen Musikgeschäft kaum Staub angesetzt und präsentiert sich energiegeladen wie zu den besten Zeiten. Die perfekt inszenierte Bühnenshow bietet einige pyrotechnische Schmankerl und vor den „Eddie“-Bildern aus den einzelnen Bandepochen lassen die drei Leadgitarristen Dave Murray, Adrian Smith und Janick Gers ihre elektrischen Klampfen heulen. Vor allem Murray und Smith bestechen in ihrem mittlerweile siebten Lebensjahrzehnt noch durch extreme Fingerfertigkeit und werfen sich gemeinsam mit Harris wie in ihren erfolgreichsten Jahren in den späten 1980ern in die altbekannten Rocker-Posen. Musikalisch setzt das schwermetallische Sextett allerdings auf die Gegenwart, denn sechs der insgesamt 15 Songs des knapp zweistündigen Parforceritts stammen aus dem aktuellen Doppelalbum „Book of Souls“. und vor allem das epische „The Red and the Black“ kann dabei mühelos an die hymnisch-verspielten Klassiker aus den Hochzeit der Bandgeschichte anknüpfen. Einige ihrer erfolgreichsten Lieder wie „Run to the hills“ oder „Aces High“ bleiben bei der aktuellen Tour zwar im Plattenschrank, doch bei den weniger gespielten Perlen wie „Children of the Dammed“ oder „Powerslave“ kommen auch die Nostalgiker auf ihre Kosten. Und spätestens bei „Fear of the Dark“ verwandelt die mitsingende Menge die historische Mehrzweckhalle in ein Tollhaus. Leider sorgt die teilweise schlechte Akustik des Kuppelbaus für etliche Misstöne und der Kult-Song „Iron Maiden“ ist ebenso hoffnungslos übersteuert wie das bekannte Intro vom Rausschmeißer „Wasted Years“, bei dem sich das virtuose Gitarren-Ping-Pong zwischen Smith und Murray unter der Decke verhallt. Am Ende bleibt auch die Frage, ob drei Gitarristen in einer Hardrock-Band tatsächlich für einen echten Mehrwert sorgen? Auf der Bühne sicherlich nicht, aber vielleicht erfüllt Gers ja innerhalb des Band-Gefüges wichtige strategische Aufgaben. Oder wie ein bekannter deutscher Musiksatiriker einst gesagt haben soll: „Einer muss ja bei den Bandproben das Bier holen“. Info Heute spielen Iron Maiden in Hamburg. Weitere Tourdaten auf http:://ironmaiden.com

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